Rhein-Neckar, 03. Dezember 2014 (red/cb) Das Leben eines Landtagsabgeordneten ist anstrengend und bis obenhin vollgestopft mit Terminen. Manfred Kern findet seine Entspannung in der Musik. Der Politiker muss viel Pendeln und steht oft unter Druck, findet aber trotzdem immer wieder Zeit für sein Hobby.
Von Carolin Beez
Seit dem ersten September absolviere ich ein FSJ Kultur bei Rheinneckarblog.de und schon nach nur einem Monat schickt mich mein Chef Hardy Prothmann in den Stuttgarter Landtag – damit hatte ich nicht gerechnet. Meine Aufgabe: Hingehen, zuhören und danach das Erlebte zu Papier bringen.
Insgesamt war ich an drei Tagen im Landtag. Zuerst zwei Tage im Oktober und dann noch einmal am 26. November zur Plenarsitzung. „Mein“ Abgeordneter, den ich für diese drei Tage in seiner Arbeit begleiten durfte, war Manfred Kern von den Grünen.
Immer im Stress
Er ist der kulturpolitische Sprecher. Doch als ich am ersten Tag in Stuttgart ankomme, ist Herr Kern zuerst gar nicht da. Denn – das merke ich schnell – Politiker haben so viele Termine, dass sie nie lange an einem Ort bleiben können.
Im Büro des Abgeordneten stapeln sich schon die Einladungen zu Konzerten, Ausstellungen, Treffen mit anderen Politikern oder auch zu den normalen Fraktionssitzungen. Manfred Kern sitzt mit im Arbeitskreis Kultur und ist für den Bereich der Denkmalpflege zuständig.
„Der Musikalische Steuerberater“
Er sagt, das passe perfekt zu ihm, denn in seiner Freizeit macht er leidenschaftlich gern Musik und spielt auch in einer eigenen Band. Als zweites Standbein betreibt Manfred Kern mit einem Partner sein eigenes Steuerbüro in Schwetzingen.
Er selbst betreut seine Kunden allerdings nur noch selten.
Politiker ist ein zeitlich begrenzter Beruf, vielen Abgeordneten fällt es schwer wieder in Berufsleben einzusteigen, wenn sie nicht mehr wieder gewählt werden.
erklärt mir Claudia Krüger, die „rechte Hand“ des Abgeordneten.
Als ich an meinem ersten Tag in den Landtag kam, wusste ich überhaupt nicht, was mich erwartet. Ich dachte an viele förmliche und oberflächliche Gespräche, mit Leuten die sich für sehr wichtig halten und wahrscheinlich auch sind.
Als ich dann aber ins Büro von Manfred Kern kam, war ich sehr erleichtert. Claudia Krüger, kam freundlich auf mich zu, führte mich durch den Bereich der grünen Fraktion und beantwortete mir alle meine Fragen.
Sie sitzt im Büro, gibt Antworten auf Emails oder Einladungen, schreibt Pressetexte und hält hier die Stellung, wenn Herr Kern unterwegs ist.
Als Herr Kern dann in das Büro hineinspaziert bin ich ebenfalls erleichtert. Vor mir steht ein 53-jähriger Mann mit Glatze, der einem ein wenig chaotisch vorkommt. „Ich bin der Manfred“ sagt er und streckt mir die Hand entgegen.
Landtagschor in der Mittagspause
Für eine kleine Entspannung in der Mittagspause sorgt bei Herr Kern dann der Landtagschor. Und in solchen Posen wie hier habe ich einen Abgeordneten wohl noch nie gesehen.
Zur Aufwärmung und Lockerung der Stimmbänder laufen die Mitglieder des Chors durch den Raum, werfen die Hände in die Luft und singen die Tonleitern von oben bis unten. Später habe ich dann auch noch das Vergnügen mit Manfred Kern zusammen zu singen.
Diese Entspannung ist wohl dringend nötig.
Denn in den Ausschüssen kann der Ton schon mal ziemlich rau werden, scherzt Herr Kern, viele Parteien versuchen zu taktieren und das führt dann zu Diskussionen. Das käme besonders dann vor, wenn finanzielle oder wirtschaftliche Themen besprochen werden.
Respektloser Umgang unter den Politikern
Mit ist in den Ausschüssen nicht unbedingt ein rauer Ton aufgefallen, sondern eher ein respektloser Umgang miteinander. Wenn sich die Abgeordneten gegenseitig nicht ausreden lassen oder erst gar nicht zuhören, sondern mit ihrem Smartphone beschäftigt sind oder mit Kollegen erzählen.
Es ist wie früher in der Schule, nur dass es hier keinen Lehrer gibt, der dann sagt „Jetzt seid ihr still, packt das Handy weg und lasst einander ausreden!“. Auf der anderen Seite konnte ich es nach einer Weile wirklich nachvollziehen.
Das genervte Stöhnen kann man sich kaum verkneifen
Gerade in der großen Plenarsitzung, in der alle Parteien zusammen kommen, kann man schon als Außenstehender teilweise nicht anders und muss genervt aufstöhnen, wenn hier Tatsachen verdreht werden oder Fakten einfach verschleiert werden, nur damit die eigene Strategie wieder ins Bild passt.
Und es ist schon eine Leistung der Fraktionsmitglieder, sich vier Stunden – so lange dauert die Plenarsitzung an einem guten Tag – intensiv mit einer Sache auseinanderzusetzen. Gerade wenn es dabei um Entscheidungen geht, die das ganze Land Baden-Württemberg betreffen.
Inhalte bleiben geheim
Leider darf ich nicht über die Inhalte schrieben, die in den vielen Ausschüssen, Besprechungen und Sitzungen thematisiert wurden. Aber das Leben eines Abgeordneten zu verfolgen und einen Einblick in den Landtag Baden Württembergs zu bekommen war auch so schon eine Erfahrung wert. Und ziemlich beeindruckend.