Rhein-Neckar, 27. September 2016. (red/ric/pro) Wenn sie in den Einsatz gehen, dann ist die Lage ernst – ob marodierende Fußballfans, Kneipenschlägerei, aufgeheizte Demo oder Zugriff auf gefährliche Personen: Die Beamten der Polizeihundestaffel sorgen mit ihren Hunden meist schnell für Ruhe, denn 42 gefletschte Zähne sind 42 gute Argumente, Anweisungen Folge zu leisten. So bedrohlich die Hunde sein können – nach dem Einsatz sind sie zu Hause liebenswerte und verspielte Familienhunde.
Von Hardy Prothmann
Chap spitzt die Ohren. Sein Blick fixiert die Zielperson. Der sechsjährige Schäferrüde legt die Ohren an. Sein Körper baut Spannung auf. Er bellt laut, fletscht die Zähne, steigt an der Leine auf die Hinterfüße. Chap ist jetzt scharf. Im Kampfmodus. Ab jetzt ist mit Chap nicht mehr zu spassen. Er ist bereit für den Zugriff:
Bleiben Sie stehen und bewegen Sie sich nicht, sonst lasse ich den Hund los.
Polizeihauptmeister Ackermann signalisiert seinem Gegenüber, dass ab jetzt Schluss mit lustig ist. Entweder die Person folgt der Anweisung oder Chap wird die polizeiliche Aufforderung durchsetzen. Mit 42 scharfen Argumenten – so viele Zähne hat ein Hund im Maul. Große Zähne. Scharfe Zähne.
Die Person hört nicht auf den Polizeibeamten – wer nicht hören will, muss halt fühlen. Chap schnellt nach vorne. Seine Reißzähne dringen tief in den Unterarm des Mannes ein:
Wenn der Biss richtig sitzt, ist der Hund durchaus in der Lage, die Unterarmknochen zu brechen.
Harald Hohmann lächelt milde. Der Erste Kriminalhauptkommissar leitet die Polizeihundestaffel. Idyllisch ist sie gelegen, in einem ehemaligen landwirtschaftlichen Gut im Mannheimer Vorort Straßenheim. Ein zweiter Standort ist in Walldorf – beide zusammen bilden eine Einheit.
Schäferhundepapst Hohmann

Harald Hohmann – der Leiter der Polizeihundestaffel des Polizeipräsidiums Mannheim ist so eine Art “Schäferhundepapst” in Deutschland. Es gibt nichts, was er über die Hunde nicht weiß und vor allem weiß er, wie man sie effektiv einsetzt. Seine Einheit ist mit 40 Beamten überschaubar, tatsächlich erweitert sich die “Man-Power” durch die Hunde vergleichbar auf gut 200 Einsatzkräfte.
Herr Hohmann ist sowas wie der Schäferhundepapst in Deutschland – mutmaßlich gibt es kaum jemanden, der mehr über diese Hunde weiß. Er züchtet sie selbst seit Jahrzehnten. Er war früher auch Hundeführer, wechselte dann zur Kriminalpolizei und kehrte 2007 zur Polizeihundestaffel beim Polizeipräsidium Mannheim zurück. Seitdem ist er hier der Leiter. Die Polizeihundestaffel ist Polizeirevieren gleichgestellt.
40 Beamte sind in seiner Einheit. Fünf davon sind Frauen:
Die Anforderungen für diese Arbeit sind sehr hoch. Ruhe, Nervenstärke und physische Ausdauer sind gefragt.
Wird es bei den Kollegen der Schutzpolizei brenzlig, wird die Hundestaffel um Unterstützung gebeten. Die Staffel ist immer bereit für den Einsatz. 24 Stunden am Tag. 7 Tage die Woche. Rechnet man die Hunde hinzu, ist die Einheit zwischen 160 und 200 “Mann” stark – wenn es zum Konflikt kommt, ersetzt ein Hund vier bis fünf Polizeibeamte.
Nur die Besten
Für Hohmann spielt das Geschlecht bei der Auswahl neuer Kollegen keine Rolle. „Für uns kommen nur die besten Beamten in Frage“, sagt er. Beamte, die mindestens fünf bis sechs Jahre Dienst auf einem großem Polizeirevier geleistet haben, nimmt er mit „Kusshand“: “Die haben schon viel erlebt und sind dementsprechend gestählt.”
Welche Hunde kommen für einen Dienst bei der Polizei in Frage und ab welchem Alter entdeckt man deren Eignung?
Hohmann erkennt den besten eines Wurfes bereits kurz nach der Geburt:
Die Selbstbewussten und Starken sind für uns interessant, also die, die sich bereits an der Zitze gegen die anderen durchsetzen. Die Hunde werden mehr oder weniger von Geburt an von uns konsequent erzogen.
Jeder Polizeihundeführer zieht sich seinen Nachwuchs selbst. Nach Dienstschluss bleiben beide zusammen. So angsteinflössend die Tiere im Dienst auch sind, zu Hause sind sie liebenswerte Familienhunde.
In den ersten rund eineinhalb Jahren wird der Hund “sozialisiert”, quasi vom Kleinkindalter bis zum Teenager. Erst ist Kindergarten, dann Grundschule, dann weiterführende Schule. Sitz, Platz, Bei Fuß, die Standardkommandos werden kontinuierlich gelernt. Das ist die Grundausbildung – gleichzeitig bindet der Hundeführer seinen Hund an sich, schließlich sollen beide später als Team arbeiten.

