Mannheim/Kilis, 20. April 2018. (red/pm) Die Stadt Mannheim realisiert gemeinsam mit der mit der türkischen Stadt Kilis ein bilaterales Entwicklungsprojekt, um Fluchtursachen zu bekämpfen.
Information der Stadt Mannheim:
„Mannheim versteht sich als internationale Stadt. Daraus ergibt sich auch eine globale Verantwortung. Deshalb ist kommunale Entwicklungszusammenarbeit ein integraler Bestandteil der Kommunalpolitik in Mannheim“, erklärt Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz.
Und er ergänzt: „Die Städte sind entscheidende Akteure für die großen globalen Fragen. Am unmittelbarsten ist das im Umgang mit Flüchtlingen zu spüren. In den Gebieten, aus denen Menschen flüchten und in den Gebieten, in denen Flüchtende als erstes Aufnahme finden, muss deshalb praktisch etwas getan werden. Wir gehen in Mannheim mit der Entwicklungszusammenarbeit mit Kilis mit gutem Beispiel voran. Wenn sich alle europäischen Städte in konkreten Partnerschaften mit Nordafrika und dem Mittleren Osten engagieren würden, wäre dies ein epochemachender Beitrag – tatsächlich, politisch und psychologisch“.
Mannheim geht Entwicklungspartnerschaft ein
Damit wiederholte der Oberbürgermeister einen Vorschlag, den er bereits im zuständigen Bundestagsausschuss gemacht hatte: Eine Initiative zur Begründung eines Netzwerks von 500 europäischen Städten, die mit ebenso vielen Städten der MENA (Mittlerer und Naher Osten, Nordafrika) Region Entwicklungspartnerschaften eingehen. Die Stadt Mannheim tut genau das und realisiert bereits seit Anfang 2017 eine solche Entwicklungspartnerschaft mit der türkischen Stadt Kilis.
Der Impuls für eine Kooperation speziell mit der Stadt Kilis ging vom Arbeitskreis Islamischer Gemeinden in Mannheim (AKIG) aus, da ein Mitglied des AKIGs aus Kilis stammt und über persönliche Kontakte zur dortigen Stadtverwaltung verfügt. Durch die bestehende Verbindung wurde die Stadt Mannheim auf die aktuelle Flüchtlingssituation in Kilis aufmerksam und der Grundstein für die kommunale Partnerschaft gelegt. Ziel dieser Projektpartnerschaft ist die Förderung der beruflichen Bildung von geflüchteten syrischen Frauen in Kilis durch die nachhaltige Verbesserung der dortigen Ausbildungsmöglichkeiten. Gefördert wird das Projekt von Engagement Global mit ihrer Servicestelle Kommunen in der Einen Welt mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Förderung beruflicher Bildung als Hilfe zur Selbsthilfe
Die Stadt Kilis ist aufgrund ihrer Grenznähe im besonderen Maße von der Zuwanderung syrischer Flüchtlinge betroffen. Im Rahmen des Projekts „Gemeinsam wirksam – Kommunen und Religionsgemeinschaften entwickeln gemeinsam Perspektiven für Geflüchtete“ unterstützt die Stadt Mannheim Kilis bei der Bewältigung dieser Herausforderungen und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursachen.
Im Fokus der ersten Projektphase, von Juli 2017 bis Mai 2018, stand insbesondere der Erfahrungsaustausch zwischen kommunalen Experten und die Qualifizierung der Lehrkräfte beruflicher Bildungszentren. Dazu wurde zunächst eine Bedarfsanalyse des lokalen Arbeitsmarkts und der Bildungssituation der geflüchteten Frauen in Kilis in Zusammenarbeit mit der Universität Kilis durchgeführt. In zwei Workshops tauschten sich Experten der Stadt Mannheim und der Stadt Kilis zu den Themen Flüchtlingsarbeit, berufliche Bildung und Empowerment von Frauen aus und entwickelten gemeinsam eine Strategie zur Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Integration der geflüchteten Frauen.
Im Rahmen von zwei Weiterbildungsmaßnahmen an der Justus-von-Liebig-Schule konnten insgesamt 16 türkische Ausbilderinnen ihre fachspezifischen und didaktischen Qualifikationen in den Ausbildungszweigen Frisör/Kosmetik, Textilverarbeitung, Nahrung sowie Bildungsmanagement weiter vertiefen. Zusätzlich werden Lehr- und Ausbildungsmaterialen für die Ausstattung der Bildungszentren beschafft. Zur Umsetzung dieser Maßnahmen erhielt die Stadt Mannheim eine Vollfinanzierung in Höhe von 50.000 Euro aus Mitteln des Bundes.
Entwicklungspartnerschaft soll fortgesetzt werden
Nach Abschluss der aktuell laufenden Weiterbildungsmaßnahme in Mannheim ist die erste Projektphase erfolgreich abgeschlossen. Die gute Zusammenarbeit beider Städte soll jedoch in einem Folgeprojekt weitergeführt werden. Denn weiterhin fehlt es in Kilis an verfügbaren Lehrräumen zur Aus- und Weiterbildung der syrischen Flüchtlinge. Vereinbartes Ziel beider Städte ist daher der Bau eines modernen beruflichen Bildungszentrums in Kilis. Zur Finanzierung dieses Bauvorhabens bereiten die Städte Mannheim und Kilis gemeinsam einen weiteren Fördermittelantrag im Rahmen des Programms „Initiative Kommunales Know-how Nahost“ vor.
Nach Fertigstellung des Baus sollen rund 700 syrische aber auch türkische Frauen die Möglichkeit erhalten, in dem Lern- und Bildungszentrum ein Beruf zu erlernen, die türkische Sprache zu erwerben und sich weiterzubilden. Das Zentrum soll zu einer Modellschule für berufliche Bildung und lebenslanges Lernen in Kilis werden. Die Stadt Mannheim bringt dabei ihre Fachexpertise in didaktischer, integrations- und wirtschaftspolitischer sowie in baulicher Hinsicht ein und vermittelt vor allem auch das nötige Verwaltungswissen, damit das Projekt nach einer „Anschubphase“ mit Unterstützung durch die Stadt Mannheim dann in Kilis mit entsprechend geschulten Mitarbeitern problemlos weitergeführt werden kann.
Kilis – eine „Stadt der Flüchtlinge“
Die Stadt Kilis befindet sich in unmittelbarer Grenznähe zu Syrien. Bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien war Kilis nach eigenen Angaben eine mittelgroße, ruhige Stadt mit rund 90.000 Einwohnern. In der Folge begann ein Exodus syrischer Flüchtlinge. Heute leben in Kilis 129.000 Flüchtlinge, die von der Stadtverwaltung als „Gäste“ bezeichnet werden.
Die Stadt Kilis stellt diese Situation vor große soziale und ökonomische Herausforderungen. Dennoch ist es das erklärte Ziel der Stadt, den Flüchtlingen eine ökonomische Perspektive zu bieten, sodass sie in Kilis bleiben können.“