Rhein-Neckar/Tübingen, 21. April 2018. (red/pro) Am Mittwoch soll eine Asylbewerberin aus Nigeria in heimtückischer Absicht auf einen Polizeibeamten mit einem Messer eingestochen haben. Wir haben nicht zum ersten Mal, aber zuletzt am 20. Februar unter der Überschrift “Polizisten in Gefahr?” zum Thema berichtet. Unsere Analyse ist: Polizeibeamte werden sich zunehmend in Lebensgefahr begeben müssen, wenn es zu “stressigen Situationen” mit Asylbewerbern kommt.
Kommentar: Hardy Prothmann
Wenn die Ermittlungen ergeben sollten, dass der geschilderte Ablauf einer Messerattacke gegen einen Polizeibeamten durch eine 25-jährige nigerianische Asylbewerberin sich tatsächlich so ergeben hat, ist ein versuchter Mord offensichtlich.
Der Anlass dafür ist erschütternd. Laut Polizei sollte die Frau mit ihren zwei Kindern nur in eine andere Unterkunft verlegt werden. Sie habe gedroht, sich und die Kinder umzubringen – warum, ist noch völlig unklar.
Als die Polizei eintraf, soll die Frau eine Hand zur Begrüßung ausgestreckt haben und mit der anderen Hand mit einem bis dahin verborgenen Messer gezielt den Oberkörper eines Beamten angegriffen haben. Das ist absolut heimtückisch und hätte tödlich enden können.
Wie ein Teil unserer Leserschaft weiß (jetzt gehören Sie auch dazu), trainiere ich seit vielen Jahren Kung-Fu. Bei der Begrüßung mit Handschlag legen wir die linke Hand auf den Unterarm der rechten Hand. Als ich vor 20 Jahren meinen Kung-Fu-Lehrer fragte, warum, sagte er: “Mit der einen Hand hat man sich gegenseitig im Griff. Wenn die andere Hand nicht sichtbar ist, weiß man nicht, was diese vorhat, was sie hält und ob der Griff der Hand des anderen nicht der Auftakt für einen verdeckten Angriff durch die andere Hand ist.” Er demonstrierte mir, wie er mich an sich heranzog und mit der linken Hand mit einem (nicht vorhandenen) Messer den Angriff ausführte. Er kann festhalten und hätte er heimtückisch handeln wollen, wäre ich tot gewesen. Die Lektion hat gesessen.
Dieser Lehrer ist ein Chinese, der in Malaysia lebt, sechs chinesische Dialekte spricht und als einer der bekanntesten Großmeister des Kung-Fu gilt. Sein Beruf ist Arzt nach traditioneller chinesischer Medizin, die eng verknüpft mit Kung-Fu ist. Dieser Chinese sagt auch, dass er niemals ohne Not in Regionen Chinas reisen würde, wo er nicht absolut loyale Freunde hat, weil er grundsätzlich von Gefahren ausgeht, wenn er ein Fremder ist. China ist eine große Welt, die wir nicht ansatzweise kennen.
Das RNB hat in der Vergangenheit mehrfach über die Gefahr von Messerattacken berichtet. Auch mit einem Interview mit dem Messerkampf-Lehrer Roberto Laura, der traditionellen italienischen Messerkampf unterrichtet. Dabei werden Messer verwendet, die nur einen Zweck haben, mindestens zu verletzten oder im Endeffekt zu töten. Die “Tradition” dieser Messer ergibt sich aus der Geschichte – man musste sich verteidigen können, nicht jeder hatte Geld für ein Schwert oder einen Säbel, also nahm man spezielle Messer.
Das Messer ist, egal welcher Beschaffenheit, eine ursprüngliche Waffe von hoher Effizienz. Messer sind eine potenziell tödliche Waffe. Sie machen keinen Krach, sie sind einfach zu beschaffen und unauffällig zu tragen und benötigen kein Magazin, haben niemals Ladehemmung, müssen nicht gepflegt werden. Messer sind immer einsatzbereit.
Es gibt in Deutschland eine Debatte über die Zahl und die Einordnung von Messerangriffen. Und von wem diese ausgeführt werden. Gibt es tatsächlich immer mehr Messerattacken oder nicht? Und durch wen gegen wen?
Eine zuverlässige Einordnung ist extrem schwierig, weil jede Messerattacke erstmal ein “Einzelfall” ist und alle Umstände betrachtet werden müssen. Messer sind häufig “Zufallswaffen” – eben noch Küchenmesser werden sie im nächsten Moment zur Mordwaffe, weil zur Hand in einem Konflikt.
“Gefühlt” haben wir den Eindruck, dass Messerattacken zunehmen und zwar durch Menschen aus Ländern, in denen Messer in Konflikten als “Lösung” verwendet werden. Also eher archaisch geprägten Kulturen. Ob das tatsächlich so ist, können wir Ihnen nicht mit Sicherheit darlegen, weil das sehr viel Arbeit ist und möglicherweise eine, die journalistisch nicht zu klaren Belegen führen kann.
Dabei sind wir beispielsweise auf Angaben der Behörden angewiesen – statistisch werden “Messerattacken” bislang nicht gesondert geführt – damit ergibt sich ein Dunkelfeld.
