Mannheim/Rhein-Neckar/Südwest, 15. Oktober 2019. (red/pro) Mit der am 09. Oktober 2019 begonnenen Invasion der Türkei in Nordsyrien gibt es deutschlandweit Proteste von Teilen der in Deutschland lebenden Kurden. Teils sind diese friedlich, aber teils auch gewalttätig – gegen Türken, gegen die Polizei und auch gegen Journalisten. Das zu erwartende Gewaltpotenzial ist enorm und steigert sich mit jedem Tag der türkischen Invasion und Berichten über Gräueltaten aus dem Kriegsgebiet. Es ist mehr als fraglich, ob die deutsche Politik und das deutsche Sicherheitssystem auf die bevorstehenden Eskalationen hinreichend vorbereitet sind. Und das betrifft nicht nur diesen Konflikt.
Von Hardy Prothmann
Ich habe als Reporter die Demos der Kurden am Freitag, Samstag und Montag beobachtet. Am Freitag waren es rund 350 Kurden, die vor dem Hauptbahnhof demonstrierten. Am Samstag waren es zunächst auch etwa 3-400, die sich auf dem Paradeplatz sammelten, es wurden ständig mehr und als man Richtung Schlosshof marschierte, schätzte ich die Zahl auf gut 900 Personen. Stadt und Polizei schlossen sich dieser Schätzung an. Am Montag waren es rund 300 Teilnehmer.
Moderat bis aufwieglerisch
Die kurdischen Sprecher fordern das Ende der türkischen Invasion, erinnern an den Kampf der Kurden in Syrien gegen “Daesh” (Islamischer Staat). Sie fordern Solidarität und stellen ihre Landsleute als heroische Kämpfer gegen einen islamischen Dschihadismus dar, der viele Anschläge in Deutschland verhindert habe. Weiter fordern sie eine Autonomie für die selbst ausgerufene Region Rojava.
Auffällig ist, dass bei den Demonstrationen Sprecher- und vor allem Sprecherinnen auftreten, die auf deutsch überwiegend deutlich, aber sehr moderat Hilfe und Solidarität einfordern, dann aber andere Sprecher die Teilnehmer auf kurdisch aufwiegeln. Die moderaten Teile gehen ohne Wirkung vorüber, die anderen steigern erkennbar emotionale Reaktionen, die eine äußerst aggressive Stimmung aufkommen lassen.
Das ist so geplant und gewollt. Nachdem es zu erheblichen gewalttätigen Demos von Kurden insbesondere in den 90-iger Jahren in Deutschland kam, hat man dazugelernt.
Gewalt begleitet kurdische Demos
Am 19. März 1994 zündeten sich in Mannheim die beiden Frauen Nilgün Yildirim („Berîvan“) und Bedriye Tas („Ronahî“) selbst an. Beide starben an ihren Verbrennungen.
Anfang September 2012 kam es zu einem Massenangriff durch gewaltbereite Kurden während des “20. Kurdischen Kulturfestivals” auf die Polizei – es wurden über 70 Beamte verletzt. Die Situation eskalierte derart, dass eine von einem hasserfüllten Mob angegriffene Gruppe von Polizeibeamten vor dem Schusswaffengebrauch stand.
Deutschlandweit gibt es seit der türkischen Invasion Demonstration von Kurden. Die meisten verlaufen bislang friedlich, aber in Berlin, in Saarbrücken, Herne, in Bochum, in Villingen, in Stuttgart gab es bereits teils erheblich gewalttätige Angriffe auf Türken und Polizeibeamte.
Angriff auf mich persönlich
Am Montag bin ich persönlich von einem Ordner der Kurdendemo angegriffen worden. Der junge Mann tauchte plötzlich auf und schlug zu – ob er mich oder meine Kamera treffen wollte, kann ich nicht genau sagen.
Weil ich reaktionsschnell bin, hat er nur die Kamera getroffen. Er ging mich weiter an, obwohl ich mitten zwischen Polizeibeamten stand. Um ihn abzuwehren, habe ich ihm mit der linken Hand einen Stoß vor die Brust versetzt. Plötzlich waren weitere vier oder fünf “Ordner” in meine Richtung unterwegs – aggressiv und mit hasserfüllten Gesichtern. Polizeibeamte gingen dazwischen.
