Mannheim, 09. November 2015. (red) Fünf NPD-Mitglieder halten am 07. November eine Kundgebung in Mannheim-Käfertal ab. Es gibt einen massiven Polizeieinsatz. Wie immer – lieber zu viele, als zu wenige Beamte, ist die Strategie des Polizeipräsidiums. 80 Gegendemonstranten kommen. Die Bilanz ist wie immer – beide Seiten versuchen Krach zu machen, als Gewinner fühlt sich, wer den anderen übertönen konnte und unterm Strich geht es nicht um „Inhalte“, sondern um Selbstdarstellung. Das ist sehr bedauerlich – insbesondere für die SPD.
Von Hardy Prothmann
Ich habe Dutzende Stunden meines Lebens damit verbracht, „Demos“ dieser rechtsradikalen Mini-Splitter-Partei zu „begleiten“ – das ist Verschwendung wertvoller Lebenszeit. Denn es ist eigentlich vollständig sinnlos, sich mit den dürftigen Inhalten auseinanderzusetzen, die sich im Kern als antidemokratischer, antipluralistischer, rassistischer, antisemitischer, völkischer Nationalismus zusammenfassen lassen.
Die NPD hat keine Inhalte, außer gegen „Ausländer“ und „Kriminelle“ zu sein, was diese Rechtsextremen oft gleichsetzen. Hier in Nordbaden ärgert vor allem der Weinheimer Landtagskandidat Jan Jaeschke das linke Lager, indem er unermüdlich „Mini-Kundgebungen“ anmeldet. Aktuell hat dieser GröPaZ (Größter Pumper aller Zeiten) es geschafft, gerade mal vier weitere Menschen zu „aktivieren“, um für die „nationale Sache“ anzutreten.
Sozialdemokratischer Realitätsverlust
Dagegen stehen 80 „spontane“ Demonstranten. So wie Herr Jaeschke den „erfolgreichen Kampf und den Widerstand“ über Facebook verbreiten wird, so definiert die SPD-Bundestagsabgeordnete Gabriele Katzmarek (Wahlkreis Rastatt) 80 Gegendemonstranten als “ Käfertal hat sich heute gegen Hetze und Fremdenfeindlichkeit gestellt“.
Der Stadtteil Käfertal hat 24.500 Einwohner. Es ist mehr als zweifelhaft, ob auch nur die Hälfte der 80 Personen der Gegendemo „Käfertäler“ waren. Wer angesichts dieser kleinen Anzahl Gegendemonstranten behauptet, „Käfertal stellt sich gegen Hetze und Fremdenfeindlichkeit“, hat jeden Kontakt zur Realität verloren. Zum Vergleich: In Heidelberg stellten sich vor kurzem rund 1.200 Menschen insgesamt 25 Rechtsextremen entgegen. Wollte man die Aussage von Frau Katzmarek tatsächlich ernst nehmen, müsste man folgern: „Käfertäler, schämt Euch“.
Das ist natürlich Quatsch – Tatsache ist vielmehr, dass es insbesondere der Mannheimer SPD im Verbund mit Kirchen offensichtlich nicht mehr gelingt, ein ansehnliche Menge von Menschen zu mobilisieren. Niemand muss sich schämen, wenn er nicht an einer von SPD-Mitgliedern mobilisierten Veranstaltung teilnimmt, denen gewaltbereite Antifa-Aktivisten lieber sind als kritische Journalisten.
