Bad Neuenahr/Ahrweiler, 05. Oktober 2021. (red/pro) Behörden sind laut Landespressegesetz zur Auskunft verpflichtet – und zwar der Behördenleiter oder eine von ihm beauftragte Person. Das sind für Bad Neuenahr Herr Guido Orthen und für die Öffentlichkeitsarbeit Karl Walkenbach. Am 27. September haben wir 20 Fragen an die Gemeinde gestellt – heute wird uns mitgeteilt, dass die Fragen “aus Kapazitätsgründen” nicht beantwortet werden.
Seit Oktober hat die Kreisverwaltung Ahrweiler wieder das Zepter von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) übernommen, weil der Katastrophenstatus beendet sei. Doch in der Realität scheint die behördliche Katastrophe fortzuwirken. Denn offenbar sind Herr Bürgermeister Orthen und sein Mitarbeiter Walkenbach heillos mit unserer Anfrage überfordert – und erhalten weder vom Kreis noch von der ADD Unterstützung.
Möglichweise haben die Herren auch nur keine Lust, Medienanfragen, die ihnen nicht passen, zu beantworten. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, dass sie nicht wie ADD-Präsident Thomas Linnertz in die peinliche Lage kommen wollen, auf Fragen und zeitversetztes Nachfragen keine Antworten geben zu können.
Das Landespressegesetz legt fest:
“§ 4 Informationsrecht der Presse. (1) Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.
(2) Auskünfte können verweigert werden, soweit
- durch sie die sachgerechte Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder
- Vorschriften über Geheimhaltung entgegenstehen oder
- ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder
- ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet.
(3) Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse verbieten, sind unzulässig.
(4) Der Verleger einer Zeitung oder Zeitschrift kann von den Behörden verlangen, daß ihm deren amtliche Bekanntmachungen nicht später als seinen Mitbewerbern zur Verwendung zugeleitet werden.”
Über 2.4 kann man streiten. Überschreiten 20 Fragen das “zumutbare Maß”? Darüber kann man streiten.
Was jetzt von unserer Seite folgt, ist eine Rechtsaufsichtsbeschwerde beim Kreis Ahrweiler, der vermutlich die Rechtsaufsichtsbehörde für die Gemeinde Bad Neuenahr/Ahrweiler ist, mit der Aufforderung, den Bürgermeister oder seinen Adlatus aufzufordern, die Anfrage zu beantworten.
Bleibt die erfolglos, bleibt nur der Gang vors Verwaltungsgericht – doch der ist erstmal teuer. Gewinnt man, trägt die Gegenseite die Kosten, verliert man, muss man selbst die Kosten übernehmen.
Hier sei angemerkt, dass wir beim jetzigen Stand der Zuwendungen durch die Leserschaft diesen Weg nicht beschreiten werden, da die durchschnittlichen Zuwendungen (Spenden) in den vergangenen Tagen bei 335 Euro liegen. Pro Tag entstehen Kosten von rund 150 Euro – nicht eingerechnet ist die Arbeitsleistung. Das heißt: Wir haben aktuell 415 Euro draufgelegt und die Arbeit von rund 12 Stunden täglich für den Redaktionsleiter Hardy Prothmann, also 60 Stunden, ergab 0 Euro. Keine guten Voraussetzungen, um die journalistische Arbeit fortzuführen – das wiederum entscheidet die Leserschaft.
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Heute teilte die Stadt mit:
“Im Rahmen der „Operation Kehrwoch`“ wurden letztmalig die Straßen und Gehwege in den von der Flutkatastrophe betroffenen Straßenzügen im Stadtgebiet kostenfrei von Sperrmüll, Bauschutt und Erde befreit. Der Erfolg der Anstrengung zeigt sich auch und gerade durch eine bessere Nutzbarkeit der Gehwege in der Stadt. „Gerade der Schulweg für die Kinder ist deutlich sicherer geworden“, dankt die Stadtverwaltung allen Beteiligten für ihren großen Einsatz. Um diese Erfolge nicht zu gefährden, bittet die Stadtverwaltung ausdrücklich darum, Fahrzeuge nicht verbotswidrig auf den Gehwegen abzustellen. Fußgänger und hier insbesondere die Schulkinder sollen ungefährdet unterwegs sein können – gerade mit Hinblick auf die dunkle Jahreszeit. Die Stadtverwaltung appelliert an jeden Fahrzeugführer auch in der gegenwärtigen Ausnahmesituation größtmögliche Sorgfalt und Rücksichtnahme gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern walten zu lassen, auch ohne dass ordnungsbehördliche Maßnahmen zur Anwendung kommen müssen.”
