Ludwigshafen, 21. Oktober 2015. (red/cr) Am 17. und 18. Oktober war “Multiverse” in deutscher Erstaufführung im Pfalzbau zu erleben. Die Aufführung “Multiverse” besteht nämlich aus drei Tänzern, atmosphärischen Klang-Elementen und 3D-Projektionen. Basierend auf Ideen der theoretischen Physik gelangt der Zuschauer in parallelen Dimensionen über schwarze Löcher in multiple Universen.
Von Christin Rudolph
Mit speziellen 3D-Brillen verfolgen die Zuschauer das Auftauchen und Verschwinden von Körpern in dem endlosen Weiten der multipler Universen, schwarzer Löcher und parallelen Dimensionen.
Die Produktion des weltbekannten Choreographen Garry Stewart “Multiverse” ist von Ideen der theoretischen Physik inspriert und unter wissenschaftlicher Beratung entstanden. Sie zeigt, wie wir das Universum verstehen. Wie wir versuchen es von außen zu betrachten, obwohl wir ein Teil davon sind, der im nächsten Moment von seiner Tiefe und Größe überwältigt wird.
“Multiverse” ist ein Tanztheater, das wenig von dem liefert, was man als Laie von Tanz erwartet. Es gibt keine Musik, eher sphärische Klangelemente die an Weltraum-Dokumentationen erinnern, komponiert von Brendan Woithe. Somit fehlt ein von außen erkennbarer Rhythmus. Die drei Tänzer des Australian Dance Theatre bewegen sich im Rhythmus ihrer eigenen Welt – einer Welt aus bunten 3D-Projektionen, mit denen sie verschmelzen.
Mensch als 3D-Element
Manchmal scheint es, als würden die Tänzer die Projektionen bewegen, manchmal, als würden sie von ihnen bewegt. Die Beziehung zwischen Mensch und Projektion bleibt eine wechselseitige. Der Mensch ist dabei ein weiteres 3D-Element. Die Interaktion der Tänzer untereinander unterscheidet sich kaum von der mit den Projektionen.
Menschliche Gesten wie Mimik oder kommunikative Gesten fehlen. Dadurch wird deutlich, dass der Mensch ein kleiner Teil vieler Universen ist. Vor dem physikalischen Hintergrund gigantischer Ausmaße – in diesem Falle wortwörtlich – verlieren Menschen in dem, was sie als Individuen ausmacht, an Bedeutung.
Universum zum Anfassen
Das Stück ist episodenhaft in Szenen gegliedert, die Anfang und Ende haben. Samantha Hines, Matte Roffe und Kimball Wong, die Tänzer, haben sowohl gemeinsame als auch Duo- und Solo-Partien. Unabhängig davon findet sich in dem Tanzstil mit den teils abgehackten, unerwarteten Bewegungen ein Zusammenhang.
Das Tanzstück fesselte durch seine Nähe. Scheinbar ohne Bewusstsein, sind die Tänzer austauschbar. Somit sind sie Symbol für uns alle. Die 3D-Technik trägt maßgeblich zur Identifikation bei. Abgesehen davon ist das Publikum dem Geschehen wirklich nah – auf der Hinterbühne des Pfalzbaus mit knapp hundert Zuschauern trennen nur wenige Meter von den Akteuren.
Gute Resonanz
Das Publikum war eher älter – bei einem Eintrittpreis von 24 Euro für ein einstündiges Tanztheaterstück nicht weiter verwunderlich. Offensichtlich kam die Aufführung gut an, die Tänzer mussten zweimal auf die Bühne zurück, um sich ihren stürmischen Applaus abzuholen. Vor allem von der Präzision der Tänzer zeigten sich viele beeindruckt.
Die Darstellung ist anspruchsvoll. Sie beeindruckt – und fordert. Stellenweise wird die Reizüberflutung provoziert. Wenn man dann zusätzlich versucht, als Laie die Elementarteilchen der Stringtheorie in den Projektionen und der Bewegung zu erkennen, wird es anstrengend. Insgesamt machte die Vorführung einen eher futuristischen Eindruck. Eine Besucherin fasste es treffend so zusammen:
Getanzte Science-Fiction!
Theater im Pfalzbau | ||||||||||||||
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