Hemsbach, 03. März 2015. (red/pm) Bürgermeister Jürgen Kirchner und Hasan Sarica, der Vorsitzende der Türkisch-Islamischen Gemeinde Weinheim e.V., trafen sich vergangene Woche zu einem Gedankenaustausch im Hemsbacher Rathaus. Ergebnis des Gesprächs: Eine Vielzahl neuer Ideen und neue Kooperationen.
Information der Stadtverwaltung Hemsbach:
„Für Hasan Sarica ist es gar keine Frage: „Das macht das Ganze noch bunter“, freut sich der Vorsitzende der Türkisch-Islamischen Gemeinde Weinheim e.V. auf den „Zuwachs“ aus Hemsbach. Zwölf im dortigen Luisenhof untergebrachte Flüchtlinge muslimischen Glaubens dürfen nämlich jetzt in der Mevlana Moschee ihre Freitagsgebete abhalten und auch weitere Angebote nutzen.
Sarica war vergangene Woche zu Besuch im Hemsbacher Rathaus und traf sich dort zu einem Gedankenaustausch mit Bürgermeister Jürgen Kirchner, der das Gespräch angeregt und dazu eingeladen hatte, und Rathausmitarbeiter Thomas Pohl, der sich um sämtliche Belange und Aufgaben rund um die Flüchtlingsthematik kümmert. Pohl war es auch, der den Kontakt zur Weinheimer Moschee-Gemeinde herstellte und als weiteren „Netzwerkpartner“ gewinnen konnte.
Hemsbach will Grenzen überwinden
Damit setzt die Stadt Hemsbach ein weiteres positives Zeichen in Sachen Asylbewerberbetreuung und Willkommenskultur. „Es ist ein Thema, das uns alle angeht und das wir deshalb auch gemeinsam angehen müssen“, sieht Kirchner Kooperationen verschiedener gesellschaftlicher Akteure als beste Möglichkeit, die Grundlagen für eine Integration von Menschen aus anderen Kulturkreisen zu schaffen. Und wo sollte man da ansetzen, wenn nicht bei jungen Menschen? „Je früher wir Grenzen überwinden, desto besser. Deshalb möchten wir vor allem die Jugendlichen abholen. Jugendliche begegnen sich offen und ehrlich, sie sind direkt und unbefangen“, erklärt Sarica.
Dass eine erfolgreiche Integration in jungen Jahren anfangen muss, ist einer der Leitgedanken der Weinheimer Gemeinde, weshalb die Jugendarbeit ein Schwerpunktbereich ist. Die Türkisch-Islamische Gemeinde Weinheim e.V. gehört zum bundesweiten Dachverband Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V., abgekürzt DITIB, und trägt daher auch den Namen DITIB Weinheim.
Zu einer ersten – übrigens nicht organisierten, sondern vielmehr spontan-zufälligen und ungezwungenen – Begegnung zwischen den Hemsbacher Flüchtlingen und jungen Mitgliedern des Vereins ist es schon gekommen. Thomas Pohl kann bestätigen: „Die Hautfarbe oder Nationalität spielte keine Rolle. Wichtig waren der Austausch und die gemeinsamen Interessen.“
Jugendarbeit soll interkulturellen und interreligiösen Dialog befördern
Auf interkulturellen und interreligiösen Dialog wird in der Mevlana-Gemeinde grundsätzlich großer Wert gelegt. Hasan Sarica betont, dass in diesem Rahmen die offene Arbeit insbesondere im Jugendbereich eine wichtige Rolle spiele. Deshalb werden neben Bildungsseminaren oder der Betreuung und Beratung durch pädagogische Fachkräfte ebenso umfangreiche Freizeitangebote wie religiöse, soziale, kulturelle und sportliche Aktivitäten bereitgehalten. Viele Jugendliche der Moschee sind Mitglieder im Stadtjugendring und arbeiten gemeinsam mit Altersgenossen christlichen Glaubens in verschiedenen Projekten. „Da ist richtig Leben drin“, so Sarica.
Und es könnte noch mehr reinkommen: Jürgen Kirchner regte nämlich an, mit dem Hemsbacher Jugendzentrum Kontakt aufzunehmen. „Es gibt hier sehr viele Berührungspunkte“, so der Rathauschef. Sarica versprach, diesen Vorschlag aufzugreifen. Freilich verlief bisher auch nicht alles reibungslos, wenngleich die Probleme eher praktischer Natur waren und durch den Einsatz von Thomas Pohl schnell gelöst werden konnten. So etwa die Terminkollision zwischen dem Unterricht in der Hans-Freudenberg-Schule und dem Beginn des Freitagsgebets in der Moschee.
Bürgerinnen und Bürger engagieren sich ehrenamtlich
Auch manch logistische Hürde konnten genommen werden: Güller Yildiz übernimmt den Fahrdienst von der Schule zur Moschee in der Nordstadt. Vereinskollegen haben sich ebenfalls bereit erklärt, Fahrten zu organisieren. Wer die Schule nicht besucht, kommt mit dem Bus – oder bei bald steigenden Temperaturen mit dem Fahrrad, ein unter den Hemsbacher Asylbewerbern äußerst beliebtes Verkehrsmittel. Die teilweise sehr kuriose Routenwahl nach Weinheim konnte mithilfe von Lauftreff-Mitgliedern korrigiert werden, indem man gemeinsam mit den betreffenden Flüchtlingen die Radwege abgefahren ist – auch dies ein Beispiel unter vielen für das ehrenamtliche Engagement von Bürgerinnen und Bürgern.
Für Pohl sind die Freitagsgebete der Schlüssel, um das Interesse an weiteren Angeboten der Moschee-Gemeinde zu wecken und zu befriedigen. Die betreffenden Flüchtlinge seien gut sozialisiert, bildungshungrig und festen Willens, sich zu integrieren. Die jungen Mitglieder der Moschee-Gemeinde könnten hier Vorbilder sein. Hasan Sarica erklärte, dass es wichtig sei zu wissen, welchen Background die Flüchtlinge mitbrächten. „Dann kann man sich darauf einstellen und auch verhindern, dass Misstrauen entsteht.“ Wie Pohl hat er dabei insbesondere die Flüchtlinge im Blick, die noch kommen werden.
Austausch zwischen Kommunen und Initiativen wird angestrebt
Nach den durchweg positiven Erfahrungen möchte Thomas Pohl die Zusammenarbeit mit der Moschee-Gemeinde im Rahmen Bürgerschaftlichen Integrationsprojekts BIP zukünftig erweitern und auch insgesamt das Netzwerk weiter knüpfen: „Denkbar wäre ein Austausch zwischen den Kommunen und gemeinsam mit Initiativen wie , Weinheim bleibt bunt‘.“ Wie Kirchner ist sich Pohl sicher, dass sich in absehbarer Zeit eine ganz eigene Dynamik entwickeln wird, was die Begegnung und Verständigung mit Flüchtlingen und anderen Kulturen anbelangt.
Und dies kann von jungen Menschen auch mal ganz praktisch gesehen werden: „Endlich kann ich mein gelerntes Englisch auch mal anwenden!“, freute sich ein Jugendlicher der Moschee-Gemeinde nach einem Gespräch mit einem Asylbewerber aus Gambia.“