Rhein-Neckar/Köln, 04. Januar 2017. (red/pro) Nach dem Silvestereinsatz der Polizei Köln wurden schnell Rassismus-Vorwürfe wegen der Verwendung der Abkürzung “Nafri” laut. Der Mannheimer Polizist und Polizeigewerkschafter Thomas Mohr kommentierte kurz und knapp auf Facebook – und erntet eine riesige Zustimmung. Mittlerweile ruderte insbesondere die Grünen-Vorsitzende Simone Peter zurück und es heißt nun, es sei keine Kritik geäußert worden, sondern man habe nur “demokratisch in Frage gestellt”. Im Gespräch erläutert Thomas Mohr die Motivation für seinen Post, die Reaktionen seiner Kollegen und der Kommentatoren und was er von der Debatte hält.
Interview: Hardy Prothmann
Herr Mohr, was hat Sie angetrieben, den Einsatz in Köln zu kommentieren?
Thomas Mohr: Das war wieder dieser falsche Film. Im vergangenen Jahr wurde die Polizei abgewatscht, weil sie nicht ausreichend genug aufgestellt war. Dieses Jahr war sie das und das ist auch nicht recht und dann wird uns auch noch pauschal Rassismus vorgeworfen. Nein, habe ich mir gesagt, so geht das nicht und kommentiert.
Aber Tatsache ist doch, dass eine große Zahl an Männern mit einem gewissen Aussehen gekesselt worden sind.
Mohr: Ja selbstverständlich. Das ist eine Aufgabe der Polizei. Wenn sich Menschen in großer Zahl anschicken, sich unangemeldet in großer Zahl zu versammeln und man aufgrund von Erfahrungswerten davon ausgehen kann oder muss, dass von dieser Menge eine mögliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausgeht, dann unternimmt die Polizei geeignete Maßnahmen, um das zu verhindern.
Also trifft es zu, dass nach “äußerlichen Merkmalen” selektiert wurde?
Mohr: Nach was denn sonst? Dazu kommen polizeiliche Erkenntnisse der szenekundigen Beamten. Das machen wir auch bei Hooligans oder Antifa-Aktivisten in schwarzen Klamotten oder anderen erkennbaren Merkmalen. Falls jemand in einen Kessel gerät, in den er nicht gehört, dann kommen die da auch zügig wieder raus. In Köln wurden bestimmte Personengruppen kontrolliert, es gab fast 200 Platzverweise und weitere polizeiliche Maßnahmen – in Summe ist doch wohl deutlich geworden, dass die Auswahl eine ziemlich hohe Trefferquote erbracht hat. Der Rest konnte gehen. Und: Das darf man nicht vergessen – die hohe Polizeipräsenz hat mit Sicherheit dafür gesorgt, dass niemand auf dumme Gedanken gekommen ist. Denn Gruppen aller Art merken sofort, ob die Polizei ausreichend aufgestellt ist oder nicht.
Trotzdem steht jetzt der Rassismus-Vorwurf im Raum?
Mohr: Ja – weil irgendwelche Leute, die keine Ahnung von Polizeiarbeit haben, aber gleich mal so ihre Meinung haben und die Welt hinausposaunen. Eine prominente Grünen-Politikerin ist ja offensichtlich bereits zurückgerudert.
Um das klar zu stellen – Ihr Facebook-Kommentar, war der privat oder “dienstlich”?
Mohr: Den habe ich in meiner Funktion als Vorsitzender des GdP-Bezirksverbands Mannheim abgegeben und beruflich auf der Basis meiner 32-jährigen beruflichen Erfahrung als Polizeibeamter – also nicht für die Polizei, ich bin kein Polizeisprecher, sondern für eine Berufsvertretung der Polizei.
Wie bewerten Sie also die Kritik an dem Kölner Einsatz?
Mohr: Ich halte das für skandalös, weil auf dem Rücken der Polizei, die nachweislich nach den schlimmen Ereignissen vor einem Jahr dafür gesorgt hat, dass die öffentliche Sicherheit in Köln auch nicht ansatzweise gefährdet war, nun Politik gemacht wird und wir als Sündenbock herhalten sollen. Das wird auch innerhalb des Kollegenkreises ganz überwiegend so gesehen und wenn Sie sich die Resonanz auf den Facebook-Kommentar anschauen, auch von Tausenden von Bürgerinnen und Bürgern.
Und der Begriff “Nafri” – ist der unglücklich oder nicht?
Mohr: Der Kölner Polizeipräsident hat sich dazu geäußert. Ganz glücklich war die Verwendung nicht, aber: Die Polizei verwendet eine Vielzahl von Abkürzungen und Codes. Aus unterschiedlichen Gründen. Wir werden abgehört und es soll nicht jeder verstehen, was wir kommunizieren. Viel wichtiger ist aber, dass wir schnell kommunizieren. Dafür haben wir Abkürzungen und Codes, wie andere Berufsgruppen auch. Wenn beispielsweise eine “Hawege” kontrollieren, dann ist das eine Dame mit vermutlich “Häufig wechselndem Geschlechtsverkehr” – wir benutzen nicht das N-Wort, nicht das P-Wort oder eine andere allgemeinsprachliche Bezeichnung für dieses “Gewerbe”, sondern eben “Hawege”. Ist das jetzt diskriminierend? Es ist praktisch. Nichts weiter.
Nochmal: “Nafri” meint aber nicht “Hawege”, sondern eine Herkunft.
Mohr: Ja, das macht die Verwendung problematisch, denn nicht alle in dieser Gruppe waren “Nordafrikanische Intensivtäter” – damit wurden über Twitter womöglich Personen bezeichnet, die nicht dieser mutmaßlichen Einordnung als Intensivtäter entsprochen haben. Ich halte die öffentliche Verwendung für unglücklich, aber ansonsten sollte man den Ball flach halten und die Bezeichnung als das nehmen, was sie ist – ein Arbeitscode. Wer daraus einen grundsätzlichen Rassismus der Polizei stricken will, hinterfragt nicht konstruktiv Polizeiarbeit, sondern will Polizei grundsätzlich als Rassisten schmähen.
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