
Konkrete Ansage. Der CDU-Bezirksbeirat will diese Äußerung “privat” getätigt haben. Die CDU Mannheim hat deswegen kein Problem – weder mit der Drohung, noch damit, dass der CDU-Bezirksbeirat sie geäußert hat. Der wiederum verklagte den Chefredakteur Hardy Prothmann wegen einer Urheberrechtsverletzung, weil zunächst ein Minibildchen mit veröffentlicht worden war.
Mannheim, 01. August 2013. (red) Der Mannheimer CDU-Bezirksbeirat Andreas Wüst hatte gegen den Chefredakteur dieser Online-Zeitung, Hardy Prothmann, Mitte April in Zusammenhang mit einer Diskussion über Ausländer eine Todesdrohung ausgestoßen. Die Diskussionsbeiträge von Herrn Prothmann brachten den offenbar latent rassistisch eingestellten CDU-Politiker zu diesem Wut-Ausbruch. Und Wüst legt nach. Wegen der Verwendung eines Screenshots und eines darauf abgebildten „Profil-Fotos“ in der Größe 9×9 Millimeter hat er den Chefredakteur beim Amtsgericht Mannheim auf Unterlassung verklagt.
Offenbar konnte das Gericht dem durchgedrehten CDU-Politiker Andreas Wüst (Bezirksbeirat Mannheim-Vogelstang) nicht ganz folgen, weil man auf dem Mini-Bildchen eigentlich nichts erkennt. Wir haben das Bild auf dem Screenshot trotzdem unverzüglich unkenntlich gemacht, weil es auf die Aussage, die Todesdrohung, dokumentarisch ankommt.
Hardy Prothmann hatte gegen Wüst Strafanzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft Mannheim sah aber in der Todesdrohung keine Sache von öffentlichem Interesse und hat die Ermittlungen eingestellt. Es ist also offenbar aus staatlicher Sicht erlaubt, andere Menschen mit dem Tode zu bedrohen. Die Staatsanwaltschaft hat auf den Privatklageweg verwiesen. Herr Prothmann verzichtet darauf.
Da Herr Wüst keine vorgerichtliche Abmahnung geschrieben hat, wird er vermutlich auf den Kosten sitzen bleiben. Ob es zur Verhandlung kommt, ist noch nicht abschließend klar. Das Amtsgericht wurde über die Unkenntlichmachung informiert, womit aus unserer Sicht der streitgegenständliche Grund für eine Verhandlung beseitigt ist. Eine Unterlassungsverpflichtung wurde nicht abgegeben.
Die CDU Mannheim ist damals über den Vorgang unterrichtet worden, wollte sich aber lieber nicht äußern, was auch eine Aussage ist.
Klagewut gegen kritischen Journalismus
Seit dem Start des Heddesheimblog.de im Mai 2009 und nach und nach der anderen Ortsblogs sowie des Rheinneckarblog.de ist das die 14. Abmahnung/Unterlassungsklage gegen Chefredakteur Hardy Prothmann gegen Berichte der Redaktion.
Aktuell wurde er zudem vom Schriesheimer CDU-Stadtrat Adrian Ahlers durch die Heidelberger Kanzlei Schlatter aufgefordert, eine Passage zu unterlassen, in der Hardy Prothmann die „Aussage“ des CDU-Stadtrats gegenüber einer Stadträtin der Schriesheimer Grünen Liste als fremdenfeindlichen Angriff interpretiert. Die Stadträtin, Famine Tuncer, ist seit dem Jahr 2000 deutsche Staatsbürgerin und hatte zuvor bis zum Alter von 30 Jahren die türkische Staatsangehörigkeit.
Bilanz nach vier Jahren: 15 juristische Auseinandersetzungen
Die Bilanz der bislang 15 juristischen Auseinandersetzungen: Zwei sind offen, zweimal gab es einen Vergleich, einmal musste eine Unterlassung abgegeben werden, die anderen zehn Fälle wurden nicht bis vor Gericht gebracht – hatten also nur „einschüchternden“ Charakter. Unter den Abmahnern, die zurückgezogen haben, waren beispielsweise der Heddesheimer Bürgermeister Michael Kessler, der Heddesheimer CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Josef Doll, der grüne Bundestagsabgeodnete Hans-Christian Ströbele und die selbsternannte „Tierschutzorganisation“ Peta.
Hardy Prothmann ist seit 1991 als freier Journalist tätig, früher unter anderem für ARD und ZDF, den Spiegel, Spiegel online, Die Zeit, Focus, Focus.de, FAZ, Süddeutsche Zeitung, Financial Times und Handelsblatt sowie taz und Tagesspiegel. Außerdem hat er viel für Fachmagazine gearbeitet und in den 19 Jahren vor dem Start der Blogs keinen einzigen Rechtsstreit gehabt. Er ist Gründungsmitglied von Netzwerk Recherche und wurde wegen des innovativen Ansatzes des Heddesheimblog.de 2009 vom MediumMagazin unter die 100 wichtigsten Journalisten des Jahres gewählt.
In Deutschland haben sich weitere lokale Internet-Zeitungen nach dem Vorbild des Heddesheimblog.de gegründet, beispielsweise die TegernseerStimme.de oder die Prenzlauerberg-Nachrichten.de sowie in der Region NADR.de. Deutschlandweit sind die „Rheinneckarblogs“ zusammen mit anderen lokalen Online-Zeitungen im Netzwerk istlokal.de verbunden. Stefan Aigner, ein weiterer Istlokal-Partner und Chefredakteur von Regensburg-Digital.de, wurde ebenfalls schon mehrmals wegen seiner kritischen Berichterstattung verklagt, unter anderem vom Rüstungskonzern Diehl, von der katholischen Kirche und dem Möbelhaus Lutz XXL. Die meisten Prozesse hat er gewonnen. Die katholische Kirche wollte ihn sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht verklagen, weil er Zahlungen an ein Missbrauchsopfer als „Schweigegeld“ benannt hatte. Die Karlsruher Richter haben die Klage nicht angenommen.