Ich forderte danach die Polizei auf, die Personalien festzustellen, damit ich Anzeige erstatten könne. Dem kam die Polizei – zögerlich – nach. Nach einer Ansprache wurde mir mitgeteilt, dass sich der Mann bei mir entschuldigen wolle. Ich habe mich auf ein Gespräch eingelassen.
Deeskalation
Mir wurde mitgeteilt, dass “jemand” den “Ordner” “informiert” hätte, dass ich ein türkischer Journalist sei oder für türkische Medien arbeite. Das sollte als “Argument” erklären, warum ich angegriffen worden bin.
Ich habe den Mann und eine weitere Ordnerin daraufhin gefragt, ob ihnen bekannt und bewusst sei, was hier gerade stattfindet und weshalb in Deutschland Menschen aus anderen Kulturen mit anderen Nationalitäten sich versammeln könnten. Das hat beide sehr verwirrt. Die Frau meinte dann: “Wegen der Meinungsfreiheit?” Der Mann, der Ordner, der mich angegriffen hatte, hatte keine Antwort und war komplett ahnungslos.
Ich habe beide Personen dann auf das in Deutschland geltende Grundrecht der Versammlungsfreiheit aufmerksam gemacht. Und auch auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit, das das wesentliche Grundrecht für eine freie journalistische Arbeit darstellt, die im Zweifel auch für “türkische Journalisten” in Deutschland gilt. Dem Ordner war das augenscheinlich zu abstrakt intellektuell. Die sehr viel intelligentere Frau hat es begriffen und meinte, sie würde das in der Runde der Organisatoren zur Sprache bringen.
Letztlich habe ich die Entschuldigung angenommen – um zu deeskalieren. Der Einsatzleiter, Polizeidirektor Dirk Herzbach, hat sich sehr korrekt erkundigt, ob es damit erledigt sei oder eine Anzeige von mir erstattet wird. Ich habe die Sache als erledigt erklärt – was für diesen Moment gilt, aber nicht für die Zukunft.
Das Pulverfass ist gefüllt
Nach meiner journalistischen Auffassung gleicht die Lage einem Pulverfass. Es kann in der Region und insbesondere in Mannheim zu jeder Zeit zu erheblichen gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen (Hoffe mal, dass die Staatsanwaltschaft Mannheim nicht schon wieder gegen mich wegen Störung des öffentlichen Friedens ermitteln wird, weil ich Straftaten annehme).
Das ist belegt durch aktuelle, mutmaßliche Straftaten in erheblichem Ausmaß an anderen Orten sowie aus belegten Straftaten in der Vergangenheit.
Ich habe dazu auch die Stadt Mannheim angeschrieben und mich erkundigt, welche Maßnahmen man dort treffen will, um Schaden von Dritten und insbesondere von Journalisten abzuwenden und bin gespannt, wie die Stadt damit umgeht.
Persönlich rate ich allen Bürgern, in der noch unklaren nahen Zukunft den Bereich “Little Istanbul” in den Quadraten rund um den Marktplatz in Richtung Jungbusch oder andere Orte mit türkischen oder kurdischen “Kulturvereinen” zu meiden – hier kann es nach meiner Auffassung jederzeit innerhalb von Minuten zu Eskalationen der Gewalt kommen.
Wer meint, das sei “alarmistisch”, hat das Tötungsdelikt direkt vor der H4-Wache oder eine Schießerei und Messerstecherei rund um den Marktplatz in der jüngeren Vergangenheit nicht realisiert.
Akbulut taucht ab
Der Syrienkrieg ist wie jeder Krieg fürchterlich und selbstverständlich ist ein Engagement zur Beendigung von gewalttätigen Auseinandersetzungen richtig. Die Lage ist aber wie immer komplex und ganz sicher nicht durch gewalttätige Auseinandersetzungen in Deutschland und hier in unserem Berichtsgebiet zu lösen.
