Mannheim/Heidelberg/Rhein-Neckar/Stuttgart, 18. September 2018. (red/pro) Im vergangenen Herbst waren sie Top-Thema: Unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge (UMA), die durch eine erhebliche Anzahl auf Straftaten auffielen. Die Stadt Mannheim erbat sich Hilfe vom Land. Im Februar verbrachte man alle, die nicht Mannheim zugewiesen waren, in die zuständigen Gemeinden. Insgesamt 60 Personen, die polizeilich auffielen und angeblich minderjährig sein sollen, sollen überprüft werden. Die aktuelle Lage ist erschütternd – der Staat hat zum Teil die Kontrolle verloren.
Von Hardy Prothmann
Es waren nie nur wenige, wie manche das gerne darstellen wollten – auch die Stadt Mannheim. Nicht ein Dutzend, nicht 15, sondern 60 kriminelle UMAs aus den Maghrebstaaten Algerien, (überwiegend) Marokko und Tunesien zählte die Polizei und hat Ende vergangenen Jahres Personenfeststellungsverfahren eingeleitet, die andauern.
Aufgrund persönlicher Kontakte lief dies mit Marokko gut an: 33 Feststellungen sind abgeschlossen. Nur eine Person hat ehrlich das korrekte Alter und den richtigen Namen angegeben, 32 haben gelogen und falsche Personalien mitgeteilt. Teils liegen gleich mehrere “Alias”-Namen vor.
32 von 33 Personen haben gelogen
Die größte Abweichung ergab sich bei einem Marokkaner, der sich als Algerier ausgab und fast 12 Jahre „jünger“ machte (1990/2002). Aus naheliegenden Gründen: Minderjährige kommen in staatliche Obhut – das wissen diese Personen und nutzten aus, dass man ihren gelogenen Angaben Glauben schenkte. Sie nutzten dabei nicht nur den Staat aus – rund 5.000 Euro kostet eine betreute Person monatlich -, sie begingen auch in hoher Zahl Straftaten, vor allem Diebstähle aus Fahrradkörben.
Während in Mannheim (von 657 in 2017 auf aktuell 244) und im Rhein-Neckar-Kreis (von 50 in 2017 auf aktuell 10) die Diebstähle aus Fahrradkörben 2018 durch verschiedene Maßnahmen deutlich zurückgegangen sind, ist für das Stadtgebiet Heidelberg nicht nur ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, sondern aktuell sogar Rekordstand. Bis Ende August 2018 wurden 96 Taten gezählt, zwei mehr als im gesamten Jahr 2017 (94).
Im laufenden Jahr fielen immer wieder UMAs bei der Begehung von Straftaten auf,
teilt die Polizei auf Anfrage mit. Letztmals beraubte ein angeblich 16-jähriger Syrer einen zum Tatzeitpunkt angeblich 15-jährigen Landsmann. Bei vier von acht Festnahmen im Zusammenhang mit Diebstählen aus Fahrradkörben in Heidelberg handelte es sich um vermeintliche UMAs.
33 “Minderjährige” sind weg – “untergetaucht”
Von den 60 Personen, gegen die Personenfeststellungsverfahren eingeleitet worden sind, sind 17 in Haft. Bei 27 laufen die Ermittlungen noch. Drei Personen sind in Einrichtungen untergebracht, die der Polizei bekannt sind. Und sage und schreibe 33 gelten als polizeilich untergetaucht.
Bei diesen Personen kann nicht gesagt werden, ob sie sich noch im Bundesgebiet aufhalten. Alle sind zur Aufenthaltsermittlung oder als „Vermisst“ in den polizeilichen Informationssystemen ausgeschrieben,
sagt Polizeisprecher Norbert Schätzle.
Problem verlagert
Fazit: Das Mannheimer Problem mit Kriminellen, die vorgeben, minderjährig zu sein, ist weitestgehend vor Ort gelöst. Durch Verdrängung. Diese Personen treiben mutmaßlich woanders ihr Unwesen, begehen Diebstähle, verkaufen Drogen, “tanzen” an und rauben Menschen aus.
Ein Teil des Problems hat sich in die Nachbarschaft nach Heidelberg verlagert, was mit den anderen ist, weiß niemand. Klar ist: Diese Personen halten sich in Deutschland oder dem benachbarten Ausland auf, keine Behörde weiß, wo sie sind, aber offenbar “schlagen sie sich durch”. Mit ehrlicher Arbeit sicherlich nicht.
Staatliche Hilfen erhalten sie keine, weil sie sich dem Zugriff der Behörden entzogen haben. Die Erfahrung zeigt – wie bei Anis Amir, dem Attentäter von Berlin -, dass diese Karrieren häufig mit Kleinkriminalität beginnen und sich dann steigern, bis hin zu terroristischen Attacken.
Diese Personen sind sehr gut vernetzt und können sich in Deutschland und anderen Ländern in arabischen Parallelgesellschaften aufhalten, ohne entdeckt zu werden. Man könnte auch sagen, dass der Staat die Kontrolle über diese Personen vollständig verloren hat.
Der überwiegende Teil der Zuwanderer ist polizeilich nicht auffällig. Doch lenkt diese Aussage vom eigentlichen Problem ab: Der erheblichen Zahl von Kriminellen, deren prozentualer Anteil zwar gering ist, die absolute Zahl ist aber besorgniserregend. Nimmt man nur 0,5 Prozent an, sind das gut 10.000 Kriminelle, die in den vergangenen drei Jahren nach Deutschland gekommen sind.
Viele davon leben hier ohne Meldeadresse, begehen Straftaten und sind nur mit erheblichem Aufwand zu ermitteln – häufig auch über lange Zeit gar nicht. Und sie finden Unterschlupf bei angeblich unauffälligen Landsleuten – die somit diese Straftäter vor staatlichem Zugriff schützen und eben nicht “unauffällig” sind, sondern den Kriminellen ermöglichen, unbehelligt Straftaten zu begehen.