Mannheim, 07. Februar 2013. (red) Im Rahmen der Forschung zur Arisierung in Mannheim ist ein Name aufgetaucht, der die Stadt erschüttert: Heinrich Vetter, Ehrenbürger der Stadt Mannheim, vielfältig ausgezeichnet, Mäzen und Namensgeber vieler Orte hat von der Arisierung jüdischen Besitzes profitiert. Es gab aktivere Arisier als ihn, aber er war eindeutig ein opportunistischer Profiteur. 1998 hat die Jüdische Gemeinde Mannheim ihn mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet – und hat heute anscheinend kein Problem damit.
Von Hardy Prothmann
Die Jüdische Gemeinde Mannheim wusste 1998 nichts von der Nazi-Vergangenheit von Heinrich Vetter (2003 verstorben). Dass Vetter ein Profiteur der Arisierung war, hat erst die aktuell vorgestellte Studie der Historikern Dr. Christiane Fritsche belegt.
Nach der Buchvorstellung haben wir vor sechs Tagen bei der Jüdischen Gemeinde angefragt, wie diese mit dem neuen Wissen umgeht und ob die Ehrenmedaille zurückgezogen wird. Von der jüdischen Gemeinde kam zunächst keine Antwort. Nachdem wir heute telefonisch nachgefragt und um ein Gespräch gebeten haben, hat sich die 1. Vorsitzende Schoschana Maitek-Drzevitzky per email bei uns gemeldet:
Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (K.d.ö.R) hat keine eigene Meinung. Die Verleihung der Ehrenmedaille wurde nach dem damaligen Kenntnisstand vorgenommen.
Unsere Anfrage wurde damit nicht beantwortet – erstaunlich, wie unkommunikativ die Vorsitzende mit dem Thema umgeht. Während die Stadt und die Universität Mannheim über einen angemessenen Umgang mit den neuen Erkenntnissen zu Heinrich Vetter nachdenken, scheint die Jüdische Gemeinde nichts an der Verleihung der Ehrenmedaille an den Bürger Vetter, der mal ein Nazi war, hinzufügen zu wollen.
Erstaunlich, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts keine eigene Meinung hat, aber email verschicken kann.