Mannheim, 01. April 2020. (red) Die Stadt Mannheim behauptet, dass die morgige Gemeinderatssitzung “sich innerhalb des von der Gemeindeordnung Baden-Württemberg vorgegebenen rechtlichen Rahmens bewegt”. Ob das so ist, darf angesichts hektischer Maßnahmen in jüngster Vergangenheit bezweifelt werden. Die “Maßnahmen” sind äußerst rigide und das Prinzip der Öffentlichkeit unter erheblichem Druck. Die Sitzung wird stattfinden, ob die Beschlüsse allerdings einer rechtlichen Prüfung standhalten, ist fraglich.
Die Stadt Mannheim mit einer Pressemitteilung vom 31. März 2010, 19:18 Uhr erhebliche Einschränkungen der kommenden Gemeinderatssitzung am 02. April 2020, 16 Uhr, im Ratssaal angekündigt. Diese Sitzung sieht erhebliche Restriktionen vor. Angeblich sind diese laut Gemeindeordnung und Hinweisen des Innenministers Thomas Strobl (CDU) “zulässig”.
Ob das so ist, muss man möglicherweise gerichtlich überprüfen lassen – falls jemand Klage erhebt. Dann wären zunächst auch alle Beschlüsse erstmal nicht zulässig.
Ob eine Pressemitteilung zur Organisation der Gemeinderatsarbeit einen Tag vor der Sitzung “zulässig” sein kann, wird von RNB erheblich bezweifelt. Ebenso eine willkürliche Besetzung und Reduzierung der Mitglieder des Gemeinderats. Jeder Gemeinderat ist unabhängig gewählt und unterliegt nur seinem Gewissen verpflichtet, wie §32 der Gemeindeordnung klar regelt:
“(3) Die Gemeinderäte entscheiden im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung. An Verpflichtungen und Aufträge, durch die diese Freiheit beschränkt wird, sind sie nicht gebunden.”
Wenn die Stadt Mannheim “per orde de mufti” mitteilt, wie eine Gemeinderatssitzung stattzufinden hat, ist dies aus RNB-Sicht grob rechtswidrig, sofern es keine durch den Souverän (Gemeinderat) erfolgte und und nach Recht und Gesetz beschlossene Selbstbeschränkung gibt.
Wir dokumentieren die Pressemitteilung, unsere Anmerkungen sind kursiv und in Klammern gesetzt.
“Die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus haben auch Auswirkungen auf die Gemeinderatsarbeit. Das Vorgehen der Stadt Mannheim dazu entspricht den Hinweisen des Innenministeriums Baden-Württemberg. Es wurden organisatorische Maßnahmen getroffen, die sich innerhalb des von der Gemeindeordnung Baden-Württemberg vorgegebenen rechtlichen Rahmens bewegen.
(Es fehlt hier jeder Hinweis auf rechtliche Grundlagen. Es handelt sich um eine Behauptung. Eine rechtliche Grundlage wird nicht mitgeteilt und ist damit erheblich zweifelhaft. Wenn der Gemeinderat dies so hinnimmt, entmachtet er sich aus RNB-Sicht und gibt seine Souveränität ohne kritische Prüfung ab.)
Für die nächste Gemeinderatssitzung am 02.04. 2020 sind folgende Maßnahmen vorgesehen:
Die Fraktionen haben sich verständigt, nur mit einem Teil, gemessen an der jeweiligen Stärke teilzunehmen.
(Was die Fraktionen im Hinterzimmer aushandeln, ist vollständig ohne Belang. Ohne eine Entscheidung des Gemeinderats ist das hohles Geschwätz und Hinterzimmerpolitik, die öffentlich nicht zu vermitteln ist.)
Voraussichtlich werden 24 Gemeinderatsmitglieder an der Sitzung teilnehmen.
(Was meint “voraussichtlich” und welche Relevanz hat das?)
Dabei bleiben die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat trotz der Abwesenheit von Mitgliedern hergestellt.
(Man muss diese Sichtweise erheblich bestreiten. Selbstverständlich haben Fraktionen eine herausragende Stellung im Gemeinderat, aber die Annahme von “Mehrheitsverhältnissen” ist äußerst kritisch, außer, man ist überzeugt, dass es in Deutschland wie in maoistichen Staaten zugeht.)
Durch die so veränderte Sitzordnung wird der erforderliche Sicherheitsabstand zwischen den Stadträtinnen und Stadträten eingehalten.
