Weinheim/Mannheim/Stuttgart, 24. Mai 2016. (red/pro) Es steht eine Strafanzeige wegen Geheimnisverrats im Raum – die Staatsanwaltschaft Stuttgart soll ermitteln. Doch das kann sie vermutlich nur, wenn die das Landtagspräsidium unter Vorsitz der grünen Mutherem Aras die Ermittlungen freigibt. Im Zentrum der Causa steht die Rolle des Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG), Hans-Ulrich Sckerl. Dem wirt der AfD-Abgeordnete Rüdiger Klos Geheimnisverrat vor. Eine Aufklärung ist schwierig – unmöglich ist sie nicht.
Kommentar: Hardy Prothmann
Das RNB steht für größtmögliche Transparenz. Wir schützen dabei immer konsequent unsere Quellen, aber niemals Straftäter. Andere Medien machen das anders.
Wir wissen – wie häufig – auch in dieser Sache mehr, als wir berichten. Was das ist, geht niemanden etwas an – als professionelle Redaktion wägen wir sehr genau viele Rechtsgüter gegeneinander ab. Im Zweifel, also immer dann, wenn Quellen gefährdet werden, verzichten wir auf Berichterstattung. Im “Strache”-Fall hätten wir die Straftäter den Behörden gemeldet, um eine juristische Aufarbeitung nach rechtsstaatlichen Prinzipien zu ermöglichen. Denn die Frage, ob illegale und inszenierte Aufnahmen möglich sind, halten wir für nicht rechtsstaatlich begründet – wir hoffen auf Klärung durch das Bundesverfassungsgericht.
In der “Causa PKG” gab es eine gezielte Indiskretion. Alles andere ist unvorstellbar. Kein Journalist dieser Welt kann durch irgendwelche Recherchen Fakten zusammentragen aus einer Situation heraus, die geheim stattfindet. Journalisten fehlen dazu die Rechte und die Fähigkeiten.
Der einzig denkbare Weg ist, dass aus dem geheimen Raum mindestens ein “Informant” gezielt mindestens ein Medium über geheime Inhalte informiert hat.
Wir haben immer wieder mal auch Zugang zu solchen Informationen, fragen uns aber immer, was die Motivation für die Übermittlung ist. Wenn diese, was durchaus üblich ist, von Rache oder persönlichem Vorteil geprägt ist, berichten wir regelmäßig nicht. Zumindest nicht unmittelbar und nicht mit eindeutigem Bezug. Und schon gar nicht, wenn einzelne Personen an den Pranger gestellt werden sollen – die Parteifarbe oder was auch immer, spielt für das RNB dabei keine Rolle.
Aktuell haben wir in der “Causa PKG” das Innenministerium, den Verfassungsschutz sowie den Vorsitzenden des PKG, Herrn Hans-Ulrich Sckerl angeschrieben und um die Beantwortung von Fragen gebeten. Das ist ein höflicher Stil, den wir immer einhalten und im Extremfall auch einklagen können. Denn Behörden und deren Vertreter sind zur Auskunft gegenüber Medien verpflichtet.
Am Sonntag hat Herr Sckerl persönlich geantwortet. Er teilt uns mit:
Sehr geehrte Redaktion,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage.
Mit Blick auf die Geheimhaltungspflicht für die Angelegenheiten des Parlamentarischen Kontrollgremiums (siehe § 16 Landesverfassungsschutzgesetz) bitte ich um Verständnis, dass mir eine Beantwortung nicht möglich ist.
Gefragt hatten wir diese Fragen:
Sehr geehrter Herr Sckerl,
aktuell haben wir zu einer Strafanzeige des Abgeordneten Klos berichtet, in dessen Mittelpunkt Sie stehen.
Dazu haben wir folgende Fragen:
Trifft es zu, dass im PKG Erkenntnisse des IM vorgestellt worden sind, die Herrn Klos als möglicherweise rechtsradikal belasten?
Trifft es zu, dass Sie als Vorsitzender Herrn Klos zur Stellungnahme aufgefordert haben?
Auf welcher rechtlichen Basis haben Sie diese Aufforderung verfügt?
Wie kommt die SWP in den Besitz einer persönlichen Korrespondenz von Ihnen an Herrn Klos?
