Rhein-Neckar, 07. Oktober 2014. (red/pm/pro) „Die zuständigen Behörden tun alles dafür, dass die Flüchtlinge in den Einrichtungen sicher sind“, erklärte Integrationsministerin Bilkay Öney vergangene Woche nach Bekanntwerden der Misshandlungsfälle gegenüber Flüchtlingen durch privates Wachpersonal in Nordrhein-Westfalen. In Baden-Württemberg habe man mit dem Unternehmen European Homecare gute Erfahrungen gemacht, erklärt das Regierungspräsidium. Bleibt die Zahl der Neuankömmlinge auf so hohem Niveau, werden weitere Aufträge an private Betreiber von Notunterkünften gehen.
Von Hardy Prothmann
Integrationsministerin Bilkay Öney reagierte auf die Übergriffe auf Asylsuchende in einer Flüchtlingsunterkunft im nordrhein-westfälischen Burbach in der vergangenen Woche mit der Zusicherung: „Die zuständigen Behörden tun alles dafür, dass die Flüchtlinge in den Einrichtungen des Landes sicher sind.“ Bislang gebe es laut Pressemitteilung in Baden-Württemberg keine Berichte über körperliche Misshandlungen in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) oder in von ihr betriebenen Notunterkünften. „Zusammen mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe haben wir heute ein Maßnahmenbündel festgelegt“, so Öney.
Entsetzen nach Misshandlungen – Maßnahmenkatalog soll Sicherheit garantieren
In Burbach kam es zu gewalttägigen Übergriffen von Mitarbeitern einer privaten Sicherheitsfirmen gegenüber Asylbewerbern, die bundesweit für Entsetzen gesorgt hatten. Dabei wurden Vergleiche zu „Guantanamo“, dem illegalen politischen Gefängnis der USA für Terrorverdächtige gezogen.
Das Ministerium listet auf:
- Das Regierungspräsidium Karlsruhe lässt sich von den Betreibern und Sicherheitsfirmen der LEA und der Notunterkünfte (zusammen insgesamt 14 Standorte) bestätigen, dass die vereinbarten Standards eingehalten werden. Insbesondere wird auf polizeiliche Führungszeugnisse der Mitarbeitern geachtet.
- Das RP Karlsruhe verpflichtet die Sicherheitsfirmen dazu, täglich Berichte über sicherheitsrelevante Vorkommnisse vorzulegen.
- Das RP Karlsruhe stimmt sich mit der Polizei vor Ort ab: beabsichtigt sind regelmäßige Bestreifung und Begehung der Einrichtungen durch die Landespolizei.
- Die Firma European Homecare ist in drei der 14 Standorte für das Land tätig: Heidelberg (Notunterkunft), Mannheim (LEA-Außenstelle + Notunterkunft) und Karlsruhe (Mackensen-Kaserne). Für Meßstetten soll die Firma ebenfalls eingesetzt werden. Sie ist für die sogenannte Tagesbetreuung zuständig, nicht für den Sicherheitsdienst in den Einrichtungen.
In der geplanten LEA in Meßstetten werde der Sicherheitsdienst getrennt vom Betreiber beauftragt. Mehrere Sicherheitsunternehmen – auch Firmen aus der unmittelbaren Region – wurden unter Einbeziehung der Erfahrungen der örtlichen Polizei um die Abgabe eines Angebots gebeten. Die Auswahl steht noch aus.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat derweil 37 neue Stellen erhalten – aktuell bearbeiten rund 100 Angestellte die bürokratische Aufnahme der Flüchtlinge. Seit einigen Wochen unterstützen 20 Beamte der Bereitschaftspolizei die LEA bei der Personenerfassung. Die neuen Stellen müssen zum Teil noch ausgeschrieben und besetzt werden.
6.000 Flüchtlinge im September – mehr als im gesamten Jahr 2011
Im September kamen rund 6.000 Flüchtlinge in Karlsruhe an, das sind allein in diesem Monat mehr Zugänge als im gesamten Jahr 2011. Allein gestern waren es 230 neue Ankömmlinge. Rund 20 Prozent kommen aus den Balkanstaaten, 40 Prozent aus Syrien, 7 Prozent aus Eritrea und die restlichen 33 Prozent verteilt sich auf eine Vielzahl von Ländern.
Die vor gut drei Wochen eingerichteten Zelthallen in der früheren Mackensen-Kaserne, die als Notunterkunft dient, sind bereits voll belegt, teilte das Regierungpräsidium im September mit. 800 Menschen sind in der Großzelthalle und einem Teilbereich der Multifunktionszelthalle, die vorwiegend der Essensausgabe dient, untergebracht.
Das Regierungspräsidium geht davon aus, dass weitere Aufträge an private Firmen gehen, die den technischen Betrieb von Notunterkünften oder LEA-Außenstellen übernehmen: „Wir schaffen das bei dem Andrang sonst nicht personell“, sagte Sprecher Joachim Fischer auf Anfrage. European Homecare sei nur technischer Dienstleister für den Betrieb der Unterkünfte – die Sicherheitsfirmen würden direkt vom Regierungspräsidium ausgewählt, geprüft und beauftragt. Man achte streng auf die gesetzlichen Bestimmungen von §34 Bewachungsgewerbe der Gewerbeordnung, sagte Herr Fischer.