Mannheim, 13. November 2015. (red/ms) Im Streit um die BUGA und den geplanten Grünzug Nord-Ost spielt die Straße Am Aubuckel eine entscheidende Rolle: Sie durchtrennt das Gelände zwischen Spinelli und der Feudenheimer Au und sollte nach den ursprünglichen Planungen entfallen. Doch wie soll das geschehen? Seit Jahren prüft die Stadtverwaltung, wie die Straße verlegt werden könnte – im Gemeinderat ist jede Variante hochumstritten oder nicht mehrheitsfähig. Nun wurde durch ein Gutachten geprüft, was geschehen würde, wenn man die Staße einfach ersatzlos streichen würde. Das Resultat ist eindeutig: Das schon jetzt belastete Verkehrsnetz Mannheims würde komplett kollabieren.
Von Minh Schredle
Die Straße am Aubuckel hat eine besondere Bedeutung. Nicht nur für die Debatten in der Kommunalpolitik, sondern auch für das Verkehrsnetz von Mannheim: Die Straße bringt Entlastung, für rund 20.000 Fahrzeuge pro Tag. Die meisten vielbefahrenen Straßen mit zentraler Bedeutung, wie etwa die B38, führen direkt in die Innenstadt. Die Straße am Aubuckel hingegen ist eine Tangente und entlastet das Verkehrssystem damit erheblich.
Mit der Planung zum Grünzug Nord-Ost ist die Aubuckel-Straße allerdings unvereinbar. Spinelli und die Feudenheimer Au sollen zu einer großen Grünfläche vereint werden. Wie das Planungsbüro RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten immer wieder betont, zerschneide die Straße am Aubuckel den geplanten Grünzug an seiner “sensibelsten Stelle” – die Straße müsse verschwinden, sonst habe der Grünzug nur wenig Sinn.
Unklar ist allerdings, wie die Straße verschwinden soll. Kein Vorschlag der Verwaltung könnte aktuell im Gemeinderat eine klare Mehrheit finden. Jede Maßnahme wäre mit erheblichen Kosten verbunden. Die von Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) bevorzugte Variante, die Straße parallel zur Riedbahn zu verlegen, würde voraussichtlich Kosten zwischen 16 und 20 Millionen oder mehr Euro verursachen und hat nach dem Umschwenken der CDU wohl wenig Aussichten, eine Mehrheit zu finden.
Einfach streichen?
Was würde nun passieren, wenn die Aubuckel-Straße ersatzlos entfallen würde? Der Gemeinderat hatte das Planungsbüro R+T damit beaufragt, zu überprüfen, welche Konsequenzen das auf das Verkehrsnetz hätte. Gestern stellte Diplom-Ingenieur Tobias Franke die Ergebnisse der Untersuchung vor – und die sind eindeutig: Der ohnehin schon belastete Verkehr in Mannheim würde komplett kollabieren:
Wir raten dringlich von einer ersatzlosen Sperrung der Aubuckel-Straße ab. Weder dauerhaft noch temporär wäre das eine sinnvolle Maßnahme.
Untersucht wurden 14 Knotenpunkte im Stadtgebiet, an denen der Verkehr stockt. Schon jetzt sind zwei davon zu Stoßzeiten so überlastet, dass ihre Leistung aus Sicht der Verkehrsplaner ungenügend ist: Durchschnittlich müssen hier Wartezeiten von über 50 Sekunden eingeplant werden. Wenn nun die Aubuckel-Straße ersatzlos gestrichen worden würde, würde sich die Lage drastisch verschärfen. An acht von 14 Knotenpunkten müssten unzumutbare Wartezeiten in Kauf genommen werden.
Das Gutachten geht dabei von den Zahlen und Daten der Stadt Mannheim aus. Die stammen aus dem Jahr 2011. Darin ist die aktuell noch angespanntere Lage durch die vielen Baustellen im Stadtgebiet noch nicht berücksichtigt:
Diese Probleme gäbe es noch als Zuschlag oben drauf,
sagt Herr Franke. Ab 2018 stehen außerdem in Ludwigshafen Bauarbeiten an der Hochstraße an, für die die Konrad-Adenauer-Brücke teilweise gesperrt werden muss. Dadurch werden sich die Verkehrsprobleme in Mannheim noch zusätzlich zuspitzen. Herr Franke wird sehr deutlich:
Das gesamte Verkehrssystem würde zusammenbrechen, wenn wir ohne weitere Maßnahmen ersatzlos streichen.
Es gebe allerdings Wege, an den Knotenpunkten für Entlastungen zu sorgen – das würde aber “sehr kostspielig” enden. Auf einen Kostenrahmen will Herr Franke sich nicht festlegen. Klar ist, dass auch hier mehrstellige Millionenbeträge investiert werden müssten.
Beispielsweise könnte man an den Knotenpunkten zusätzliche Fahrspuren errichten. Das würde allerdings einen gewaltigen Aufwand verursachen: Gebäude müssten abgerissen werden, bevor die Straßen überhaupt erweitert werden könnten. Außerdem ist die Stadt aktuell nicht einmal im Besitz aller Grundstücke, die von den theoretischen Bauarbeiten betroffen wären. Allein der Erwerb – wenn der denn in jedem Fall Zustande kommen würde und auch das ist fraglich – würde erhebliche Investitionen erfordern.
Zudem würden zusätzliche Spuren alleine noch nicht einmal ausreichen, um den Verkehrsstau auf ein verträgliches Maß zu reduzieren. Außerdem müssten Ampelanlagen zu Lasten von Radfahrern und Fußgängern umprogrammiert werden. Straßenbahnen dürften an Kreuzungen nicht mehr vorrangig behandelt werden. Und selbst wenn man den Stadtverkehr so autofahrerfreundlich ausrichten würde, wie es maximal rechtlich denkbar ist, würden immer noch vier von 14 untersuchten Knotenpunkten überlastet sein.
In beiden Szenarien einer Sperrung – also mit und ohne begleitende Maßnahmen in Millionenhöhe – würde das Verkehrsaufkommen in der Innenstadt deutlich zunehmen. Im Durchschnitt müssten die 20.000 Fahrzeuge, die aktuell die Aubuckel-Straße befahren, jeden Tag 1,5 zusätzliche Kilometer auf Alternativrouten zurücklegen. Das sind insgesamt etwa sieben Millionen Kilometer mehr Verkehr pro Jahr. Insbesondere Wohngebiete wären betroffen. Neben einer Zunahme umweltschädlicher Emissionen entstünden durch längere Fahrtzeiten für Berufspendler und Unternehmen außerdem Mehrkosten in Höhe von rund 5,5 Millionen Euro.
Aus fachlicher Sicht ist die Straßensperrung damit vom Tisch. Spannend wird sein, welchen Einfluss diese Erkenntnis auf die Debatten im Gemeinderat haben wird. Denn die Entscheidungsmöglichkeiten schwinden: Entweder die Aubuckel-Straße wird verlegt und durch eine Straße ersetzt, die das bisherige Verkehrsaufkommen tragen kann – oder die Grünzug-Planung unter Einbeziehung der Feudenheimer Au, die eigentlich von allen Fraktionen befürwortet wird, steht vor dem Aus. Gegenkonzepte liegen nach aktuellem Stand nicht vor.