Mannheim, 10. Oktober 2014. (red/ld) Krawalle wie am Mittwochabend in Hamburg blieben aus: Am Donnerstagabend haben rund 750 Menschen in der Mannheimer Innenstadt gegen den selbsternannten islamischen Staat (IS) demonstriert – den dritten Tag in Folge. Die Demonstranten wiesen insbesondere auf die kritische Lage der Menschen in der syrischen Stadt Kobane hin.
Von Lydia Dartsch
Gegen 18:00 Uhr versammelten sich zunächst rund 150 Menschen am Quadrat O7 in der Mannheimer Innenstadt. Als sich der Zug eine Viertelstunde später in Richtung Paradeplatz in Bewegung setzte, waren es bereits rund 450 Demonstranten: Männer, Frauen, Junge und Alte. Viele hatten ihre Kinder dabei. Entweder liefen diese selbst mit oder wurden im Kinderwagen geschoben. Bis zum Paradeplatz wuchs die Zahl nach Polizeiangaben um weitere 300 Menschen an.
Eine Eskalation wie am Abend zuvor in Hamburg erwartete Klaus Eberle von der Versammlungsbehörde nicht: Das Kooperationsgespräch mit den beiden Veranstalterinnen im Vorfeld der Demonstration sei gut verlaufen, sagte er auf Anfrage. Auch Einsatzleiter Joachim Scholl (Revierleiter Innenstadt) sagte, er erwarte keine Zwischenfälle.
Laute Rufe gegen IS, und gegen die Türkei
Es blieb friedlich: Mit kurdischen Flaggen und Fahnen mit dem Portrait des PKK-Führers Abdullah Öcalan ziehen die Menschen begleitet von Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei über die Planken. Sie rufen Slogans wie „ISIS raus! Raus aus Kurdistan!“, „Kobane Massenmord“ oder „Es lebe Kobane“. Auch gegen die Türkei skandierten die Demonstranten, bezeichneten den türkischen Regierungschef Recep Tayip Erdogan als „Kindermörder“.
Nicht nur viele Kurden, sondern auch Aleviten und Mitglieder verschiedener Kulturvereine seien unter den Demonstranten, sagte Evin Has, eine der beiden Veranstalterinnen. Zu sehen war auch die Flagge der Antifa. Mitglieder der Hooliganszene befanden sich – anders als am Mittwochabend – diesmal nicht unter den Demonstranten.
„Ich bin Türke, aber ich demonstriere trotzdem“
Ein junger Mann, der mit demonstriert, sagt, er sei Türke, demonstriere aber trotzdem mit, wegen der Lage in Syrien.
„Ich habe auch Familie in Kobane“, sagt Evin Has auf Anfrage: Ihre Schwester, ihr Bruder und ihr Onkel seien noch dort. Wie es ihnen jetzt geht wisse sie nicht, sagt sie. Seit einer Woche sei der Kontakt abgebrochen. Sie zwar in Sorge sagt sie, aber: „Zuhause weinen hilft nicht. Wir müssen gegen die Situation dort auf die Straße gehen.“
Sicherheitskräfte sind zufrieden mit Veranstalterinnen
Eine dreiviertel Stunde dauert der Zug zum Paradeplatz. Dort versammeln sich die Menschen um einen zuvor aufgebauten Informationsstand, um eine Kundgebung abzuhalten – meist auf kurdisch. Als die Polizei zwei verbotene Fahnen in der Menge sieht, sorgt Frau Has dafür, dass diese entfernt werden. „Wir sind sehr zufrieden, dass sie so kooperativ ist“, sagt Klaus Eberle.
Kurz vor 20:00 Uhr wird die Versammlung von Frau Has beendet – wie vereinbart. Die Menschen aus der Menge verlassen den Platz, einige steigen in Straßenbahnen. Wenige Minuten nach dem Ende ist der Paradeplatz wieder weitgehend leer. Am Samstag wollen die Kurden in Düsseldorf gegen den IS demonstrieren.