Mannheim, 18. August 2013. (red/sw) Rund 700 Besucher genossen den Seebühnenzauber im Luisenpark mit „Hello, I’m Johnny Cash“. In den Hauptrollen: Gunter Gabriel als Johnny Cash und Helen Schneider als seine Frau June Carter Cash.
Von Susanne Warmuth
Johnny Cash – das war mein erster richtiger Konzertbesuch. Damals – Anfang der 80er Jahre, als in Frankfurt noch das große Country Music Festival veranstaltet wurde.
Die „Wackos and Weirdos“, wie Johnny Cash sie in einem seiner Lieder betitelt, der Country Szene aus Deutschland und dem europäischen Umland pilgerten in die schöne alte Festhalle. Dort stand er dann tatsächlich vor uns – „the man in black“ – und begrüßte uns mit seiner sonoren Bass-Stimme ganz locker „Hello, my name is Johnny Cash!“
Eine Bühnenshow? Fehlanzeige! Johnny Cashs Stimme und seine unglaubliche Ausstrahlung reichten, um die ganze Halle auszufüllen. Begleitet wurde er von seiner ebenso ausdruckstarken Frau June Carter Cash. Die beiden hinterließen mit ihrer Musik bei mir einen so bleibenden Eindruck, dass ich noch heute mit einem wohligen Schauer daran zurückdenke.
Sollte ich mir jetzt wirklich Gunter Gabriel anschauen. Der eigentlich nur semi-bekannte deutsche Country-Barde. Immerhin: Helen Schneider hat seit ihrem Hit „Rock-n-Roll Gypsy“ immerhin eine beachtliche musikalische und schauspielerische Karriere vorzuweisen hat. Sollte ich mir das Musical zum Gedenken an den großen Johnny Cash auf der Seebühne des Luisenparks anschauen? Ich wagte es – zusammen mit etwa 700 anderen Musikliebhabern.
Die Bühne beeindruckte durch ihre Einfachheit. Gitarren, Kontrabass, Schlagzeug, ein altes Johnny Cash Plakat – sonst nichts. Der erste Eindruck der Band: gewöhnlich – Jeans, Karo-Shirts, Baseball-Kappe, Gunter Gabriel mit Trucker-Hemd. Wo war ich da hingeraten?
Hey, ich brauche mal ein bisschen mehr Bass, und meine Stimme mit ein bisschen mehr Highs!
fordert Gabriel vom Mann am Mischpult in Cowboy-Singsang.
Der Anfang von „I Walk The Line“ nicht gerade eine musikalische Meisterleistung, dann ein paar Takte von „Ain’t No Grave“ – na ja! Endlich die Auflösung: Das war alles schon Teil der Show! Johnny alias Gunter Gabriel schickt seine Jungs zum Umziehen, er plaudert von seinen Anfängen, seinen ersten Kontakten zur Musik in seiner Heimat Arkansas, Elvis Presley, seiner Militärzeit in Landsberg/Bayern und seiner Rückkehr nach USA. Dann verschwindet auch er hinter die Bühne.
Stimmgewaltig und mit dem echten Sound von Johnny Cash sind kurz darauf alle im schwarzen Bühnenoutfit wieder da: „I Walk The Line“ – so wie es sein soll – weckt das bis dahin etwas zurückhaltende Publikum. Gunter Gabriel trifft die einzigartige Stimme von Cash erstaunlich gut!
So geht es dann auch weiter – im Wechsel die Songs und weitere Stückchen Lebensgeschichte des Künstlers. Die ersten Plattenverträge. Seine Ehe mit seiner ersten Frau Vivian: Seine Auftritte in Gefängnissen und die Aufregung darum. Die Erklärungen, warum er immer schwarze Kleidung trägt (die Lösung dazu findet der interessierte Leser in den Lyrics von „The Man In Black“). Die Höhen und Tiefen seines Lebens. Seine Drogensucht.
Und dann trat sie in sein Leben: June Carter, brillant dargestellt von Helen Schneider, erscheint als seine Rettung. Ihr klare Stimme, obwohl nicht so nahe am Original wie Gabriel begeistert das Publikum – ihre Bewegungen und Gesten geben den Anschein, June selbst stünde auf der Bühne.
„Wenn ich ganz unten war, haben mir drei Dinge immer rausgeholfen: Musik, June und der Glaube daran, dass das Gute siegt!“
so Johnny Gunter Cash über sein Leben.
Zusammen singen sie Duetts wie „Time’s A Wastin’“, „Let’s Get Together“ oder „Ring of Fire“, das Liebeslied, das June über ihre anfänglich unmögliche Liebe (beide waren mit einem anderen Partner verheiratet) geschrieben hat. Natürlich durfte auch „Jackson“ nicht fehlen – einer der bekanntesten Songs von June und Johnny.
35 Jahre stehen die beiden zusammen auf der Bühne, dann muss June als erste gehen. Vier Monate nach ihrem Tod verstirbt auch Johnny Cash.
Zeit für Johnny Cash, die etwas zerzauste Perücke abzunehmen, um sich in Gunter Gabriel zurück zu verwandeln und dem Publikum noch ein wenig über seine Freundschaft mit Johnny Cash zu erzählen. Auch June ist nun wieder Helen Schneider. Zusammen singen sie noch „Personal Jesus“ und „Ain’t No Grave“, beides Stücke der letzten CD Cashs „American V“ mit sehr ergreifenden Texten.
Ich bin jetzt doch froh, mich für den Besuch des Musicals entschieden zu haben. Ich hatte nicht den Eindruck, dass eine perfekte Kopie von June Carter Cash und Johnny Cash das Ziel war.
Vor allem wollte Gabriel das Lebenswerk seines Freundes präsentieren und sein Andenken bewahren, was mit der Inszenierung sehr gut gelungen ist. Dass auch er, der Cowboy aus Hamburg, inzwischen in die Jahre gekommen ist und manchmal etwas ins Schnaufen kam, machte da nichts.
Und dass er trotz gebrochenem Fuß, Ergebnis eines Unfalls auf seinem Hausboot, humpelnd auf der Bühne stand, ist Beweis dafür, dass Gunter Gabriel ein Profi im Showgeschäft ist.