Mannheim/Rhein-Neckar, 21. März 2014. (red) Der Konvertit Sven Lau sitzt seit seiner Verhaftung im Februar in Mannheim in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wirft dem deutschen Islamisten die „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ vor. Am Sonntag will nun der ebenfalls zum Islam konvertierte Pierre Vogel mit anderen Predigern auf dem Marktplatz auftreten, um den „Bruder“ zu unterstützen. Teilnehmer sollen am Sonntag um 14 Uhr „korrekt islamisch“ gekleidet erscheinen und Frauen und Männer sollen sich in zwei voneinander getrennten Gruppen aufstellen.
Von Hardy Prothmann
„Kommt so zahlreich wie möglich, da geht die Post ab“, wirbt Pierre Vogel auf Youtube für die Veranstaltung am Sonntag. „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass man nicht alles mit uns machen kann.“ „Uns“, das ist die Gemeinschaft der Salafisten, einer besonders radikalen islamistischen Strömung. „Nicht alles mit uns machen kann“ – meint staatsanwaltliche Ermittlungen gegen Sven Lau:
Die Ermittlungen richten sich gegen einen 33-jährigen, in der Salafisten-Szene aktiven Deutschen. Er gehört seit mehreren Jahren zum Kreis einflussreicher salafistischer Prediger in Deutschland und ist als ideologisches Bindeglied bekannter überregionaler salafistischer Netzwerke einzuschätzen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wirft ihm vor, für den gewaltsamen Kampf gegen den syrischen Staat Geld-und Sachleistungen gesammelt, entgegengenommen oder zur Verfügung gestellt zu haben. Bei den Durchsuchungen in Düsseldorf und Mönchengladbach wurden mehrere Notebooks und Mobiltelefone, ein vierstelliger Bargeldbetrag sowie schriftliche Unterlagen sichergestellt.
Zwei weitere Männer wurden verhaftet, ein 24-jähriger Stuttgarter und ein 37-jähriger Deutscher. Der tatverdächte Lau soll zusammen mit dem 24-Jährigen den dritten Mann angestiftet haben „nach Syrien auszureisen, um dort mit jihadistischen Truppen im Bürgerkrieg gegen die syrische Regierung zu kämpfen. Die Ausreise konnte jedoch verhindert werden. Im dem zur geplanten Ausreise benutzten Fahrzeug wurden Tarnkleidung, zwei Nachtsichtgeräte im Wert von mehreren tausend Euro sowie 5.500 Euro Bargeld aufgefunden werden.“
Wegen des Verdachts des Anwerbens für einen fremden Wehrdienst und des Verdachts der Vorbereitungeiner schweren staatsgefährdenden Gewalttat durchsuchten LKA-Ermittler in den frühen Morgenstunden in enger Kooperation mit dem LKA Nordrhein-Westfalen sowie den Polizeipräsidien Düsseldorf und Mönchengladbach zwei Wohnungen. Die Beweismittel werden nun vom LKA BW ausgewertet. Der Beschuldigte wurde einem Haftrichter vorgeführt, der den bereits bestehenden Haftbefehl in Vollzug setzte.
Unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe für Syrien, so die Staatsanwaltschaft soll sich der 33-jährige Beschuldigte später maßgeblich an Geldsammlungen beteiligt haben. Mit einem Teil des gesammelten Geldes wurde im Januar 2014 ein ausrangierter Notarztwagen gekauft. Der Beschuldigte soll außerdem zwei Männer aus Nordrhein-Westfalen dazu angestiftet haben, als humanitäre Hilfsfahrt getarnt mit diesem Notarztwagen und mehreren tausend Euro Bargeld im Februar 2014 von Mönchengladbach aus über die Türkei nach Syrien zu fahren. Mit dem Auto und dem Bargeld sollte in Aleppo eine jihadistische Gruppierung im Kampf gegen die amtierende syrische Regierung unterstützt werden. Der Notarztwagen und das Bargeld wurden im Raum Nürnberg von LKA-Ermittlern sichergestellt, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Pierre Vogel will am Sonntag über „Vorurteile über Gewalt im Islam“ reden und „zeigen, wer die wahren Terroristen sind“. Im Video zählt er Terroranschläge wie den 11. September auf oder erwähnt die verhafteten Kofferbomber, um zu schließen: „Seit 30-40 Jahren wird die Öffentlichkeit mit diesem Schwachsinn indoktriniert.“ Soviel zum Thema der Versammlung: „Wie steht der Islam zur Gewalt?“
Er bittet Teilnehmer, sich „islamisch korrekt“ zu kleiden und Frauen und Männer sollen in Gruppen getrennt an der Veranstaltung teilnehmen.
Die Stadt Mannheim hat in einem gemeinsamen Appell mit den islamischen Gemeinden Yavuz-Sultan-Selim-Moschee (DITIB), Ulu-Moschee (VIKZ), Deutsch-Albanisch islamischer Verein, Islamisches Kulturzentrum für Bosnien und Herzegovina e.V. und FABIZ eine gemeinsame Erklärung abgegeben. Darin heißt es:
Unterschiedliche Weltbilder und Auffassungen in Glaubensfragen bergen durchaus Konfliktpotenziale. Wir wissen um die Sensibilität, mit der diese Auseinandersetzungen zu führen sind, wenn eine gemeinsame Verständigung gelingen soll. Wir verschließen uns dieser Auseinandersetzung nicht. Keine Akzeptanz indes erfährt die Propagierung solcher radikalen und extremistischen Haltungen, die eine gegenseitige Verständigung im Grundsatz ausschließen und die Gültigkeit unserer freiheitlich-demokratischen Prinzipien ablehnen.
Die Polizei erwartet rund 500 Teilnehmer bei der Kundgebung der Salafisten – 20-30 Personen haben einen Gegenkundgebung angekündigt.