Mannheim, 24. November 2015. (red) Für heute zeichnet sich eine Mehrheit im Gemeinderat gegen die Verlegung der Straße Am Aubuckel an die Riedbahn ab. Vor einem Jahr gab es vermutlich noch eine knappe Mehrheit dafür – 13 SPD-Gemeinderäte und 11 CDU-Gemeinderäte plus die Stimme des Oberbürgermeisters Dr. Peter Kurz wären eine Mehrheit von 25 Stimmen gewesen. Aktuell würden nur noch 5-6 CDU-Gemeinderäte dafür stimmen. Die Folgen dieser Abstimmung sind dramatisch – denn der Grünzug Nordost ist ebenso gefährdet wie ein Ankauf des Geländes durch die Stadt.
Kommentar: Hardy Prothmann
Wenn die Mehrheit des Gemeinderats heute gegen die Verlegung der wichtigen Verkehrsachse Am Aubuckel an die Riedbahn (Riedbahnparallele) stimmt, hat das möglicherweise dramatische Folgen. Was wird passieren?
Es geht nicht um die BUGA, es geht um Zuschüsse
Die Stadtverwaltung will die Straße verlegen, um einen durchgehenden Grünzug Nordost zu schaffen. Um diese Entwicklung voranzutreiben ist für 2013 eine Bundesgartenschau auf Spinelli und Teilen der Feudenheimer Aug geplant. Dabei geht es nicht um die Durchführung einer BUGA mit allen Mitteln, wie Gegner und eine örtliche Tageszeitung immer wieder behaupten. Es geht natürlich um ein großes Event für die Stadt, aber es geht vor allem um mindestens 40 Millionen Euro Zuschüsse, die politisch bereits vom Land zugesagt worden sind, um hier Stadtentwicklung zu fördern. Dabei könnte es noch zusätzliche Mittel geben, wenn die Straße Am Aubuckel verlegt würde.
Findet die Verlegung nicht statt, fallen diese Fördermittel für die Straße weg und möglicherweise wird es deutlich weniger Fördermittel für eine “kleine” BUGA geben. Hinzu kommt ein steigendes Risiko für die BUGA, da die “Hauptattraktion”, der Geländesprung von Spinelli in die Feudenheimer Au nicht mit einbezogen werden kann.
Verantwortliche Haltung des Oberbürgermeisters
Trotzdem hält Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz an der Planung fest und versucht diese so voranzutreiben, dass spätere Generationen die Straßenverlegung vornehmen können, um einen durchgehenden Grünzug zu erreichen.
Ausgerechnet die Fraktion der Grünen ist gegen die Straßenverlegung – und damit auch gegen einen durchgehenden Grünzug. Warum? Weil Grüne offenbar grundsätzlich etwas gegen Straßen haben. Möglicherweise würden sie dem Wegfall der Straße zustimmen, wenn keine Trasse entlang der Riedbahn entstünde. Doch das ist eine ganz und gar utopische Vorstellung, weil dann an mehreren Punkten innerstädtisch der Verkehr zusammenbrechen würde. Auch das gehört zum Kalkül der Grünen – sollen die Leute halt Fahrrad fahren.
Ideologische Spielchen
Wer das für “ideologisch” hält, hat recht. Die CDU steht heute auf dem Standpunkt, dass die Fraktion die BUGA als erstes wollte, wenn sie aber gewusst hätte, dass dafür die Straße weg muss, so der Fraktionsvorsitzende Carsten Südmersen, der im Süden für den Landtag kandidiert, dann hätte man die BUGA nicht gewollt. Man habe leider zu wenig Informationen vor dem Bürgerentscheid gehabt. Dass der Oberbürgermeister strikt gegen den Bürgerentscheid am Tag der Bundestagswahl 2013 war, weil er eben zu wenig Informationen anmahnte – das hat Herr Südmersen vergessen. Und dass die CDU nur dann die BUGA-Planung weiter mitbetreiben wollte, wenn der Bürgerentscheid so früh kommt, offenbar auch. Und heute gibt es sich entrüstet – das nennt man schlechtes politisches Theater mit schielendem Blick auf die Landtagswahl. Auch der grüne Abgeordnete Wolfgang Raufelder hat die BUGA-Gegner als Wähler im Blick, um sein Mandat zu verteidigen.
Den Widerstand gegen die BUGA betrieb der CDU-Kreisverbandsvorsitzende und Stadtrat Nikolas Löbel weiter mit einer Umfrage zur Straßenverlegung unter CDU-Mitgliedern, die zum Ergebnis hatte, alles so bleiben, wie es ist. Der Oberbürgermeister nannte das eine “Chaotisierung des Prozesses”.
