Mannheim/Rhein-Neckar, 14. Oktober 2013 (red/ld) Eine Steuer auf Lebensmittelspenden schlug im vergangenen Jahr bei der Mannheimer Tafel ein wie eine Bombe. Ein Dresdner Großbäcker, der die Tafeln versorgte, sollte plötzlich Steuern zahlen. Ein kleiner Trick hätte genügt, um auf Lebensmittelspenden keine Umsatzsteuer bezahlen zu müssen. Inzwischen hat aber das Finanzministerium reagiert und die Regelung gekippt. Die Mannheimer Tafel versorgt zentral 24 Läden in der Region mit Lebensmitteln, die die abgebenden Einzelhändler sonst wegwerfen müssten. Stattdessen werden sie an bedürftige Menschen zu günstigeren Preisen verkauft. Doch die Lage ist kritisch.
Von Lydia Dartsch
Die Nachricht kam unerwartet im Sommer 2012 und sorgte bei den Lebensmittelspendern des DRK-Kreisverbands Mannheim für klingelnde Telefone. Viele Einzelhändler und Lebensmittelerzeuger, die ablaufende Waren an die Tafeln spenden, fragten bei Uwe Mauch, Leiter der Tafeln Mannheim, Edingen-Neckarhausen und Hockenheim, nach. Die Befürchtung der Spender:
Wenn wir Steuern auf unsere Lebensmittelspenden bezahlen sollen, müssen wir die Waren wegwerfen.
Der Fall eines Dresdner Bäckers hatte die Spender aufschrecken lassen: Jahrelang hatte dieser übrig gebliebene Backwaren an die Dresdner Tafel gespendet, anstatt sie wegzuwerfen. Den Wert der Spende hatte er sich mit Spendenquittungen bescheinigen lassen. Das Finanzamt forderte darauf Umsatzsteuer für die gespendeten Brötchen. Hätte der Bäcker sich die Quittungen nicht ausstellen lassen, wäre das nicht passiert, sagte uns Herr Mauch:
Ohne Spendenquittung wäre der Wert der Spende gleich Null gewesen und es wäre keine Steuer fällig gewesen.
Mit dieser Erklärung konnte Herr Mauch seine Lieferanten auch beruhigen. Abgesprungen sind ihm dadurch bisher keine Zulieferer. Herr Mauch ist zuständig für 24 Tafeln, darunter Mannheim, Weinheim und Edingen-Neckarhausen.
Täglich holen er und seine Mitarbeiter rund 23 Tonnen Lebensmittel bei 180 Betrieben in der Region ab. Die Waren stehen kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums und können im Einzelhandel nicht mehr verkauft werden. Nur rund zehn Tonnen kann Herr Mauch nach der Vorsortierung noch in den Tafeln verkaufen:
Rund 13 Tonnen müssen wir täglich wegwerfen, weil sie gar nicht mehr geeignet sind, verkauft zu werden.
Eigentlich ist die Ware, die die Tafeln verteilen, Müll. So bezeichnet es auch Uwe Mauch:
Würden die Lebensmittelhändler sie nicht spenden, müssten sie sie wegwerfen.
Das Bundesfinanzministerium hatte gegengesteuert und sich „darauf verständigt, auf Lebensmittelspenden an Tafeln oder sonstige Einrichtungen für Bedürftige keine Mehrwertsteuer zu erheben. Bei begrenzt haltbaren Lebensmitteln soll der Wert nach Ladenschluss regelmäßig null Euro betragen.“ So falle keine Umsatzsteuer an, heißt es dazu beim Ministerium.
Eine Änderung, die den Tafeln zu Gute kommt. Denn sie sind auf die Lebensmittelspenden angewiesen. So können allein nur in Mannheim 10.000 Menschen versorgt werden – nur ein Viertel derer, die in der Stadt unterhalb der Armutsgrenze leben. Herr Mauch kann die Zahl von 40.000 bedürftigen Menschen nur schätzen – die Stadt Mannheim zählt 27.381 Menschen, die Hartz-IV beziehen. Darunter Arbeitslose, sogenannte Aufstocker und Kinder. Dazu kommen weitere zehntausende Bedürftige in der Region.
Für Herrn Mauch könnte sich die Politik aber noch weiter bewegen: Trotz der Einnahmen durch den Verkauf der verbilligten Lebensmittel häufen sich 170.000 Euro Schulden im Jahr bei der Mannheimer Tafel an. Der Großteil der Kosten fällt für die Vorsortierung der Lebensmittel, die Verkaufsräume und das Personal an. Dazu kommen die Müllgebühren für die 13 Tonnen Lebensmittel täglich, die Herr Mauch nicht mehr verkaufen kann. Noch wird der Fehlbetrag durch Fördermitgliedsbeiträge gedeckt. Wie lange das so weiter gehen kann, weiß er nicht.