Es wird also wieder für Recht und Ordnung gesorgt. Presserecht und Pressefreiheit interessieren weniger als die Kontrolle des Parkens.
Hier unsere Anfrage vom 27. September 2021 im Original (übrigens die erste, seit wir von und über das Ahrtal berichten):
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Orthen,
seit Anfang August berichten wir aus und über das Ahrtal, wie Ihnen vermutlich bekannt ist.
Aktuell bitten wir um Antwort auf folgende Fragen:
Wer ist für die Bezahlung der Dixi-Toiletten zuständig?
Falls die Stadt – wieso werden die Kosten für die behindertengerechten Toilette nicht übernommen?
Das Helferzelt soll vom derzeitigen Standort verlegt werden – was ist der Grund dafür und wann soll das Zelt wohin kommen?
Nach unseren Informationen sind sowohl die Containeranlage wie das Baustoffzelt noch privat vorfinanziert – warum gibt es keine Kostenübernahme von Seiten der Stadt?
Falls diese nicht zuständig ist – wer ist zuständig?
Nach uns vorliegenden Informationen sind Bauunternehmer von der Gemeinde beauftragt worden – teils mit Aufträgen in erheblicher Höhe. Unternehmer, die in den ersten Wochen auf eigene Faust geholfen haben, haben bislang keine Vergütung erhalten. Warum nicht?
In welcher Gesamthöhe wurden bislang Aufträge vergeben?
Wer bezahlt diese Aufträge?
Wie ist der Stand der Dinge nach der “Kehrwoch” – müssen Immobilienbesitzer Schutt und Müll auf eigene Kosten entsorgen lassen? Wir bitten um Erläuterung, wie dies künftig gehandhabt werden soll.
Wie viele Tonnen Müll und Schutt sind in der Gemeinde bislang entsorgt worden – geschätzt wie viele Tonnen müssen noch abtransportiert werden?
Warum werden nur noch 11 der vorher über 50 Versorgungsposten mit Essen beliefert? Falls die Stadt nicht zuständig ist, wer dann?
Wer prüft wie oft, ob die vereinbarten Catering-Lieferungen in Qualität und Menge dem Auftrag entsprechen?
Haben Sie sich die Containeranlage, das Baustoffzelt, die Werkstätten und das Helferzelt mal persönlich angeschaut und sich von den “Betreibern” unterrichten lassen? Wenn ja, wann war das und was ist Ihr Eindruck?
Wie viele Schülerinnen und Schüler können aktuell nicht mehr ihre Schulen besuchen?
Wir haben Hinweise, dass der Transport nicht optimal angelaufen ist – wie ist der Stand der Dinge?
Wieviele Bewohner von Seniorenheimen wurden aus dem Stadtgebiet an andere Orte verlegt?
Wie hoch schätzen Sie die Schäden an der öffentlichen Infrastruktur der Gemeinde?
Wie viele Wohneinheiten sind im Stadtgebiet komplett zerstört, müssen vermutlich abgerissen werden oder sind derzeit nicht bewohnbar?
Wie viele Haushalte können vermutlich nicht bis Ende November an die Wärmeversorgung angeschlossen werden?
Wie viele Betriebe sind aktuell nicht in der Lage ihr Geschäft zu betreiben?
Wie viele Einwohner sind seit der Flut arbeitslos geworden?
Besten Dank vorab
Mit freundlichen Grüßen
Hardy Prothmann