Mannheim, 05. April 2015. (red/pm) „Neue Sachlichkeit“ – diesen Namen hat Gustav Friedrich Hartlaub, damals Direktor der Kunsthalle, 1925 seiner Ausstellung über Deutsche Malerei seit dem Expressionismus gegeben. Der Titel sollte namensgebend für eine gesamte Epoche werden. Jetzt will die Kunsthalle an die eigene Geschichte anknüpfen. Am 11. Juni eröffnet die Ausstellung „Der kühle Blick“ mit Werken von Alexander Kanoldt, George Grosz und Franz Xaver Fuhr.
Information der Kunsthalle Mannheim:
„„Neue Sachlichkeit – Deutsche Malerei seit dem Expressionismus“ – so lautete der programmatische Titel, den Gustav Friedrich Hartlaub, Direktor der Kunsthalle Mannheim, seiner legendären Ausstellung im Jahr 1925 gegeben hat und der namensgebend werden sollte für eine ganze Kunstepoche.
Mit „Der kühle Blick. Graphik der Neuen Sachlichkeit“ (12.06. bis 06.09.2015) knüpft die Kunsthalle Mannheim an ihre eigene Geschichte an. Nach „Kraft der Linie, Graphik des Expressionismus“ ist es die zweite Ausstellung in der Graphischen Sammlung, seit diese im Februar 2015 wieder an ihrem angestammten Platz in den Räumen rund um die historische „Alten Bibliothek“ eröffnet wurde.
Ernüchterung statt Expression
Mit dem Begriff „Neue Sachlichkeit“ charakterisierte Gustav F. Hartlaub 1925 eine künstlerische Entwicklung, die sich entschieden von den apokalyptischen Visionen und den utopischen Heilserwartungen der Expressionisten abgrenzte.
Zutiefst ernüchtert und gezeichnet durch die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs setzten die neusachlichen Künstler statt auf eine expressive, dynamisch rhythmisierte Farb- und Formgebung auf eine objektivierende, detailgenau beschreibende und klare Darstellungsweise: „Es gilt die Dinge zu sehen, wie sie sind“, proklamierte Otto Dix bereits 1924.
Das Straßenbild der frühen 1920er Jahre war noch geprägt von den Folgen des Krieges, von Armut, Arbeitslosigkeit und Not, von versehrten und ausgezehrten Menschen, die in Zeiten von Inflation und Wirtschaftskrise alle materiellen und gesellschaftlichen Sicherheiten verloren haben.
Provokation und Purismus
Der gegen Mitte des Jahrzehnts wirksam werdende wirtschaftliche Aufschwung bildete die Grundlage der „Goldenen Zwanziger“. Ein rasanter Fortschritt mit Erfindungen wie dem Radio, dem Automobil und der elektrischen Straßenbahn veränderte den Alltag der Menschen. Ein neuer, selbstbewusster Frauentypus mit Bubikopf, kurzem Rock und Zigarettenspitze wurde geboren.
Während die so genannten „Veristen“ (wie George Grosz, Otto Dix, Rudolf Schlichter) unter den Künstlern der Neuen Sachlichkeit sich in ihren oft inhaltlich provokanten, antibürgerlichen Darstellungen mit dem tagespolitischen Geschehen auseinandersetzten, prägten die „Klassizisten“ (wie Alexander Kanoldt und Georg Schimpf) einen akademisch-konservativen, puristisch-strengen Stil.
Eine dritte Strömung wurde unter der Bezeichnung „Magischer Realismus“ gehandelt und galt als Brücke zum Surrealismus. Zu ihr zählten Künstler wie Georg Franz Radziwill und Niklaus Stoecklin.
Drei Leitmotive
In der Ausstellung „Der kühle Blick. Graphik der Neuen Sachlichkeit“ zeigt die Kunsthalle Mannheim Aquarelle, Zeichnungen und Druckgraphiken dieser drei Kunstströmungen, u.a. von George Grosz, Karl Hubbuch, Alexander Kanoldt, Rudolf Schlichter und Franz Xaver Fuhr.
Die rund 35 ausgewählten Stillleben, Porträts, Stadtansichten, Landschaften und politischen Motive gruppiert der Kurator Dr. Thomas Köllhofer unter „Moderne Welten“, „Stilles Leben“ und „Der kühle Blick“.“