Mannheim, 03. März 2015. (red/ld) Manche Konzerte und Musikstücke brauchen weder Streich- noch Blas-Instrumente. Bei diesen Stücken genügen Trommeln, der Inhalt einer Hosentasche oder der eigene Körper. Wie vielfältig Schlaginstrumente sind, zeigten die Schlagzeuger des Mannheimer Nationaltheaters am Sonntag einem sehr jungen Publikum beim 5. Familienkonzert zum Thema „Schlagsahne“.
Von Lydia Dartsch
Im Opernhaus ist es am Sonntagvormittag lauter als gewöhnlich bei einer Aufführung: Man hört hohe Kinderstimmen, die sprechen, lachen, quieken und zwischendrin mahnende Erwachsenenstimmen, die ihren Nachwuchs bitten, doch still zu sitzen oder sich mit anderen Eltern unterhalten. Es ist Familienkonzert – das fünfte in dieser Spielzeit – und das Opernhaus ist ausverkauft.
Die Stimmen verstummen, als das Licht im Zuschauerraum erlischt und vier Musiker mit Trommeln und Pfeifen laufen Samba spielend über die Bühne und verschwinden wieder. Hinter der blauen Schattenwand sieht man sie noch einmal vorüber ziehen. Dann tritt Julia Dina Heße auf, die den Vormittag moderiert. Ihre Rolle wirkt ein bisschen unbeholfen und ratlos, fragend. Wie eine Freundin aus dem Sandkasten:
Hier waren doch gerade noch Musiker. Habt Ihr gesehen, wo die hin sind?,
fragt sie die Kinder. Diese zeigen nach links, rufen „Ja!“ Julia rennt hinterher und die Musiker treten wieder auf die Bühne und spielen wieder auf Trommeln. Der Rhythmus ist akzentuiert. Er groovt. Er geht vom Ohr direkt in den Körper und Kinder wie Eltern wippen mit. Das geht automatisch. Inzwischen ist auch Julia wieder auf der Bühne. Sie hat die Musiker endlich gefunden und fragt sich, wo der Rest des Orchesters geblieben ist. Doch die anderen Orchestermitglieder haben nicht verschlafen, sondern einfach frei.
Die Mannheimer Rakete, Spitzname „Mara“, ist das Maskottchen schaltet sich per Chat ein, der auf eine Leinwand projeziert wird und klärt auf, dass es heute nur um Schlaginstrumente geht. Das Motto heißt ja auch „Schlagsahne“. Sie erzählt von ihren Streifzügen durch das Universum. Dort sei sie vor einiger Zeit in einen Sternenstau geraten, sagt sie. Zumindest habe sie den Sternenhaufen dafür gehalten.
Dann stellte sie fest, dass es die Plejaden waren. Eine Sternengruppe, nach der Iannis Xenakis ein Musikstück nur für Schlaginstrumente geschrieben hat: Die „Pléiades„, aus der die Musiker das Stück „Peaux“ spielen – nur auf einer Pauke, einer Conga und Tomtoms. Das Publikum ist sofort begeistert und das bleibt so.
Trommeln sind die ältesten Instrumente der Menschheit.
sagt Schlagzeuger Stefan Rupp. Ursprünglich seien Trommeln dazu da gewesen, um Botschaften über lange Entfernungen zu übermitteln. Aber es gibt auch Schlaginstrumente, auf denen man Melodien spielen kann: Xylophone, Glockenspiele und Marimbas. Ihren Ursprung hat beispielsweise die Marimba in Afrika. Zudem ist sie das Nationalinstrument in Guatemala. Für ihre Verwendung dort gibt es Hinweise bis ins 17. Jahrhundert.
Das Prinzip ist einfach: Lange Stäbe erzeugen tiefe Töne. Kurze Stäbe erzeugen hohe Töne. Die Stäbe sind wie die Klaviertastatur angeordnet unter ihnen sorgen Hohlkörper für die Verstärkung des Tons – bei den afrikanischen Vorbilder waren dies hohle Kürbisse.
Man lernt vieles über Musik in dieser einen Stunde. Beispielsweise, dass man für einen Rhythmus nicht einmal richtige Instrumente braucht. Der eigene Körper eignet sich hervorragend, um die verschiedensten Laute zu erzeugen. Oder auch der Inhalt einer Hosentasche? Julia stellt die Schlagzeuger auf die Probe und kramt. Sie findet ein Feuerzeug. Und: Wer hätte es gedacht? Auch dafür hat ein Komponist ein Stück geschrieben.
Nämlich Emmanuel Sejourne „Vous avez du feu?“ – Haben Sie Feuer? Ein Stück, dass sich nicht nur groovig anhört, sondern im Dunkeln mit den Feuerzeugflammen auch optisch eindrucksvoll ist. So eindrucksvoll, dass man neben sich schon einen Vater oder eine Mutter sagen hört:
Zu hause wird das aber nicht nachgespielt!