Weinheim, 23. März 2015. (red/pm) Es war ein bewegender Abend, als jetzt vor rund 100 Besuchern die Ausstellung über die Gedenkstätte Grafeneck in der Weinheimer Stadtbibliothek eröffnet worden ist. Bewegend vor allem deshalb, weil er von persönlicher Betroffenheit geprägt war. Geschichte und deren dunkelsten Kapitel sogar, sie wurde dadurch besonders anschaulich geschildert. Sie ist zwei Generationen vergangen – aber so nah.
Information der Stadt Weinheim:
„Initiatorin der Ausstellung ist die Heidelberger Politikwissenschaftlerin Sabine Zöller. Sie sprach auch zur Einführung, ebenso wie die Historikerin Franka Rößner vom Dokumentationszentrum Grafeneck.

Oberbürgermeister Heiner Bernhard bei der Eröffnung. Foto: Stadt Weinheim.
Die gebürtige Weinheimerin Sabine Zöller beschäftigt sich seit einiger Zeit mit dem Schicksal ihrer Großtanten Eva, Katharina und Dorothea, die Bewohnerinnen des „Kreispflegeheimes“ waren. Sie wurden am 15. Oktober 1940 von Weinheim aus nach Grafeneck gebracht und in einer Gaskammer ermordet; dort auf der Schwäbischen Alb war in einem früheren Kloster im „Dritten Reich“ ein Tötungslager eingerichtet, in dem Menschen mit Behinderung ermordet wurden.
Es war die von den Nazis verächtlich verharmlosend „Euthanasie“ genannte gezielte Tötung „unwerten Lebens“. „In der Familie hieß es lange Zeit nur, die Tanten seien ‚weggekommen’“, erinnerte sich Sabine Zöller.
Die Ereignisse dürfen sich nicht wiederholen
Auch Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard und Landrat Stefan Dallinger begrüßten die Gäste; der Rhein-Neckar-Kreis ist heute Eigentümer und Träger der Einrichtung. Die Helen-Keller-Schule hatte einen eigenen Beitrag zur Ausstellungseröffnung beigesteuert. Bernhard und Dallinger schlugen in ihren Ansprachen den Bogen zu aktuellen Geschehnissen und mahnten, die Erinnerung an die Gräueltaten des Nationalsozialismus dürfe nicht verblassen.
Ereignisse wie diese dürften sich nie mehr wiederholen. Die Beschäftigung mit dieser Zeit sei eine Verpflichtung, daraus Schlüsse zu ziehen und Tendenzen von Diskriminierung und Ausgrenzung von Anfang an energisch zu begegnen.

Die Initiatorin der Ausstellung Sabine Zöller. Foto: Stadt Weinheim.
Im so genannten „Dritten Reich“ wurden geistig- und körperbehinderte Menschen harsch zu „Krüppeln“ erklärt, zu „Ballastmenschen“ und zur „Gefahr für den Volkskörper“. Die Nazis sprachen von einem „unwerten Leben“. In so genannten „Tötungsanstalten“ wurden Hunderttausende zu Opfern der „Euthanasie“ und des unmenschlichen Terror-Regimes.
Heute weiß man, dass in den Jahren 1940 und 1941 rund 140 Bewohnerinnen und Bewohner des früheren „Kreispflegeheims“ des Landkreises Mannheim (heutiges Gebäude der GRN-Klinik an der Viernheimer Straße) deportiert und in den Tötungslagern von Hadamar in Mittelhessen und Grafeneck auf der Schwäbischen Alb umgekommen sind. 66 der Opfer wurden nach Grafeneck deportiert.
„Bleibende Stätte des Gedenkens“ geplant
Seit 2011 gibt es zu dem Thema auch eine Dissertation; sie stammt von der Berliner Medizinhistorikerin Dr. Marie-Laura Berger und widmet sich den NS-Verbrechen in der früheren „Kreispflege“. Landrat Dallinger kündigte an, man werde sich um eine „bleibende Stätte des Gedenkens“ an der „Kreispflege“ kümmern, wenn die Einrichtung bald umzieht.
Diesen Opfern der so genannten „Euthanasie“ widmet die Stadtbibliothek Weinheim, unterstützt vom Stadtarchiv und vom Dokumentationszentrum der Gedenkstätte Grafeneck eine Ausstellung, die bis zum Samstag, 18. April, zu den Öffnungszeiten der Stadtbibliothek zu sehen sein wird. Diese sind dienstags, mittwochs, freitags von 10 Uhr bis 18 Uhr, donnerstags von 10 Uhr bis 19 Uhr und samstags von 10 Uhr bis 13 Uhr.“