Klar ist hingegen, dass in unserer überwiegend waffenfreien Gesellschaft der Zugang zur “echten” Waffen sehr beschränkt ist. Klar ist aber auch, dass der Zugang zu Messern einerseits strafrechtlich streng geregelt ist, was Messer angeht, die eindeutig nur Waffen sind, aber nicht zu Messern, die zum Alltag gehören, in jedem Haushalt.
Klar ist und das ist belegbar, dass Polizeibeamte sehr häufig und zunehmend Angriffen durch Messer ausgesetzt sind – aus welchen Gründen und durch wen auch immer.
Klar ist auch, dass die Schusswaffe gegenüber einem Messerangriff keine Bedeutung mehr hat, wenn der Messerangreifer die Distanz von unter zehn Metern überwunden hat – dann nützt die Schusswaffe nichts mehr, weil sie nicht mehr in Position gebracht werden kann.
Der von der Polizei gemeldete Angriff ist absolut perfide – wer mit einer Handreichungsgeste die Distanz überwindet, um dann anzugreifen, ist absolut im Vorteil. Der Polizeibeamte hatte vermutlich nur Glück, sein Leben nicht verloren zu haben. Ein Stich in die Kehle und das Aus ist besiegelt, wenn lebenswichtige Gefäße verletzt werden.
Und welcher Polizeibeamte ist darauf vorbereitet von der Mutter zweier Kinder in heimtückischer Weise attackiert zu werden?
Tatsächlich muss ich die Polizei auf solche Attacken vorbereiten – und sie ist es nicht, wie der aktuelle Fall möglicherweise belegt. Denn wenn vorbereitet, hätte der Angriff nicht stattfinden können oder die Frau wäre mit der Dienstwaffe aufgehalten worden.
Lesen Sie bitte unseren Text: “Polizisten in Gefahr?” und bilden Sie sich Ihre Meinung.
Wir arbeiten nicht zum Spaß und wir dramatisieren niemals, nur um Aufmerksamkeit zu erreichen. Wir arbeiten journalistisch, sammeln Informationen, werten diese aus und bieten Ihnen Analysen an.
Und wir haben eine sehr hohe “Trefferquote”, was unsere vorausschauenden Analysen angeht. Unsere aktuelle These ist: Alle Personen, die mit Asylbewerbern in zunehmenden Stresssituationen zu haben (und der Stress steigt), müssen mich Angriffen auf Leib und Leben rechnen. Zuvörderst sind das Mitarbeiter der Ausländerbehörden und Polizeibeamte.
Dem glücklicherweise nur leicht verletzen Polizeibeamten wünsche ich gute Genesung. Allen Polizeibeamten rate ich zur äußersten Vorsicht.
Und von der Politik erwarte ich Verantwortung gegenüber Polizeibeamten und der Bevölkerung.
Dokumentation:
Gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Tübingen und des Polizeipräsidiums Reutlingen:
“Wegen des Verdachts des versuchten Mordes ermitteln die Staatsanwaltschaft Tübingen und das Kriminalkommissariat Tübingen gegen eine 25-jährige nigerianische Asylbewerberin. Der Frau wird zur Last gelegt, einen Polizeibeamten mit einem Messer angegriffen und verletzt zu haben.
Den bisherigen Ermittlungen zufolge sollte die Frau mit ihren beiden Kindern am Mittwoch in eine andere Unterkunft verlegt werden. Dazu wurde sie gegen neun Uhr von einem Mitarbeiter des Landratsamtes Tübingen aufgesucht. Als sie sich weigerte, nach einem Messer griff und damit drohte, ihre beiden Kinder und sich umzubringen, verließ der Mitarbeiter das Zimmer und alarmierte die Polizei.
Sofort rückten zahlreiche Streifenwagen an. Nach deren Eintreffen sei die Frau im Flur den Beamten entgegengekommen und habe eine Hand zur Begrüßung ausgestreckt. Unerwartet habe sie dann nach einem verdeckt am Körper getragenen Messer gegriffen und damit gezielt gegen den Oberkörper eines 33-jährigen Polizeibeamten gestochen.
Der Polizeibeamte konnte die Messerstiche abwehren, erlitt dabei aber mehrere Schnittverletzungen an den Unterarmen. Im Verlauf des nachfolgenden Gerangels gelang es der Frau zunächst zu flüchten. Sie konnte erst auf einer angrenzenden Wiese gestellt werden. Als sie den mehrfachen Aufforderungen der Polizeibeamten, das Messer abzulegen, nicht nachkam, musste Pfefferspray und sogar ein Schlagstock eingesetzt werden.
Letztendlich wurde die Frau vorläufig festgenommen. Der durch den Messerangriff leicht verletzte Polizeibeamte wurde vom Rettungsdienst zur ambulanten Behandlung seiner Schnittverletzungen ins Krankenhaus gebracht. Auch zwei weitere Polizeibeamte und die Beschuldigte mussten ihre Augenreizungen ärztlich behandeln lassen. Die beiden Kinder wurden in die Obhut des Jugendamtes gegeben.
Die Beschuldigte soll im Laufe des Donnerstags dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Ermittlungen dauern derzeit noch an.”