Rhein-Neckar, 15. Januar 2013. (red/pm) Deutschland ist derzeit auf der Suche nach Jugendschöffen, die für eine fünfjährige Amtszeit ab 2014 die rechte Hand des Richters sind. Im ersten Halbjahr 2013 werden neue Jugendschöffen gewählt – bewerben kann man sich bereits jetzt bei den Kommunen des Rhein-Neckar-Kreises.
Von Alina Eisenhardt
Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil…
Dieser Satz ertönt in deutschen Gerichtshöfen, wenn ein Angeklagter sein Urteil erhält. Das Urteil wird nicht allein vom Richter gefällt. An seiner Seite stehen Schöffen, die ihm im Namen der Gerechtigkeit helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Schöffen sind laut Duden ehrenamtlich eingesetzte Laien, die zusammen mit dem Richter die Tat des Angeklagten beurteilen und das Maß der Strafe festlegen. “Diese Laienrichter gibt es schon seit Jahrhunderten.”, sagt Robert Gunderlach, Vorsitzender der Deutsche Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen des Landesverbandes Baden-Württemberg e.V. Er selbst war im Landesgericht Stuttgart von 2000 – 2008 Schöffe.
Jugendschöffen sind spezialisierte Schöffen an einem Jugendgericht. Doch warum braucht man Jugendschöffen, wenn es bereits einen Berufsrichter gibt? Die Aufgabe eines Jugendschöffen ist es, anhand seiner Lebenserfahrung rechtliche Zusammenhänge erkennen und bewerten zu können. Ein Richter hat zwei Schöffen, die gleichberechtigte Stimmen haben. Das Richterteam (1 Berufsrichter, 2 Schöffen) zieht sich am Schluss der Hauptverhandlung zur Beratung zurück. Um ein Urteil auszusprechen ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.
TÜV-Siegel in Pädagogik
Neben den allgemeinen Voraussetzungen wie Selbstbewusstsein und Unparteilichkeit muss ein Schöffe einen Menschen in seinem sozialen Umfeld beurteilen können. Ein hohes Maß an sozialer Kompetenz ist erforderlich. Um die erforderliche Lebenserfahrung und Menschenkenntnis aufbringen zu können, muss ein Schöffe zwischen 25 und 69 Jahre alt sein, wenn er sich für das Ehrenamt bewirbt.
Jugendschöffen sollten darüber hinaus Erfahrung in der Pädagogik aufweisen.
Dabei reicht es nicht, Kinder zu haben. Sie sollten in der Jugenderziehung über eine professionell Erfahrung verfügen, wie zum Beispiel Sozialarbeiter und Lehrer sie besitzen. Man braucht sozusagen ein TÜV-Siegel in Pädagogik,
sagt Robert Gunderlach.
“Man muss definitiv in sich gefestigt sein…”
Wer Interesse hat als Jugendschöffe zu arbeiten, der schickt seine Bewerbung an das zuständige Bürgermeisteramt. Diese leiten die Bewerbung dann an das Jugendamt weiter. Der Jugendhilfeausschuss des Rhein-Neckar-Kreises schlägt dabei beim Amtsgericht mindestens doppelt so viele Kandidaten vor, wie an Schöffen benötigt werden.
Probleme mit der Zahl der Bewerber gibt es dabei selten. “Die Zahl der Bewerber ist konstant. Viele Jugendschöffen bewerben sich auch für eine zweite Periode. Erst dann müssen sie für eine Periode aussetzen.”, erklärt Robert Gunderlach.
Das Ehrenamt kann sehr belastend sein:
Es kommt zwar auch auf den Fall und die Persönlichkeit an, aber man muss definitiv in sich gefestigt sein,
so Herr Gunderlach. Immerhin müsse man auch in schwierigen Fällen, wie einer Vergewaltigung ohne Zeugen, beurteilen können, ob der Vorfall tatsächlich so geschehen ist. Ihn selbst hätten viele Wirtschaftsstrafsachen, die tief in das Leben der Menschen blicken ließen, sehr bewegt.
Mit Menschenkenntnis zum Urteil
Als Schöffe bekommt man in der Regel 12 Gerichtstermine pro Jahr zugeteilt. In fünf Jahren sind das 60 Termine. Diese können nur einige Stunden dauern, aber auch Wochen oder gar Monate.
Wenn man eine Gerichtsverhandlung hat, weiß man erst nicht, worum es geht. Erst vor der Verhandlung klärt der Richter den Jugendschöffen in einer Kurzform über den Fall auf. Vor Gericht erfährt man dann genau, worum es geht. “Als Jugendschöffe soll man unvoreingenommen bleiben. Man soll keine Zeit haben, sich auf einen Fall vorzubereiten, sondern seine Alltagserfahrung und seine Menschenkenntnis nutzen. Immerhin ist man kein ausgebildeter Berufsrichter”, erklärt Robert Gunderlach.
Die Verantwortung, die man als Jugendschöffe eingeht, ist sehr hoch. Man kann im Krankheitsfall nicht einfach aussetzen, oder zurücktreten, wenn man keine Lust mehr hat. In der Regel kann nur ein Umzug zu einer Entlassung aus dem Amt führen. Möchte man das Schöffenamt tatsächlich niederlegen, entscheidet das Gericht, ob die Gründe ausreichend sind. Doch in der Regel passiert das nicht. “Immerhin treibt die Bewerber in der Regel ein gewisser Gerechtigkeitssinn an. Sie wollen sichergehen, dass es in den Fällen gerecht zugeht, das sie ein Teil dieser Gerechtigkeit sein können”, so Gunderlach.