Rhein-Neckar/Köln, 05. Januar 2016. (red) Ganz Deutschland schaut nach den massiven Übergriffen auf Frauen durch mutmaßlich „nordafrikanische“ Männer auf Köln. Heute haben Stadt und Polizei eine gemeinsame Pressekonferenz gegeben. Die Vorfälle der Silvesternacht sind längst nicht aufgearbeitet und Köln rüstet auf, um den Karneval zu schützen.
Wir lassen uns den Karneval nicht nehmen,
war der zweite Satz der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf der heutigen Pressekonferenz. Der erste lautete:
Es wird solche Vorfälle nicht mehr geben.
Die Stadt Köln werde künftig bei Großversammlungen ohne Veranstalter, also „Feiern aller Art“ als „fiktiver Veranstalter“ auftreten und alle damit verbundenen Sicherheitsauflagen umsetzen, kündigte die Oberbürgermeisterin an.

Henriette Reker, Oberbürgermeisterin von Köln. Quelle: Henriette Reker
Sicherheitsmaßnahmen zu Karneval
Dazu gehören Security-Kräfte, das Ausleuchten dunkler Stellen, Ansprechpartner, Informationen an die teilnehmende Bevölkerung. „Frauen und Mädchen werden wir über richtiges Verhalten informieren, auch über unsere Internetseite“, sagte Frau Reker, die deutlich angespannt wirkte.
Interessant waren die Auskünfte von Polizeipräsident Wolfgang Albers. Nach seiner Darstellung gibt es bislang rund 90 angezeigte Straftaten, darunter viele Kombinationen von sexuellen Übergriffen und Eigentumsdelikten. Aber keine Verhaftungen. Es gäbe auch noch keine Tatverdächtigen.
Ablauf der Vorgänge
Der Leitende Polizeidirektor Michael Temme skizzierte den Ablauf so: Bereits gegen 21 Uhr hatten sich rund 400-500 junge Männer zwischen 18 und 35 Jahren auf dem Bahnhofsvorplatz und der zum Domplatz führenden Treppe versammelt. Dabei wurde reichlich Alkohol getrunken. Es sei zum unkontrollierten Einsatz von Pyrotechnik gekommen. Bis 23 Uhr habe sich die Zahl der Männer auf rund 1.000 Personen gesteigert:
Die Stimmung wurde immer aggressiver, völlig enthemmt und unbeeindruckt durch polizeiliche Maßnahmen.
Die Polizei habe sich dann zur Räumung des Bahnhofsvorplatzes entschlossen und ein Betretungsverbot bis 0:45 Uhr durchgesetzt.
Sexuelle Übergriffe
Zu den zahlreichen sexuellen Übergriffen soll es davor, aber auch danach gekommen sein. Einer erfülle nach Rechtslage den Tatbestand der Vergewaltigung.
Insgesamt habe es nur drei 110-Notrufe gegeben – möglicherweise, weil Personen in Notlagen ihr Mobiltelefon aus Angst vor Diebstahl nicht herausholen wollten oder diese bereits entwendet waren.
Laut Polizeipräsident gebe es keine Festnahmen in Zusammenhang mit den Übergriffen. Er betonte:
Es gibt keine 1.000 Täter. Das war die ungefähre Zahl der Männer. Es gibt 90 Anzeigen und wie viele Tatverdächtige es gibt, müssen die Ermittlungen zeigen. Aktuell haben wir keinen Tatverdächtigen. Einzelne Straftäter können mehrere Taten begangen haben, einzelne Taten von mehreren Straftätern begangen worden sein.
Insgesamt habe es rund 100 Identitätsfeststellungen gegeben. Darunter auch viele, die „Flüchtlingspapiere“ vorzeigten. Ob diese Männer oder andere tatverdächtig sind, sei unklar.
Die Polizei habe erst nach und nach mitbekommen, dass es zahlreiche sexuelle Übergriffe gegeben hatte. Frauen wurden dann auf der Straße angesprochen und auf die Gefahrenlage hingewiesen, teils wurden sie bis zum Bahnhof begleitet.
