
Die Turley-Barracks werden von einer militärischen in eine zivile Nutzung überführt – rund 300 Gäste besuchten am Sonntag das weitläufige Gelände mit den historischen Bauten.
Mannheim, 23. Oktober 2012 (red/tt). Die Turley Barracks in der Neckarstadt waren an diesem goldenen Oktobersonntag für Schaulustige zugänglich. Ein Turley-Bündnis aus Neckarstädter Bürgern hatte zu einem Herbstfest eingeladen und informierte zusammen mit den kommunalen Parteivertretungen und der Geschäftsstelle Konversion über den Fortgang des Umwandlungsprozesses, Vergangenes und Zukünftiges. In Führungen ging es für Gruppen von etwa fünfzig Personen über das Gelände.
Von Timo Tamm
Die Sonne hat sich durch den Hochnebel gekämpft und die Bürger, die das Gelände der Turley Barracks betreten, stehen geblendet vor der großen Rasenfläche zwischen den historischen Kasernengebäuden. Entlang der Einfallsstrasse stehen die Parteien und informieren über ihre Konversionsideen, dazwischen spielen Kinder mit roten Ballons. Die Bürger jeder Altersstufe betrachten Luftbildaufnahmen des Geländes, ein Rentner zeigt auf die große Betonfläche im Norden des Geländes. Früher wäre für die über den Tag gekommenen 300 Zivilisten an der Eingangsschranke Schluss gewesen und die Zivilisten hätten allenfalls von draußen einen Blick auf das Militärgelände erhaschen können. Heute aber gibt es Musik und Verpflegung vor der Kapelle und nur Papptafeln erinnern an die militärische Vergangenheit.
Geheimnisvolles Ensemble

Club 181.
Die Turley-Baracken bilden ein dunkles geheimnisvolles Ensemble, in das die Bürger nun Einblick gewinnen wollen. Dies ist in einer der drei Führungen über das Gelände und in die Gebäude hinein möglich. Zu Anfang stellt sich die Gruppe mit einigen Kindern vor dem ersten Gebäude der Kaiser-Wilhelm-Kaserne, die zwischen 1899 und 1901 errichtet wurden. Einer der Jungs bekommt einen militärische Kappe von der Rundgangsführerin aufgesetzt und hat von nun die Aufgabe mit der Trillerpfeife die Gruppe zusammenzuhalten und zum Weitergehen zu animieren. Das macht er ernsthaft und hat viel Spaß dabei. Die Gruppenführerin erläutert bei den einzelnen Gebäuden die historischen Phasen der Nutzung des Geländes.
Nun geht in das nächste Gebäude, drinnen ist es eher duster. Die Oktobersonne schafft es kaum, die dunklen Räume aufzuhellen. An der Decke hängen stillstehende Ventilatoren. Die Besucher drängen sich in die Räume und wundern sich über Ornamente und Zeichnungen an den Wänden. Nach jahrelangem Leerstand funktioniert nur noch ein Teil der Infrastruktur. Alles ist sanierungsbedürftig. Die Führerin erzählt ein paar Anekdoten über die Begegnungen zwischen den US-Soldaten und der Mannheimer Bevölkerung und beantwortet Fragen aus der Besuchergruppe. Zum Beispiel, wem das Gelände jetzt gehört: Die US-Armee hat das Gelände und die Gebäude der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) übergeben und die Stadt Mannheim hat es Anfang Oktober gekauft.
Was war und was ist
Es geht weiter in den Teil des Geländes mit den neueren Gebäuden. Die Besucher passieren einen einsamen Hydranten, marschieren vorsichtig zwischen zugewachsenen Platten übers Gelände. Auch die Eingänge und Flächen zwischen den offen stehenden einstöckigen Barracken sind zugewuchert. Diese Baracken wird es nicht mehr so lange geben, sie sind zum Abriss vorgesehen. Nun geht es wieder zurück zu den wuchtigen Kasernen, zu denen auch das Gebäude mit dem Casino und der ehemalige „181 Club“ gehört. Von 1945 bis 2007 waren die US-Transporteinheiten, darunter das 181. Transportbatallion hier stationiert. Eine junge Frau wird in ihrem Rollstuhl vorbeigeschoben, während sich die Gruppe an einem gelb leuchtenden Ahornbaum in den Gebäude drängt. Drinnen wird ausgiebig der farbenprächtige Teppich mit den Spielkarten bewundert. Hier sollen auch in Zukunft Veranstaltungen stattfinden. Früher schallte hier Jazzmusik und die Pokerkarten wurden auf die Tische geschleudert. Die Gruppe zieht weiter in die Kapelle, die einen Andachtsraum für alle Religionen bildete. Kurz danach endet die Führung, und die Leute informieren sich weiter an den Ständen der Initiativen und Parteien.
Was ist und was sein könnte
Bürgermeister Lothar Quast hatte das Fest am Mittag eröffnet, zahlreiche Stadträte waren gekommen. Der Veranstalter, das Turley-Bündnis ist zufrieden mit der Resonanz. Das stadtnahe Gelände unweit des Universitätsklinikum bietet Potential für Unternehmen und Investoren. Die MieterInneninitiative Karlsruhe Wohnungsgenossenschaft eG – MiKa aus Karlsruhe wird öfter als Nutzungsbeispiel angeführt, wenn von innovativer Wohnnutzung von ehemaligen Kasernen die Rede ist. In Karlsruhe hat der Konversionsprozess schon früher in den 90ern begonnen, so dass sich hier ein Blick in eine mögliche Zukunft bietet.
Die Erschliessungskosten der Turley Barracks und des Geländes werden sich zusammen mit den Abrisskosten für die nicht denkmalgeschützten Gebäude und den Erwerbskosten durch die eigens gegründete MWS Projektentwicklungsgesellschaft mbH (MWSP) wohl auf 22 Millionen aufsummieren. Die bisherige militärische Nutzung liegt wie ein Schatten auf der zukünftigen zivile Nutzung. Wie viele Altlasten noch im Boden ruhen und was das kosten könnte? Die BImA und die MWSP teilen sich die Kosten für die Altlastensanierung im Verhältnis 9 zu 1.
Gegen 17 Uhr endet das Bühnenprogramm, es sind nur noch einige Leute vor Ort. Drei Musikanten laufen in der Abendsonne auf das leere Basketballfeld, während die Parteien ihre Stände abbauen. Danach senkt sich mit Sonnenuntergangwieder Stille über das Gelände, die Turley Barracks sehen einer etwas unbestimmten, aber zivilen Zukunft entgegen.

Die historische Exerzierhalle.
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