Mannheim, 02. April 2014. (red/ld) Eine heftige Diskussion entbrannte im Gemeinderat am Dienstag um die Anschubfinanzierung des „Kulturparkett Rhein-Neckar e.V.“, der Menschen mit weniger Einkommen kostenlosen Eintritt zu Kulturveranstaltungen wie Theater oder Museen ermöglichen soll.
„Bereicherung“ war nur einer der Vorwürfe, denen sich Verwaltung und Initiatoren konfrontiert sahen.
Von Lydia Dartsch
Der Kulturparkett Rhein-Neckar e.V. will es Bürger/innen, die wenig Geld haben, ermöglichen, kostenlos oder zum ermäßigten Preis ins Theater oder ins Museum zu gehen. Dafür geben die Jobcenter seit Januar den Kulturpass auf Antrag an Empfänger von Arbeitslosengeld II aus. Verwaltet werden die Anträge von den 21 aktiven Mitgliedern des Vereins. Im Ehrenamt.
Um die Verwaltung der Kulturpässe und die Verteilung der Freikarten zukünftig gewährleisten zu können und den Inhabern der Kulturpässe eine Anlaufstelle bieten zu können, hatte der Verein die Stadt um Unterstützung in Form einer Anschubfinanzierung in Höhe von 72.000 Euro für die Jahre 2014 und 2015 gebeten.
„Keine Bereicherung festzustellen“
Damit soll ein Laden für zwei Jahre angemietet und eingerichtet werden. Zwei Mini-Job-Stellen für je 40 Stunden im Monat sollen geschaffen und ein Telefondienst eingerichtet werden, mit dem kurzfristig freigewordene Eintrittskarten vermittelt werden können. Mit diesem Engagement will der Verein Menschen mit geringem Einkommen den Zugang zu Kultureinrichtungen ermöglichen.
Bereits im Kulturausschuss sei der Antrag auf Anschubfinanzierung sehr kritisch hinterfragt worden, sagte Kulturbürgermeister Michael Grötsch (CDU) am Dienstag, bevor er die im Ausschuss gestellten Fragen beantwortete. Der Vorwurf der Bereicherung erfülle sich nicht, sagte er. Laut Satzung diene der Verein mildttätigen Zwecken und die Mitglieder setzten sich dafür ehrenamtlich ein, ohne Zuwendungen vom Verein zu erhalten. Auch eine übermäßige Bewirtung sei bei 800 Euro für zwei Jahre, die in der Anschubfinanzierung enthalten sind, um den Kulturpassinhabern mal ein Getränk zu sponsorn, nicht festzustellen, sagte Herr Grötsch.
Hohe Summen für Reiche, große Diskussion für Arme
Zu hoch sei die beantragte Anschubfinanzierung für einen solchen Zweck, sagte Stadtrat Prof. Dr. Achim Weitzel (Mannheimer Liste) und Vorsitzender der „Freunde und Förderer des Nationaltheaters“: „Wir haben 45.000 Euro für die freie Szene in Mannheim bereitgestellt. Da wird wenigstens etwas produziert. Hier wird nur verwaltet.“ Auch die CDU sprach sich gegen den Antrag aus. Claudius Kranz sagte: „Wir wollen nicht den Zugang zu Kultur erschweren. Aber es bereits viele Möglichkeiten, sozial Schwächere dabei zu unterstützen.“ Carsten Südmersen (CDU) sagte: „Das ist rausgeschmissenes Geld“. Dr. Elke Wormer (FDP) sprach sich für die Idee des Kulturpasses aus, aber die Verwaltung und Organisation solle bitte ehrenamtlich erfolgen, nicht unter Beteiligung der Stadt.
„Wenn es um die Interessen reicher Menschen geht, können wir schnell viel größere Summen ausgeben“, sagte Mirjam Caroli (Grüne). Diese Diskussion um 72.000 Euro finde sie sehr erstaunlich. Auch Thomas Trüper (Die Linke) sprach sich für den Kulturpass aus. Die Unterstützung für arme Menschen sei sehr endlich, sagte er. Vor allem nachdem der Sozialpass durch die Kürzung mit CDU-Mehrheit vor vielen Jahren nur noch ein Kümmerdasein friste.
„Menschen mit geringem Einkommen haben auch das Bedürfnis nach Kultur“, sagte Herr Trüper. Dies seien beispielsweise Rentner/innen, die während ihres Arbeitslebens ein Theaterabo hatten, sich dieses aber von ihrer Rente nicht mehr leisten könnten, sagte Marianne Bade (SPD). Im Nationaltheater blieben häufig Plätze frei, sagte sie: „Wenn wir Plätze subventionieren, die leer bleiben, dann sind die städtischen Zuschüsse in den Wind geschlagen“, sagte Frau Bade.
25 gegen 20 Stimmen entschied der Gemeinderat am Schluss der Debatte für die Anschubfinanzierung des Kulturparketts. 250 Kulturpässe seien bereits ausgegeben worden, sagt Grünen-Stadtrat Gerhard Fontagnier auf Anfrage, der den Verein im Januar 2013 mitgegründet und deshalb wegen Befangenheit nicht an der Debatte und der Abstimmung teilgenommen hatte. 84 Karten sind laut Beschlussvorlage bereits abgerufen worden. Derzeit können gut 4.000 Bürger/innen den Kulturpass beantragen. Künftig soll die Reichweite noch ausgebaut werden, sagt Herr Fontagnier: „Dafür kommen gut 10.000 Menschen in Frage“, sagt er.