Hoffnung für Mannheim, dass es hier nicht eskaliert, besteht unter anderem durch Gökay Akbulut. Nicht etwa, weil ich annehmen würde, dass die Bundestagsabgeordnete für Die Linke gegen Gewalt wäre, sondern eher deshalb, weil ich deren Rolle schon mehrfach kritisch eingeordnet habe und die Dame aus “strategischen Gründen” den “eigenen Stall” lieber sauber haben möchte.
Angesichts der Lage dürfte das aber schwierig werden und bislang ist mir nicht bekannt, dass sich Frau Akbulut unmissverständlich und eindeutig gegen jegliche Gewalt geäußert hätte.
Wir erhalten keine Zwangsgebühren – unser unabhängiger Journalismus kostet aber Geld – beispielsweise für Honorare für Autoren und ebenso wie die juristische Abwehr, die uns seit 2010 rund 50.000 Euro gekostet hat. Besten Dank an alle, die uns mit Spenden unterstützen.
Wenn Sie zahlen möchten:
Sie können Steady hier abschließen. (Sie werden dort Kunde, Steady behält eine Gebühr ein und zahlt den Rest an uns aus. Sie haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln. )
Sie können hier einen Rheinneckarblog-Plus-Pass kaufen. (Sie werden bei uns Kunde und bei Steady freigeschaltet, sofern Sie mindestens 60 Euro zahlen und haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln.)
Sie zahlen per Paypal. (Sie werden bei uns Kunde und bei Steady freigeschaltet, sofern Sie mindestens 60 Euro zahlen und haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln.)
Sie überweisen direkt aufs Konto. (Sie werden bei uns Kunde und bei bei Steady freigeschaltet, sofern Sie mindestens 60 Euro zahlen und haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln. Sie können natürlich auch einfach so ein Spende überweisen.)
Hypovereinsbank
Kontoinhaber: Hardy Prothmann
BIC (BLZ): HYVEDEMM489
IBAN (Kto.): DE25670201900601447835
Sie können natürlich auch einfach nur eine Spende an uns zahlen.
Polizisten in Gefahr
Ich persönlich bin vor allem auf Seiten der Polizeibeamten, die einen schweren Dienst tun müssen, wie immer, wenn sie im Rahmen des Grundgesetzes erheblich konfliktbeladene Veranstaltungen schützen müssen und dabei von den jeweiligen Lagern beschimpft oder sogar angegriffen werden.
Nach meiner Auffassung ist die Polizei Mannheim gut beraten, mit klaren Ansagen Sorge dafür zu tragen, dass jegliche Konflikte schon im Keim erstickt werden. Ein früherer Polizeipräsident erklärte mir mal dazu seine Strategie: “Wenn es zu Kämpfen kommt, dann will irgendjemand irgendwann eine Revanche. Und auf die Revanche folgt die Revanche. Dann herrscht Chaos, das wir möglicherweise nicht mehr beherrschen können. Das bekommen wir nicht mehr von der Straße weg. Deshalb sorge ich dafür, dass es nicht dazu kommt.”
Unklare Strategie des neuen Polizeipräsidenten Stenger
Nach meiner Beobachtung verfolgt der neue Polizeipräsident Andreas Stenger eine andere, mir noch nicht bekannte Strategie. Der kam am Montagabend in zivil kurz vorbei – die zunehmende Aggressivität und den Angriff auf mich hat er nicht mitbekommen. Da war er schon im Feierabend.
Ich bin nun seit 30 Jahren Journalist, habe hunderte von Demos begleitet und kenne mich mit “Lagen” aus. Für mich steht fest – wenn am Montagabend irgendjemand das Go gegeben hätte, wären die anwesenden Polizeikräfte in eine erhebliche Notlage geraten und es hätte viele Verletzte gegeben.
Auf der anderen Seite erkenne ich, dass die Polizei keinen Konflikt signalisieren will und auf Deeskalation setzt. Das ist auf der einen Seite gut und richtig, aber letztlich in der Konsequenz falsch, weil man sich der strategischen und operativen Macht entledigt.