Die Stimmung kippt
Die geringe Zahl von Käfertälern kann auch als Zeichen gesehen werden, dass die Bevölkerung zwar nicht für die NPD ist, aber sehr wohl gegen die Masse der Flüchtlinge, die aktuell auf Benjamin Franklin untergebracht sind: Das sind mindestens 9.000 Menschen, vermutlich mehr, dazu kommen am Rand von Käfertal noch mindestens 2.000, vermutlich mehr. In Summe also über 11.000 Flüchtlinge auf 24.500 Käfertäler. Die Stimmung im Stadtteil ist verunsichert bis gereizt, wie auch neulich eine sehr viel besser besuchte Veranstaltung des CDU-Landtagskandidaten Chris Rihm gezeigt hat. Die Menschen wollen Lösungen, keine Parolen. Nicht die von Rechten, aber auch keine „Idealismusseligkeit“, wie die Schriftstellerin Thea Dorn das vor kurzem im DeutschlandRadio bezeichnete. Auch die Schriftstellerin Juli Zeh mahnte im Deutschlandfunk an, verbal abzurüsten und die Diffamierungen zu unterlassen.
Man braucht nicht über angebliche „Inhalte“ der NPD nachdenken – das ist und bleibt eine Nazi-Partei. Sie ist rechtsextrem und alles, was sie als „Programm“ bezeichnet, ist keins. Die NPD ist der traurige Rest von unverbesserlichen Rassisten und Faschisten, die alles, aber niemals eine rechtstaatliche-demokratische Ordnung erreichen wollen. Diese Partei hat keine programmatischen Inhalte außer Hetze gegen andere, ob Politiker oder Ausländer. Auf der anderen Seite hetzten Linke, Grüne, Sozialdemokraten gegen Rechte und alle, die nicht ihrer Meinung sind – dann auch gegen Journalisten. Der Bürger erkennt im wesentlichen nur Hetzer – egal von welcher „Seite“.
Die Zahl der Fremdenfeinde wächst
Eigentlich sollte man fünf Rechtsradikale in der Bedeutungslosigkeit verschwinden lassen. Es kommen nie Bürger zu deren Veranstaltungen, die sagen: „Ja, Ihr seid richtig, Ihr seid unsere Partei“. Es kommen immer nur, mal mehr, mal weniger, Leute, die Krach machen und sich inszenieren im „Kampf gegen rechts“ – doch der wird nicht bei solchen „Zusammenkünften“ entschieden, nicht mit Stinkefingern und Beleidigungen, sondern im politischen Alltag.
Das Versagen der angeblichen Antifaschisten ist, dass die Fremdenfeindlichkeit steigt, statt sinkt – trotz ihres angeblich so engagierten Kampfs gegen Rechts. Wir haben schon mehrfach berichtet, dass 25-30 Prozent der deutschen Bevölkerung fremdenfeindlich sind. Das ist empirisch nachgewiesen. Ein Viertel bis fast ein Drittel der Bevölkerung ist also empfänglich für Parolen rechter Parteien. Hier wollen die AfD und die neue Partei ALFA des AfD-Gründers Bernd Lucke Wähler finden.
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind tief verankert in der Gesellschaft – quer durch alle Bevölkerungsschichten. Richter, Polizisten, Bürgermeister, Angestellte, Bürger – überall findet man die „Vorurteilskultur“, die Ablehnung, die Aggression gegenüber allem Fremden. Eine Million neue „Fremde“ innerhalb eines Jahres wird diesen Parteien viele Wähler bringen.
Abwanderung von links nach rechts
Das „linke“ Lager weiß das nur zu gut. Der SPD-Politiker Sigmar Gabriel fischt am rechten Rand ebenso wie der Rest der SPD. Bis heute darf der Rassist Thilo Sarrazin Mitglied dieser Partei sein. Dieses inkonsequente Verhalten bestärkt den strukturellen Rassismus in der Bevölkerung, die sich mehr und mehr von den etablierten Parteien abwendet. Und die Bundes-SPD ist mitverantwortlich für die Verschärfung des Asylgesetzes – vollständig diametral zur angeblichen „Willkommenskultur“ an der Basis.
1990 hatte die SPD 943.000 Mitglieder – aktuell sind es nur noch knapp 460.000. Die älteste demokratische Partei Deutschlands hat es also geschafft, sich in 25 Jahren zu halbieren, was die Mitglieder angeht. Wo sind diese hin? Viele zu Die Linke, einige zu Bündnis90/Die Grünen, die allermeisten aber haben der Sozialdemokratie ersatzlos den Rücken zugewandt.