(Das ist “süß” – wird man künftig in der politischen Debatte auch solche “Sicherheitsabstände” herstellen? Scherz beiseite. Öffentlich werden allen Personen mit erheblichen Stragen bedroht, sofern sich mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit “versammeln” oder mehr als fünf Personen im privaten Raum. Hier kommen nun 24 Personen plus Bürgermeister und Verwaltungsangestellte und Medienvertreter und eine auf zehn Personen eingeschränkte “Öffentlichkeit” zusammen. Warum und wieso erklärt der Pressesprecher, Ralf Walther nicht, was wir als Fehlleistung einschätzen.)
Die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung wurde stark verkürzt.
(Wieso, weshalb, warum?)
Die Zahl der zugelassenen Zuhörerinnen und Zuhörer wurde auf maximal zehn Personen reduziert, die sich im Vorfeld per Mail zur Sitzung anmelden mussten. (Anmeldung unter 15ratsangelegenheiten@mannheim.de) Außerdem müssen sich die Zuhörer auf der Empore in eine Anwesenheitsliste eintragen.
(In einer Stadt von 320.000 Einwohner sind zehn, zuvor kontrollierte “Bürger” alles andere als eine “Öffentlichkeit”. Die könnte man auch durch “Gesandte” ersetzen. Auch das ist ein Punkt, der extrem mit der grundsätzlich notwendigen Öffentlichkeit von Sitzungen kollidiert. Auch hier gibt es keinerlei rechtliche Hinweise. Aus RNB-Sicht aus “guten Gründen”, denn das ist rechtlich mehr als zweifelhaft, ob das so zulässig sein kann.)
Die Sitzung des Gemeinderates wird zudem live per Video übertragen. Unter www.mannheim.de/gr-live können Interessierte die Sitzung verfolgen.
(Einer stattfindenden Sitzung kann man persönlich folgen. Einer Sitzung, bei der das Internet zusammenbricht, nicht. Auch nicht, wenn man keinen Internetzugang hat oder nicht die erforderliche Software. Auch diese Aussage bewegt sich rechtlich auf äußerst dünnem Grad.)
Anmerkung für die Redaktionen:
Auch die Plätze für die interessierte Presse sind begrenzt. Da bereits Anmeldungen vorliegen, bitten wir deshalb um umgehende verbindliche Anmeldung unter ralf.walther@mannheim.de, wenn Sie die Gemeinderatssitzung vor Ort verfolgen wollen.”
(Selbstverständlich meldet sich das RNB immer zuverlässig an, aber niemals unter der Bedingung “verbindlich”. Es ist bislang auch völlig unüblich, dass die Stadt Mannheim festlegt, welche Medienvertreter an Sitzungen teilnehmen “können”. Das mag einer besonderen Krisensituation geschuldet sein, aber eine rechtlich-“verbindliche” Regelung ist nicht vorhanden, sondern wird nur behauptet. Weiter ist erheblich merkwürdig, dass sich insbesondere in Baden-Württemberg seit Jahren gegen eine Videoübertragung der Gemeinderatssitzung wehren, mit Hinweis auf die ehrenamtliche Tätigkeit und “Persönlichkeitsrechte”. Diese Haltung ist offenbar ohne jede Entscheidung des Gemeinderats aktuell neu definiert worden. Fraglich ist, wie die Videoübertragung stattfinden wird – gibt es nur ein Standbild oder werden die Gemeinderäte bei Wortbeiträgen “in den Fokus genommen”. Wenn nicht, wäre das eine klare Zensur, weil man als “live” vor Ort sich eben keinen persönlichen Eindruck machen könnte. In Summe wird diese Gemeinderatssitzung der Stadt Mannheim unter vollständig unklaren rechtlichen Bedingungen stattfinden und erheblich angreifbar sein. Abgesehen davon verabschiedet man sich vom Prinzip der Öffentlichkeit, was man nur “pro forma” beibehält und so tut als ob. Wenn der Gemeinderat dies mitträgt, entledigt er sich seinem Anspruch auf Souveränität und kann fortan als “Zustimmungsclub” bezeichnet werden, der alles mitträgt, was die Verwaltungsleitung vorgibt.)
Das RNB akzeptiert die Bedingungen von Herrn Walther nicht, nicht nur wegen der staatlichen Einschränkung der Pressefreiheit, sondern vielmehr aus grundsätzlichen, wie oben dargestellten Zweifeln an der Zulässigkeit dieser Gemeinderatssitzung und der Überlegung, dass wir durch Teilnahme ganz sicher nicht zu einer “Pseudo-Legitimierung” beitragen werden.
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