Nachdem offenbar Inhalte aus dem geheim tagenden PKG an Medien gelangt sind, welche Maßnahmen haben Sie eingeleitet?
In der Vergangenheit haben Sie sich immer kritisch zu Überwachungen geäußert – beim “politischen Gegner” scheinen Ihre Zweifel verflogen zu sein. Wie erklären Sie diesen Sinneswandel?
Wir bitten um zeitnahe Antwort.
Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Hans-Ulrich Sckerl, sonst immer an vorderste Front, wenn es um “Aufklärung” geht, verweist also aufs “Geheime”, was längst nicht mehr geheim ist. Das kann er machen – formal.
Er könnte aber auch initiativ werden und sich von der Geheimnistuerei befreien lassen – wenn das PKG beschließt, in der Sache Auskunft zu erteilen, dann kann man das. Dafür braucht es allerdings ein Interesse an Aufklärung. Aktuell ist das bei Herrn Sckerl nicht feststellbar.
Es geht überhaupt nicht darum, mit Herrn Sckerl “eine Rechnung zu begleichen” – das wird in gewissen Kreisen aktuell kommuniziert werden, um unsere journalistische Anfrage zu diskreditieren. Ebenso, wie man eine Rechnung mit dem MM oder diesem Fontagnier oder sonstwem angeblich “offen” hätte. Alles Quatsch.
Das RNB macht das, was Journalisten tun sollten – Fakten recherchieren, analysieren, Fragen stellen, Ergebnisse berichten und deutlich machen, warum man wie berichtet.
Herr Sckerl schweigt also und versteckt sich hinter dem Gesetz. Das darf er. Das muss er sogar. Außer, er würde initiativ werden und für möglichst viel Aufklärung sorgen wollen. Davon ist noch nichts zu bemerken.
Das Innenministerium reagierte ähnlich wie Herr Sckerl auf unsere Anfrage. Auch hier beruft man sich auf Geheimhaltung, ebenso wie die Landtagsverwaltung.
Hans-Ulrich Sckerl war maßgeblich 2015 in einem Gegenbündnis gegen den Bundesparteitag der NPD in Weinheim beteiligt. Damals haben rund 300 gewaltbereite Linksextremisten 17 Polizisten verletzt und für Chaos in Weinheim gesorgt. Der Polizeieinsatz hat rund 1,3 Millionen Euro gekostet.
In der Analyse bleibt festzustellen, dass Herr Sckerl mindestens im Umfeld einer linksradikalen Veranstaltung aktiv war, die 1,3 Millionen Euro für den notwendigen Polizeieinsatz gekostet hat und Herr Klos lediglich zwei Unterschriften geleistet hat, aufgrund seiner politischen Überzeugungen, dazu einige Likes bei Facebook und sich für eine Veranstaltung interessierte, bei der auch extreme Kräfte aufgetreten sind, die aber keinerlei Steuergelder kostete und keinen Polizeibeamten verletzt hat.
Der AfD-Abgeordnete Rüdiger Klos ist durch Indiskretionen aktuell massiv angeschossen worden. Ob daran was dran ist, muss ich zeigen. Wenn was dran ist, muss es Konsequenzen haben.
Was gar nicht geht, ist, dass übliche Verfahren hintertrieben werden. Es geht überhaupt nicht an, dass Gremien, die grundsätzlich und überparteilich zu agieren haben, plötzlich politisch werden und ohne jede Konsequenz die öffentliche Hinrichtung eines Abgeordneten ohne jede gesetzlich Grundlage betreiben.
Der Landtag muss dieses Problem zügig und unmissverständlich aufklären. Auch aus Sicht der Meinungs- und Pressefreiheit.
Wenn das RNB damit rechnen muss, dass Kontakte zu Abgeordneten ausgeforscht und überwacht werden, ist eine freie Recherche nicht mehr möglich.
Darüber sollten alle nachdenken. Die Landesregierung, das Landtagspräsidium und auch Herr Sckerl – die Vorwürfe gegen ihn sind massiv.
Seine Deckung hinter einem Gesetz, das er in der Opposition immer massiv angegriffen hat, ist nicht ausreichend.