Mannheim, 01. April 2020. (red/pro) Nein, das ist kein Aprilscherz. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) will sich die Entscheidungskompetenzen des Hauptausschusses und des Ausschusses für Umwelt und Technik übertragen lassen. Die FDP lehnt das ab – zu Recht.
Kommentar: Hardy Prothmann
Die Vorlage V171/2020 „Maßnahmen der Stadt Mannheim zur Bewältigung der finanziellen Auswirkungen der Corona-Epidemie“ hat es in sich. Sieben Punkte hat die Beschlussvorlage, die ersten sechs beinhalten konkret benannten Hilfen, wie ein Budget von 500.000 Euro für „stille Beteiligungen“ an finanziell angeschlagen Start-ups und sind insgesamt unproblematisch.
Punkt 7 hingegen nicht: „Die Befugnisse des Hauptausschusses und des Ausschusses für Umwelt und Technik werden
unter den dargestellten Maßgaben vorübergehend an den Oberbürgermeister übertragen“, heißt es in der Vorlage.
Konkret bedeutet das, dass der Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz laut Hauptsatzung dann, die „Bestellung von Sicherheiten, Übernahme von Bürgschaften und von Verpflichtungen aus Gewährverträgen und Abschluss der ihnen wirtschaftlich gleichkommenden Rechtsgeschäfte über 100.000,00 Euro bis 1.500.000,00 Euro im Einzelfall“ entscheiden könnte sowie ebenfalls bis 1,5 Millionen Euro bei „überplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen“.
Die FDP-Gruppe kritisiert den Antrag, beispielsweise steht darin, dass diese Ermächtigung zeitlich befristet sei, ein Datum wird allerdings nicht genannt. Die FDP fordert hier zwei Monate. Statt einer Übertragung der Entscheidungskompetenz beider Ausschüsse an den Oberbürgermeister, fordert die FDP, dass lediglich „die Befugnisse des Ausschuss für Umwelt und Technik“ an den Hauptausschuss übertragen werden. Da die Maßnahmen der Stadt als Ergänzung für Förderungen durch Bund und Land gelten sollen, kommt man zu dem richtigen Schluss: „Es besteht Zeit für eine ordentliche Beratung.“
Ein Rumpfgemeinderat mit nur der gesetzlich vorgeschriebenen Hälfte der Gemeinderäte, also 24 statt 48, soll diese Entscheidung morgen treffen. Es wird äußerst interessant sein, wie sich die politische Mehrheit der linken Parteien hier positioniert. Wird man diese Kompetenzübertragung – ohne Not – durchwinken?
Wenn ja, entscheidet man sich gegen jede demokratische Debatte zum Aufwand von erheblichen Summen Steuergeldern. Man kann ins Feld führen, dass man dem Oberbürgermeister vertraut – darum geht es aber nicht. Auch Oberbürgermeister vom Schlage eines Dr. Peter Kurz haben nicht immer alles im Blick und sind vor allem darauf angewiesen, auch andere Perspektiven zu beachten. Zudem ist der Hinweis richtig, dass es aktuell aus RNB-Sicht keinerlei Gründe gibt, bei dringenden Angelegenheiten Entscheidungen nicht über Sondersitzungen des Hauptausschusses herbeizuführen. Das ist immer möglich. Sollte es „brenzlig“ werden, hat der Oberbürgermeister nach der Gemeindeordnung bereits jetzt die Möglichkeit, „Eilentscheidungen“ zu treffen, §43, (4):
„In dringenden Angelegenheiten des Gemeinderats, deren Erledigung auch nicht bis zu einer ohne Frist und formlos einberufenen Gemeinderatssitzung (§ 34 Abs. 2) aufgeschoben werden kann, entscheidet der Bürgermeister an Stelle des Gemeinderats.“
Allerdings muss er sich dazu erklären: „Die Gründe für die Eilentscheidung und die Art der Erledigung sind den Gemeinderäten unverzüglich mitzuteilen.“ Dies würde durch den Beschluss entfallen.
Diese Ermächtigung ist zudem dann schädlich, wenn der Oberbürgermeister Entscheidungen treffen würde, die sich im nachhinein als falsch, ungeeignet, unsinnig oder gar als „Vetterleswirtschaft“ herausstellen würden. Dann wäre nicht nur die Demokratie und hier das Hauptorgan der Gemeinde beschädigt, sondern auch das Ansehen von Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz.
Es gibt schon Befürchtungen, dass über diesen Passus Entscheidungen in Sachen Buga oder Universitätsklinikum getroffen werden, die sonst im Hauptausschuss für erheblichen Beratungsbedarf sorgen würden.