Mannheim, 09. Februar 2015. (red/cb) Seit dem 06. Februar präsentiert die Kunsthalle Mannheim die neue Ausstellung „Der doppelte Kirchner. Die zwei Seiten der Leinwand“. Sie wird bis zum 31. Mai zu sehen sein. Die Kuratoren, Dr. Inge Herold und Dr. Thorsten Sadowsky, zeigen hier ein bisher wenig beachtetes Phänomen: Die Rückseitenbilder des Ernst Ludwig Kirchner. Mit einer Auswahl 17 Gemälden wird den Besuchern der Ausstellung vermittelt, welche vergessenen Werke es auf der Kehrseite mancher Leinwände zu sehen gibt.
Von Carolin Beez
Auch ich muss etwas sparen, aber Gott sei Dank, hat die Leinwand ja zwei Seiten.
wiederholt die Kuratorin der Kunsthalle Mannheim Dr. Inge Herold ein Brief-Zitat Ernst Ludwig Kirchners. Ob Geldnot jedoch wirklich die Erklärung dafür ist, dass der Maler bei insgesamt 138 Werken auch die Rückseite seiner Leinwände bemalt hat, ist fragwürdig.
Ernst Ludwig Kirchner gelte als einer der bedeutendsten deutschen Expressionisten und habe immer gewusst, was er mit seinen Werken erreichen will, sagt die Kuratorin.
Und was sich im ersten Moment absurd anhört, hat sich zu einer neuen und bisher nahe zu unbeachteten Kunstform entwickelt: Die Ausstellung „Der doppelte Kirchner. Die zwei Seiten der Leinwand“ präsentiert vom 06. Februar bis zum 31. Mai 17 verschiedene Rückseiten-Werke des Künstlers.
Versteckte Schätze kommen zum Vorschein
Die Idee zu einer solchen Ausstellung sei im Jahr 2010 in der Kunsthalle selbst entstanden, sagt die Direktorin Dr. Ulrike Lorenz. Bei der Restauration des Bildes „Gelbes Engelsufer, Berlin“ kam auf der Rückseite die Abbildung eines Marokkaners zum Vorschein. Doch auch wenn den Kuratoren die Existenz dieses Rückseitenbildes bekannt war blieb sie der Öffentlichkeit bis zur Eröffnung der Kirchner-Ausstellung doch unbekannt.
Es sei keine Seltenheit, dass Künstler auf der Rückseite der eigenen Werke ein weiteres Gemälde platzieren, sagt Dr. Thorstem Sadowsky aus dem Kirchner Museum Davos. Allerdings habe Kirchner dieses Phänomenin in einer solchen Intensität praktiziert, dass die Kunsthalle Mannheim die Rückseitenbilder jetzt als eine eigene Werkkategorie aufführt.
Viele unbeantwortete Fragen
Die Ausstellung wirft die Frage auf: „Warum bemalt Kirchner eigentlich die Rückseite seiner Leinwände?“. Und die Antwort darauf ist nicht schnell gefunden. Denn auch wenn die mögliche Geldnot und der Materialmangel, wie oben in dem Zitat Kirchners beschrieben, eine mögliche Erklärung wäre, hält Dr. Lucius Grisebach, der wissenschaftliche Berater der Kuratoren, sie nicht für die einzige.
Kunsthistoriker sehen sich außerdem mit der Frage konforntiert, welche Seite denn jetzt eigentlich nach vorne und welche nach hinten soll? Und verletzt man die Urheberrechte des Malers wenn man die Rückseite des Bildes veröffentlicht, obwohl das vielleicht nie seine Absicht war? Und hat es eine Bedeutung, welches Bild auf der Rückseite des ursprünglichen Gemäldes zu sehen ist?
Kirchner macht es einem nicht leicht
sagt Herr Dr. Grisebach. Der Künstler male zwar viele qualitativ hochwertige Bilder, lasse dem Betrachter allerdings keine Chance ein Muster oder eine besondere Verbindung zwischen der Vorder- und Rückseite seiner Werke zu erkennen. So malt er zum Besispiel ein Bild auf der Vorderseite im Hoch- und auf der Rückseite im Querformat.
Die Kunsthalle Mannheim zieht es deswegen vor, die Bilder im Laufe der Ausstellung (am 31. März) zu drehen, sodass die Besucher die Möglichkeit haben jede Seite einmal in der richtigen Position zu betrachten. Die Bilder seien in der Ausstellung chronologisch und – soweit das möglich ist – nach dem Willen des Malers aufgestellt, sagt Frau Dr. Lorenz.