Rhein-Neckar/Stuttgart, 01. Dezember 2014. (red/cb) In der Plenarsitzung des Landtags am vergangenen Mittwoch, musste sich der Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) vor den Mitgliedern der verschiedenen Fraktionen behaupten. Die CDU hatte aufgrund eines Todesfalls in der JVA Bruchsal einen Antrag auf die Entlassung des Ministers gestellt.
Von Carolin Beez
Im August kam es in der JVA Bruchsal zu einem folgenschweren Vorfall. Ein Häftling kam nach einem Hungerstreik, der über mehrere Tage andauerte, ums Leben. Danach stellten sich der Öffentlichkeit und auch den Landtagsabgeordneten viele Fragen.
Wie kann es passieren, dass sich ein Mensch sich in einer bewachten Gefängniszelle zu Tode hungert? Warum hat keiner der Justizvollzugsbediensteten eingegriffen? Hätte hier eine Zwangsernährung stattfinden müssen?
Diese Fragen werden jedoch erst nach den abgeschlossenen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beantwortet werden können. Hierbei wird ermittelt, ob der Gefangene vor seinem Tod noch nach seinem freien Willen handeln konnte. Und ob das Verhalten der Vollzugsbediensteten zu dem Tod des Häftlings geführt hat oder nicht.
Ist der Justizminister schuld?
Unterdessen beschäftigen sich die Politiker im Landtag Baden-Württemberg mit der Frage, ob dem Justizministerium eine Schuld zuzuweisen ist. Insbesondere Justizminister Rainer Stickelberger (SPD).
Laut Peter Hauck (CDU) habe der Justizminister in der Aufsicht der Bediensteten und in der Aufklärungsarbeit der Öffntlichkeit versagt. Die CDU warf Herrn Stickelberger vor, er habe Informationen zurückgehalten und verschleiert. Die bekannten Informationen über der Sachverhalt seien allein durch die Berichtsanträge der CDU und Pressemitteilungen bekannt geworden, sagt Herr Hauck weiter.
Über ein viertel Jahr in Einzelhaft
Schon weit vor dem Tod des Häftlings sei in dem Gefängnis nicht alles richtig gelaufen. Mehr als ein viertel Jahr habe der Gefangene rechtswidrig in Einzelhaft verbracht, da auf den Antrag der JVA keine Rückmeldung des Ministeriums folgte, sagt Herr Hauck. Aufgrund dieser Vorwürfe, stellte die CDU im Landtag den Antrag auf die Entlassung des Ministers.
Die Landesfraktion der Grünen befand den Antrag dagegen als nicht angemessen. Edith Sitzmann erklärte, die Partei halte es für wichtig, dass der Hungertod des Häftlings aufgeklärt werde und Konsequenzen gezogen werden.
Es wurde bei den Beiträgen der Grünen, als auch bei der SPD deutlich, dass die CDU sich nicht ausreichend mit den bereits getroffenen Konsequenzen Verbesserungen für Einzelhaft , die der Minister nach dem tragischen Vorfall getroffen hat, eingegangen ist.
Dies wurde später auch von Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) selbst bemängelt. Er habe zu den Vorkommnissen bereit ausführlich Stellung genommen. Die CDU habe das allerdings nicht berücksichtigt.
Ich habe sehr wohl informiert und die Maßnahmen, die wir getroffen haben, die ziehen wir jetzt auch durch!
Herr Stickelberger habe, nachdem der Vorfall bekannt worden war, unmittelbar gehandelt und den Anstaltsleiter entlassen.
Die SPD und die Grünen sind sich einig, dass es in Zukunft einen großen Bedarf an einer größeren Kontrolle und mehr Abstimmung zwischen den Vollzugsanstalten und dem Justizministerium geben wird.
Es wurde außerdem bemerkt, dass der Justizminister sowohl in den Ermittlungen als auch in der Kundgabe an die Öffentlichkeit nicht der Verantwortliche sei – stattdessen sei hier die Staatsanwaltschaft verantwortlich.
Dr. Ulrich Goll (FDP) – Justizminister der vorherigen Regierung – erklärte in seiner Rede:
Ich halte Herr Stickelberger für einen der fähigsten Männer der Bundesrepublik.
Man könne ihm zwar vorwerfen, er habe einen Fehler gemacht, doch seine Entlassung würde keine Verbesserung erziehlen.
Rainer Stickelberger (SPD) sprach für die Landesregierung und kritisierte nach einer kurzen Stellungnahme, dass es auf der bisherigen Rechtsgrundlage keine ausreichenden Richtlinien gäbe. Er habe in diesem Fall so gehandelt, wie es im Justizministerium seit langem praktiziert wird.
Der Justizminister darf bleiben
Bei der Abstimmung stimmten die Grünen und die Mitglieder der SPD gegen die Entlassung des Justizministers. Die FDP enthielt sich. Lediglich die CDU stimmte für die Entlassung.
Der Antrag erhielt keine Zwei-Drittel-Mehrheit und wurde so mehrheitlich abgelehnt. Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) bleibt weiterhin in seinem Amt tätig.