Karlsruhe, 14. August 2016. (red/ms) Vom 01. bis zum 03. März fand vor dem Bundesverfassungsgericht eine mündliche Verhandlung über ein mögliches Verbot der rechtsextremen NPD statt. Im Anschluss wurden der NPD sechs Wochen Aufschub gewährt, um Schriftsätze mit Stellungnahmen zu den Vorwürfen des Bundesrats abzugeben. Heute endet diese Frist. Auf Rückfrage gibt das Gericht bekannt: Ja, es wurde ein Schriftsatz eingereicht. Zu Umfang und Inhalt werde man aber noch keine Angaben machen.
Von Minh Schredle
Die Strategie von NPD-Anwalt Peter Richter war von Anfang an undurchsichtig. Zum Verhandlungsauftakt fokussierte er sich in seiner Argumentation fast ausschließlich auf mögliche Verfahrenshindernisse, etwa unterstellte er den Verfassungsrichtern Huber und Müller Befangenheit oder behauptete, dass der Bundesrat als Antragssteller nicht glaubwürdig genug nachweisen könne, dass die NPD nicht mehr von V-Leuten „kontaminiert“ und „verseucht“ sei, die die Partei womöglich Partei fernsteuern würden.
Inhaltlich, so behauptete er, habe er keine Einlassungen vorbereiten können. Er müsse nämlich befürchten, dass er selbst und wichtige Parteifunktionäre abgehört würden, womöglich sogar von ausländischen Geheimdiensten. Daher habe er keine vertraulichen Gespräche mit „seiner Mandantin“ führen können, weil seine Prozessstrategie sonst hätte ausgehorcht werden können.
Doch nicht einen einzigen Beweis konnte Herr Richter für seine Thesen anführen – der Bundesrat legte hingegen umfangreiche Dokumente vor, um die Staatsferne des Verfahrens zu belegen. Verfassungsrichter Prof. Dr. Peter Huber sagte daraufhin zum NPD-Anwalt:
Ihr Hauptargument gegen den Antragsteller ist, sie glauben ihm nicht. Aber sie haben keinen einzigen Beleg. Finden Sie nicht, dass ist ein bisschen dünn?
Am nächsten Tag reichte Peter Richter dann doch einen Schriftsatz nach, der mehrere hundert Seiten umfasste. Angeblich will er ihn spontan und über Nacht ausgearbeitet haben – dabei sah er gar nicht so umnächtigt aus. Dennoch bat er das Gericht, der NPD nach der mündlichen Verhandlung drei Monate Aufschub zu gewähren, um „im Sinne eines fairen Verfahrens“ weitere Schriftsätze nachreichen zu können.
Prüfung wird Zeit in Anspruch nehmen
Obwohl das Gericht die Glaubwürdigkeit der Darstellung, Herr Richter habe sich nicht vorbereite, offen bezweifelte, gewährten die Verfassungsrichter der Antragsgegnerin eine Frist von sechs Wochen, um Einlassungen nachzureichen, die heute endete. Auf Rückfrage der Redaktion erklärt eine Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts:
Ja, die NPD hat einen Schriftsatz nachgereicht.
Über Umfang und Inhalt könne man sich allerdings derzeit nicht äußern, da dies das laufende Verfahren beeinflussen könnte. Indes sei zwar nun die Frist für zusätzliche Einlassungen abgelaufen – es sei aber dennoch nicht absehbar, wann es zu einer Urteilsverkündung kommen würde:
Der zweite Senat wird das Material intensiv prüfen. Wie viel Zeit das in Anspruch nehmen wird, ist unklar.
Auch das Abwägen und die Urteilsbegründung dürften einige Zeit in Anspruch nehmen – schließlich handelt es sich um das erste Partei-Verbotsverfahren in Deutschland seit etwa 60 Jahren. Die Kriterien nach denen das Bundesverfassungsgericht festlegt, werden unabhängig davon, ob die NPD verboten wird oder nicht, als Maßstäbe für folgende Verbotsverfahren gelten.
Nach Einschätzung der Redaktion ist daher frühestens in einigen Wochen, eher in ein paar Monaten mit einer Urteilsverkündung zu rechnen – wir werden in jedem Fall berichten.
Ein Verbot hätte neben der Auflösung der NPD zur Folge, dass das Parteivermögen eingefroren wird, die Partei keine Finanzierung mehr vom Staat erhält und sämtliche Mandatsträger ihre Ämter und Funktionen verlieren.
Der Rechtsextremismus in Deutschland würde dadurch allerdings nicht verschwinden – namhafte Experten ziehen sogar in Zweifel, ob die Szene dadurch überhaupt nennenswert geschwächt werden würde, schließlich sei die Splitterpartei weitestgehend unbedeutend. Alle Berichte zu den Hintergründen des Verbotsverfahrens finden Sie hier.