Mannheim/Rhein-Neckar, 06. Januar 2015. (red/Gastbeitrag) Die sexuellen Übergriffe in Köln, Stuttgart und anderen Städten beschäftigen natürlich jeden Polizisten in Deutschland. Der Polizeigewerkschafter Thomas Mohr hat sich auf Facebook ebenfalls zu Wort gemeldet – außer Ärger über falsche Anschuldigungen. Wir dokumentieren seinen Beitrag.
Sehr geehrte Leserinnen und Leser des Rheinneckarblog,
ich habe mir lange überlegt, ob ich mich zu den Vorfällen in Köln oder Stuttgart äußern soll, denn ich bin kein „Pressesprecher“ der verantwortlichen Politik. Die ist jetzt gefragt und muss handeln. Da sollte man sich als Gewerkschaft eher neutral verhalten.
Die Polizei ist schuld? Unfassbar!
Aber, was mich unheimlich aufregt, sind Äußerungen von einigen Politikern, die gleich den Schuldigen gefunden haben! Die Polizei!
Das ist unfassbar, dass gerade die Verursacher von stetigem Personalabbau bei der Polizei nun die ersten sind, die mehr Polizei fordern.
Ein Politiker aus Köln, ich nenne bewusst mal nicht seinen Namen, äußert, dass er nicht verstehen kann, dass die Polizei an Silvester so „schwach“ (seine Worte) aufgestellt war. Für ihn wäre es selbstverständlich und auch machbar gewesen, dass an „Silvester“ da „alle“ verfügbaren Polizisten Dienst hätten machen müssen. Das erwarte der Bürger.
Ich habe es mir dann nochmal angeschaut um sicher zu sein, das ich richtig gehört habe.
Unglaublich und völlig praxisfremd. Fakt ist, dass gerade an Tagen, wie Silvester, die Mindeststärken auf den Dienststellen erhöht werden.
Massiver Stellenabbau
Und bitte liebe Politik! Hört auf den Bürgerinnen und Bürgern hier eine heile Polizeiwelt zu verkaufen. Polizisten sind nur „verfügbar“, wenn sie auch tatsächlich vorhanden sind.
In Baden-Württemberg wurden in den vergangenen Jahren, von der Vorgängerregierung, 1000 Stellen abgebaut. Bundesweit insgesamt soviel, wie die gesamte Berliner Polizei Personal hat. Das ist Fakt.
Aber sich vor die Kameras zu stellen und gleich mal klar stellen, obwohl die Ermittlungen noch andauern, dass die Täter nicht aus den Reihen der Flüchtlinge oder Asylbewerber stammen, ist nicht gerade professionell und nicht belegt.
Auch ich gebe nichts auf schnelle und pauschale Vorverurteilungen, weil mir in erster Linie egal ist, welche Personengruppe die Frauen sexuell bedrängt, verletzt und beraubt hat. Hier geht es mehr um eine Verletzung der Rechtsnormen und massive Straftaten gegen Menschen.
Wenn man Zeugenaussagen und den Angaben der geschädigten Frauen (ca. 90 Anzeigen wurden alleine in Köln erstattet) zuhört, ist von überwiegend nordafrikanischen Männern und Arabern die Rede.
Die Kölner Übergriffe sind nicht zu akzeptieren
Aber wie gesagt, darum geht es mir in erster Linie nicht. Auch, wenn es welche aus hiesiger Bevölkerung gewesen sind, ist eine solche Dimension und Respektlosigkeit gegenüber Frauen in unserem Rechtsstaat nicht zu akzeptieren.
In unserer Gesellschaft sind Frauen gleichberechtigt und werden respektvoll behandelt, wie im übrigen alle anderen Menschen auch, egal welcher Religion oder Kultur sie angehören.
Aber wer hier mit unserer demokratischen Gesellschaftsform, mit all ihren Rechtsnormen und Gesetzen nicht leben kann oder will und dabei straffällig wird, muss die Konsequenzen innerhalb unseres Rechtssystems spüren, egal woher er stammt oder kommt.
Die Polizei ist nicht der Sündenbock
Also liebe Politik. Bevor man erneut die Polizei wieder voreilig als „Sündenbock“ ausgewählt hat, wäre ein sachorientiertes und auf Fakten basierendes Handeln angebrachter.
Die Bürgerinnen und Bürger schauen derzeit auf sie, die Politik, wie sie mit der Situation umgehen werden!
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Mohr
Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Mannheim
Anm. d. Red.: Mit freundlicher Genehmigung des Autors. Der Text ist zunächst auf dessen Facebook-Seite veröffentlicht worden.