Weinheim/Rhein-Neckar, 13. Januar 2016. (red) Baden-Württemberg ist im Wahlkampfmodus. Am 13. März werden die Abgeordneten für den 16. Landtag gewählt. Eines der Top-Themen ist die Flüchtlingskrise und seit der Silvesternacht die sexuellen Übergriffe von männlichen Flüchtlingen auf Frauen. Der grüne Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Sckerl aus Weinheim, innenpolitischer Sprecher der Südwest-Grünen, positioniert sich selbstverständlich auch – allerdings ziemlich abseitig.
Von Hardy Prothmann
(…) Auch wenn die politische Situation schwieriger geworden ist, wir bleiben auf dem Kurs der Willkommenskultur für Flüchtlinge. Wir sagen aber zwei weitere Dinge ebenso deutlich: Das Grundgesetz und die demokratischen Grundwerten gelten bei uns uneingeschränkt. Sexuelle Gewalt gegen Frauen muss entschieden bestraft werden. Wer das Selbstbestimmungsrecht nicht achtet, kann keinen Platz in einer demokratischen Gesellschaft haben. Für die Flüchtlingsaufnahme brauchen wir dringend eine europäische Lösung. (…)
Der Kommentar hat es in sich: „Sexuelle Gewalt gegen Frauen muss entschieden bestraft werden“, sagt der Jurist Sckerl. Da frage ich mich: „Muss? Wieso muss? Wird sexuelle Gewalt gegen Frauen etwa nicht entschieden bestraft? Wann hat sich Herr Sckerl mal politisch dafür in der letzten Zeit dafür eingesetzt, dass sexuelle Gewalt gegen Frauen entschieden bestraft wird?“
Vollkommen harmlos?
Ich wühle in meinen Erinnerungen – allein, mir fällt nichts ein. Für Gedächtnislücken gibt es Suchmaschinen. Ich finde eine Notiz zum „Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen“ von Mitte 2014, ebenso einen Termin gegen sexuelle Gewalt von Menschen mit Behinderungen. Und ich finde ein Protokoll über die Debatte in einer Plenarsitzung – da geht es um Missbrauch von Kindern durch Pädophile. Sie erinnern sich? Das war die Debatte darum, ob und wie Pädophilie bei den Grünen, nunja, „vorgekommen“ ist. Ein Ausruf von Herrn Sckerl: „Wir verharmlosen gar nichts.“
Viel mehr fällt auch der Suchmaschine nicht ein. Herr Sckerl findet also, „sexuelle Gewalt gegen Frauen muss entschieden bestraft werden“. Bleibt die Frage, was hat er getan, um diese Forderung durchzusetzen? Lediglich „Zwischenrufe“ in einer Landtagsdebatte? Scheint so.
Ungeachtet der landesweiten und hochemotionalen Debatte zu den sexuellen Übergriffen stellt Herr Sckerl vorab, das man „auf dem Kurs der Willkommenskultur für Flüchtlinge“ bleibe.
Wahlkampf-Getöse
Sehr spannend ist seine Aussage:
Wer das Selbstbestimmungsrecht nicht achtet, kann keinen Platz in einer demokratischen Gesellschaft haben.
Das klingt „markig“. Es ist Wahlkampf. Doch was heißt das eigentlich konkret? „Wer das Selbstbestimmungsrecht nicht achtet, kann keinen Platz in einer demokratischen Gesellschaft haben?“ Klingt irgendwie nicht nach „Willkommen“, sondern gegen die Flüchtlinge, die das Selbstbestimmungsrecht eben nicht achten. Die haben also „keinen Platz in einer demokratischen Gesellschaft“?
Ich frage mich: Kann das sein? Schreibt das ein Grüner? Ein Hans-Ulrich Sckerl? Wie gesagt, es ist Wahlkampf und ein Hans-Ulrich Sckerl schreibt das so und nicht anders.
Weil ich natürlich weiß, dass einerseits die „Not“ groß ist bei den Willkommenskultur-Verteidigern und der Spagat brutal, weiter die „Refugees Welcome“-Fraktion zu beglücken, deren extreme Vertreter ich „Hilfsbesoffene“ nenne und andererseits insbesondere im „schwarzen Wahlkreis“ Weinheim die „bürgerliche Mitte“ zu bedienen ist, stelle ich eine „konsequente“ Frage, die ein wenig provozieren soll:
Die entscheidende Frage ist jetzt viel eher: Wohin mit den deutschen Männern, die das Selbstbestimmungsrecht von Frauen nicht achten?
Rheinneckarblog-Leser/innen wissen, dass wir gerne auf den Zahn fühlen und „spitze“ Fragen stellen. Die Provokation funktioniert unerwarteter als gedacht. Der grüne Landtagsabgeordnete Sckerl reagiert, wie wir das nicht erwartet hätten:
Die gehen als Praktikanten zum Rhein-Neckar-Blog.
Sexuell-übergriffige deutsche Männer als Praktikanten beim Rheinneckarblog? Im Ernst?
Uff. Die Antwort hat es in sich. „Die“, das sind also „deutsche Männer, die das Selbstbestimmungsrecht von Frauen nicht achten“ werden nicht etwa bestraft und „ausgewiesen“ – deren „Maximalstrafe“ ist, dass sie bei uns ein Praktikum machen müssen? Aus Sicht des grünen Landtagsabgeordneten ist also unsere Redaktion die richtige Adresse für solche unangenehmen Gesellen? Das sagt Einiges über die „Wertschätzung“ des Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Sckerl über unsere journalistische Arbeit aus. Man kann es auch salopp als „Dreck zu Dreck“ übersetzen.
Die Antwort auf diese grüne Ausfälligkeit, die nichts „verharmlost“, sondern klar diffamiert:
Die Antwort war – mit Verlaub – nicht lustig, sondern daneben.
Wir wissen nicht, ob Herr Sckerl noch keine Zeit hatte zu antworten oder ihm nichts Passendes eingefallen ist. Ganz unerwartet springt ihm die pensionierte Lehrerin und grüne Stadträtin Elisabeth Kramer bei. Sie kommentiert:
Oh je, und ich habe gelacht! Was geschieht jetzt mit mir?
Nichts, Frau Kramer. Wir fassen Ihnen weder in den Schritt noch sonstwohin. Wir stellen uns aber sehr wohl die Frage, wie brutalstmöglich unterirdisch sich die Grünen noch geben wollen?
Fassungslosigkeit über diese Grünen
Der Landtagsabgeordnete Sckerl hält unsere Redaktion als geeignete Abschiebestelle für deutsche Männer, die sexuell übergriffig gegen Frauen werden und die grüne Stadträtin Elisabeth Kramer amüsiert sich darüber?
Das macht uns fassungslos.
Kein Pointe.
P.S. Die Jugendgemeinderätin Frieda Fiedler likte nach dem Erscheinen dieses Textes den Kommentar der Stadträtin Kramer.
P.S.S. Herr Sckerl, Frau Kramer, Frau Fiedler engagierten sich anlässlich des NPD-Bundesparteitags bei friedlichen Gegendemos. Ende November kam es zu einem massiven Polizeieinsatz, weil Linksextreme „Chaostage“ nach Weinheim brachten. Wir vermuten, dass die Herrschaften mit unserer Berichterstattung nicht einverstanden waren. Es handelt sich selbstverständlich um aufrechte Demokraten, die die Pressefreiheit achten und schätzen – zumindest die, die ihnen gefällt.
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