Verantwortlich dafür ist eine Guerilla-Taktik, die bereits 2012 zum Einsatz kam. Polizeidirektor Dieter Schäfer hat das sehr eindrücklich in seinem Buch “Die Gewaltfalle” beschrieben, das ich jedem empfehle, der politisch, journalistisch oder polizeilich tätig ist.
Droht eine neue Gewaltfalle?
“Ich musste dieses Buch schreiben, für mich und meine Kollegen”, sagte der Polizist. Wochenlang habe er nicht schlafen können, Reizhusten bekommen. Folgen einer Belastungsstörung. Was Schäfer umtreibt, ist die Frage nach der Verantwortung: “Von mir wird Führung und umsichtiges Handeln erwartet. Was aber tut man, wenn die staatliche Autorität nicht nur nicht anerkannt, sondern geradezu als hochgradige Provokation gesehen wird?”, sagte mir Herr Schäfer damals. (Nachzulesen in Zeit Online.)
Und hier: Dieses Aggressionspotenzial hat uns kalt erwischt.
Ich schreibe diesen Artikel für mich, meine Kollegen und die Öffentlichkeit. Und ja, ich kann Herrn Schäfer verstehen. Mir ging es schlecht, weil ich ein sensibler Mensch bin, Antennen habe und erfahren musste, dass ich urplötzlich durch junge, aggressive Männer massiv bedroht worden bin, weil ich meinen Job als Journalist machen wollte. Von Menschen, die angeblich gegen Gewalt einstehen und massiv bereit sind, selbst gewalttätig zu sein.
Ich kann mich wehren, aber ich lehne Gewalt eigentlich grundsätzlich ab. Muss ich demnächst Straßenkämpfe bestreiten, weil ich als Journalist arbeite? Das ist ein absurder Gedanke, aber wird immer mehr Realität.
Mob ohne Verstand
Was tut man aber, wenn grundgesetzliche Freiheiten von einem Mob nicht nur nicht anerkannt werden, sondern als Provokation gesehen werden, während der Mob sich auf das Grundgesetz beruft, aber noch nicht mal Staatsbürger ist und sich so verhält?
“Ich habe 33 Dienstjahre auf dem Buckel – aber ich habe zum ersten Mal geduckt hinter einem Streifenwagen Schutz gesucht und wusste für einen Moment tatsächlich nicht, wie man und konkret ich mit der Situation umgehen sollte. Meine Beamten erwarten Führung. Überall waren Frauen, Kinder, Alte, darunter hatten sich die Steinewerfer gemischt, die unter tausenden Festivalbesuchern Schutz erhielten. Da kann man nicht massiv vorgehen.” Stattdessen musste die Polizei das Zeigen von verbotenen PKK-Fahnen und den Landfriedensbruch passiv hinnehmen”, schildert Polizeidirektor Schäfer die Situation damals.
Frauen und Kinder als Schutzschilde – geht es perverser?
Was ich feststelle, ist, dass bei allen Demonstrationen der Kurden sehr viele Frauen und vor allem sehr viele Kleinkinder mit vor Ort sind. Die Kinder werden aktiv eingebunden, Fahnen zu schwenken und um die “Demo” herum zu spielen.
Das passiert nicht willkürlich oder zufällig oder weil man sich nichts dabei denkt, sondern Frauen und Kinder werden durch die Demagogen im Hintergrund als “Schutzschilde” eingebracht. Das ist nicht nur verwerflich, sondern geradezu pervers.
Wer den Missbrauch von Frauen und Kindern öffentlich anprangert, ist vermeintlich auf der richtigen Seite. Realität ist, dass Frauen und Kinder in den Kriegen dieser Welt eingesetzt werden, als Kämpfer oder als Opfer oder als Stilmittel. Die Kurden in Deutschland oder zumindest die ideologischen Organisatoren, haben keinerlei Skrupel, ihren Kampf mit derlei subtilen Mitteln zu führen.
Die Polizei Mannheim ist erheblich gut beraten, das zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Und die Führung ist verantwortlich für die Gesundheit der Beamten, die ständig zwischen Konflikte geraten, mit denen sie nichts zu tun haben, die sie aber hoheitlich schützen müssen, egal, wie sie selbst dazu denken.