Nicht die BUGA steht vor dem Aus, sondern der Grünzug Nordost
Die örtliche Tageszeitung meint in der heutigen Berichterstattung, dass die BUGA möglicherweise vor dem Aus steht, wenn die Straße nicht verlegt wird. Nicht zum ersten Mal “informiert” die Zeitung ihre Leserschaft nicht redlich oder einfach nicht kompetent. Die BUGA ist nicht das Ziel, sondern ein Mittel, um die Konversion zu einem Grünzug Nordost voranzubringen. Auch über die Folgen informiert die Zeitung nicht oder unzureichend.
Wenn die BUGA nicht kommt, was folgt dann? Auch hier hat der Oberbürgermeister das Szenario bereits beschrieben. Dann muss der Gemeinderat Mittel zur Konversion freigeben. Wie viel Geld wird das sein? Zehn Millionen Euro? 15 Millionen Euro? Und was kann man damit gestalten? Reichlich wenig. Auf jeden Fall keinen anspruchsvollen Grünzug Nordost. Und da überall Geld gefordert wird, ist es ohne den Druck eines konkreten Projekts fraglich, wann überhaupt Gelder dafür frei werden.
Was folgt? Riesige Flüchtlingsunterkunft und Gewerbe?
Besitzer der Konversionsfläche ist überwiegend der Bund, Teile gehören der Stadt und kleine Flächen privaten Besitzern. Um Spinelli zu entwickeln, wird es viel Zeit brauchen, um die Verhältnisse zu ordnen. Es wird noch mehr Zeit brauchen, um Investoren für die Randbebauung zu gewinnen. Die Entwicklung des Geländes bis 2023 ist vollständig utopisch. Es wird, wenn überhaupt, viele Jahre länger dauern.
Aktuell sind auf Spinelli Flüchtlinge untergebracht. Wenn der Bund feststellt, dass die Stadt nicht gewillt ist, das Gelände zügig zu entwickeln, steht er auch nicht unter Druck, es an die Stadt zu verkaufen, sondern wird möglicherweise den Standort zu einer noch größeren Erstaufnahmeeinrichtung ausbauen. 5-10.000 Flüchtlinge lassen sich dort locker unterbringen. Jeder, der die aktuellen Entwicklungen verfolgt, weiß, wie dringend solche Standorte gebraucht werden.
Und dann? Ohne konkrete Stadtentwicklungsperspektive ist der Bund nicht verpflichtet, der Stadt das Gelände zum Kauf anzubieten. Dann können es auch private Investoren übernehmen – die topfebene Fläche eignet sich dann hervorragend zur Ansiedlung von Gewerbe und Industrie und durch die Anbindung an die Tangente Am Aubuckel sehr gut für Logistik. Es könnte auch sein, dass einfach nur eine Brache bleibt.
Wer gegen die Straßenverlegung stimmt, schadet der Gemeinde
Wenn also die heutige Entscheidung, die Straße nicht zu verlegen, einen Prozess in Gang bringt, der die BUGA und damit die Entwicklung des Grünzugs gefährdet, folgt zunächst eine auf mindestens zehn Jahre, vielleicht auch 20 Jahre (so lange pachtet der Rhein-Neckar-Kreis bespielsweise Gelände, bevor er dort baut, damit sich die Investition “lohnt”) groß angelegte Flüchtlingsunterbringung und im Anschluss eine Entwicklung als Gewerbegebiet statt einer Naherholungszone.
Die Gefährdung bist Verhinderung des Grünzugs Nordost wird heute durch die entschieden, die gegen eine Straßenverlegung sind. Die Mannheimer Bürger und die nächsten Generationen dürfen sich dann bei CDU und Grünen bedanken, dass ein ganz besonders wunderbares, wohltuendes Projekt verhindert worden ist.
Und ebenso bei lokalen Medien, die seit langer Zeit nicht mehr informieren, sondern eine Kampagne fahren, die nur vordergründig gegen die BUGA ist und viel mehr der Selbstbestätigung dient, dass man Politik macht, statt darüber zu berichten. Ziel der Kampagne ist nicht eine ordentliche Information der Öffentlichkeit, sondern eine Machtdemonstration gegenüber dem Oberbürgermeister. Und auch da sind CDU und Grüne gerne mit dabei.
Der einzige Ausweg aus dem Chaos wäre eine Vertagung der Entscheidungsfrage. Mal schauen, was passiert.