Und seit zwei Jahren verliert die Partei Mitglieder und Stimmen an die Alternative für Deutschland. Nach Angaben der Forschungsgruppe Wahlen, erhielt die AfD bei der Bundestagswahl 2013 180.000 Stimmen früherer SPD-Wähler.
SPD verliert weiter und könnte doch als „Profiteur“ weiter mitregieren
Nach aktuellen Umfragen wird die AfD im März 2016 mit den Landtagswahlen in den Landtag einziehen. Die Prognosen liegen zwischen fünf und acht Prozent. Sollte die rechtskonservative Partei den Einzug schaffen, dann mit Sicherheit auf Kosten der SPD, die nach dem schlechten Ergebnis von 2011 mit 23,1 Prozent nun auf erbärmliche 17 Prozent in den Umfragen abgesunken ist.
Umgekehrt könnte die SPD vom Einzug der AfD profitieren – denn das würde eine mehrheitsfähige Koalition von CDU und FDP vermutlich verhindern, sollte der FDP überhaupt der Einzug gelingen. Eine schwarz-grüne Koalition ist sehr unwahrscheinlich, zu feindlich stehen sich die Parteien gegenüber. Also wird die CDU mit der SPD zusammengehen und zwar als sehr dominanter „Partner“. Nach aktuellen Umfragen erreicht sie 39 Prozent und ist damit mehr als doppelt so stark wie die SPD. Das wird viele Posten kosten und weiteres Ansehen, weil die SPD als schrumpfende Partei wahrgenommen wird, die sich weniger für Inhalte, dafür umso mehr für den „Machterhalt“ und Pöstchen interessiert.
Das „rote Mannheim“ gibt es längst nicht mehr
In Mannheim kamen jüngst zu einer Veranstaltung des AfD-Spitzenkandidaten Jörg Meuthen 170 Bürger, zu einer Veranstaltung von Bernd Lucke im Reiß-Museum gar 240 Teilnehmer – das sind, gemessen an der Größe der Parteien und im Vergleich mit CDU- oder SPD-Veranstaltungen gigantische Erfolge. Zu SPD-Veranstaltungen verirren sich häufig nur wenige Dutzend Bürger.
Wenn Mannheimer SPD-Mitglieder, wie aktuell wieder geschehen, sich zudem als „feindlich“ gegenüber unserer kritischen Berichterstattung zeigen und Behinderungen der freien Berichterstattung durch gewaltbereite Linksaktivisten entschuldigen, wird sich die Stimmung in Mannheim weiter gegen die SPD drehen. Verantwortlich dafür ist die SPD selbst und niemand anderes.
Mannheim war mal eine SPD-Stadt – diese Zeiten sind lange vorbei und es ist nicht erkennbar, dass die Mannheimer SPD Inhalte hat, die die Mehrheit der Bürger erreicht. „Gegen Nazis“ sind alle vernünftigen Bürger, das ist kein Alleinstellungsmerkmal. „Für die Bürger“ hingegen vermissen immer mehr Bürger, deswegen verlieren alle etablierten Parteien zusehends an Unterstützung und Akzeptanz. Eine kritische Selbstreflexion, inwieweit die eigene Politik die Menschen zu rechten Parteien treibt, findet nicht statt.
Und die andauernde Diffamierung unserer Arbeit durch gewisse SPD-Mitglieder zeugt ebenfalls von einem massiven Realitätsverlust und einer offenbar strukturell vorhandenen antidemokratischen Pressefeindlichkeit, die nur akzeptiert, was auf Linie ist. Mit dieser kleinkarierten Kader-Mentalität wird sich die SPD weiter selbst beschädigen. Das ist äußerst bedauerlich für eine Partei, die sich eine freiheitliche Tradition auf die Fahne schreibt. Tipp: Lest mal, wofür Euer Oberbürgermeister eintritt.