Können Täter nicht identifiziert werden?
Im Bahnhofsbereich ist die Bundespolizei zuständig. Bei der Pressekonferenz nahm kein Vertreter teil. Damit ist unklar, ob und wie viele sexuellen Übergriffe es im Bahnhofsbereich gab. Man kann von Übergriffen ausgehen, weil das Bahnhofsgebäude zeitweise von einer dichten Menge gefüllt war. Da die Polizei keine Videoausrüstung im Einsatz hatte, konnte sie auch nicht „von oben in die Gruppen gucken“.
Ob die Ermittlungen erfolgreich sein werden, weiß zur Zeit niemand. Die Polizei wertet Videomaterial aus und bittet Zeugen, sich zu melden und Videos der Polizei zu überlassen. Ein sehr großes Problem wird sein:
Die Opfer haben fast alle angegeben, dass sie nicht in der Lage sind, Tatverdächtige zu identifizieren.
Polizeipräsident Albers sagte:
Ich halte es für notwendig, dass straffällige Ausländer die Bundesrepublik Deutschland verlassen müssen.
Dies sei aber schwierig durchzusetzen, wenn die Menschen keine Papiere hätten. Verschiedene „bekannte“ kriminelle Banden halten die Kölner Polizei seit geraumer Zeit in Atem.
Im Februar feiert Köln Karneval – diese Veranstaltung soll stattfinden, wird aber von massiven Sicherheitsmaßnahmen begleitet:
Wir wollen hier auf keinen Fall ein Unsicherheitsgefühl bei den feiernden Teilnehmern,
sagte Oberbürgermeisterin Reker. Deshalb erarbeite die Stadt mit der Polizei ein Sicherheitskonzept ähnlich wie bei „Großlagen“, also Fußballspielen oder Demonstrationen.
Die Polizei wird Videoüberwachung einsetzen und sowohl uniformierte als auch Beamte in zivil einsetzen. Weiter werden Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten zum Zuge kommen. Man prüfe auch, ob bekannte Straftäter ein Bereichsbetretungsverbot ausgesprochen bekommen oder Meldeauflagen erfüllen müssten. Das sei juristisch schwierig, werde aber versucht. Hier waren vor allem Taschendiebe gemeint.
Die Stadt wollen zu einzelnen Sicherheitsmaßnahmen vor allem auf Information setzen – auch an Ausländer, sagte :
Wichtig ist, dass ausgelassene „Zuwendungen“ nicht falsch als „Einladungen“ verstanden werden.
Eine erste Polizeimeldung, nach der die Silvesterfeiern in Köln „friedlich“ verlaufen seien, bezeichnete der Polizeipräsident als „eindeutig falsch“. Die Meldung habe die Lage nicht zutreffend wiedergegeben.
Der Kölner Stadtanzeiger berichtete am 04. Januar von 15 Frauen, die sexuell belästigt worden sein sollen, darunter eine Zivilbeamtin, der in den Schritt oder in die Hose gefasst worden sein soll.
Am Sonntag seien fünf Personen verhaftet worden, zwei seien noch in Haft. Der Polizeipräsident betonte, dass man nicht wisse, ob diese Personen an den Belästigungen beteiligt waren. Sie wurden wegen Eigentumsdelikten festgenommen.
Polizeipräsident Albers stellte nochmals fest:
Dieses Phänomen ist neu für uns.
Oberbürgermeisterin Reke sagte daraufhin:
Phänomen ist ein zu verharmlosender Ausdruck.
Auch in weiteren Städten wie Hamburg, Berlin und Stuttgart gab es wohl sexuelle Übergriffe auf Frauen.
Ein Video von den Zuständen finden Sie bei Fokus online.
Welche Folgen die sexuellen Übergriffe von Köln auf unsere Region haben werden, prüfen wir gerade. Sicher ist, dass die Mannheimer Polizei sehr genau nach Köln schaut, um daraus möglicherweise Maßnahmen abzuleiten.
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