Polizeihundeführer und der Schutzhund agieren immer als Team. Polizeihauptmeister Andy Ackermann mit Chap, der gleich einen Tatverdächtigen jagen wird.
In drei bis vier Monaten zum Polizeischutzhund
Ist der Hund etwa eineinhalb Jahre alt, beginnt die dienstliche Ausbildung. Die Sozialisierung und die Gehorsamsausbildung sind dann bereits abgeschlossen. Verhaltens- und Wesensprüfungen sowie ein Gesundheitscheck sind obligatorisch. Sind alle Prüfungen bestanden, kann die Ausbildung beginnen. Jetzt kommen auch körperliche Anstrengungen hinzu: Das Überwinden von Hindernissen beispielsweise:
Früher hatten die Schäferhunde häufig Hüftprobleme. Das ist mehr oder weniger weggezüchtet, kann aber bei jedem Hund auftreten, insbesondere, wenn junge Hunde beispielsweise durch Treppensteigen falsch belastet werden. Die Knochen- und Knorpelstrukturen sind erst mit rund eineinhalb Jahren so gut ausgebildet, dass der Hund ohne Gesundheitsschäden einer körperlichen Belastung gewachsen ist. Das ist wie bei Menschen – kleine Kinder schickt man ja auch nicht zum Gewichte heben, das würde die jungen Körper schädigen,
sagt Herr Hohmann.
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Die Dauer der Ausbildung beträgt nur drei bis vier Monate, in denen dem angehenden Schutzhund die Grundlagen der Polizeiarbeit beigebracht werden. Ab jetzt trainieren die Hunde täglich – und zwar ein Leben lang. Die Hundeführer bedienen sich der Triebe der Hunde, um Trainingsinhalte zu vermitteln.
Vor 30 Jahren wurden die Hunde martialisch aufgezogen. Heute sind die Methoden ganz andere. Das ist besser für die Hunde und insgesamt auch effektiver für uns. Das lebenslange Training muss sein – die Hunde vergessen sonst. Sie brauchen ihre Routinen, damit sie immer nur das tun, was wir von ihnen wollen,
sagt Herr Hohmann.
Leckerli immer griffbereit
Erlernt ein Tier ein gewünschtes Verhalten, belohnen die Polizisten dies durch das Ausleben des Spiel- und Nahrungstriebes. Die Beamten haben stets ein “Leckerli” dabei – auch im Einsatz wird der Hund für das jeweils gewünschte Verhalten belohnt.

Bei der Verfolgung von Verdächtigen geht es über Stock und Stein und auch Zäune. Diensthund Chap springt mal locker über ein Hindernis.
Sind die Hunde im Dienst, werden sie fortlaufend auf ihre Tauglichkeit geprüft. Jedes Jahr müssen sie sich diversen Prüfungen unterziehen.
Misslingt eine der Prüfungen, wird der Hund aus dem Dienst genommen – so lange, bis alle Anforderungen wieder erfüllt sind. Wenn Sie so wollen, ist das eine Art Qualitätssicherung,
sagt Herr Hohmann und guckt ernst, um klar zu machen, was “Masse” ist. Der Hund muss einwandfrei gehorchen und das gewünschte Verhalten ohne Kompromisse erbringen. Die Tiere gelten als “Einsatzmittel”. Auch der Schlagstock, Pfefferspray oder die Dienstpistole sind “Einsatzmittel”. Mit anderen Worten: Jeder Hund ist eine Art Waffe. Und deren sicherer Umgang muss gewährleistet sein.
Der Hund ist ein Einsatzmittel
Auch die Hundeführer müssen das im Zweifel knallhart so sehen – die Hunde sind ein Schutz für andere Menschen, insbesondere Kollegen. Im Zweifel würde man das Einsatzmittel opfern:
Jeder von uns hat aber ganz selbstverständlich auch eine emotionale Bindung an den eigenen Hund. Das ist schließlich der Partner im Einsatz – eigentlich fast wie ein Kollege,
sagt Herr Ackermann. Die anderen Hundeführer nicken. Als Profis – natürlich ist immer klar, wer der Chef ist und dass die Hunde auf Kommando zu parieren haben. Keins der Tiere ist “vermenschlicht”, auch, wenn jeder Hund seinen “speziellen” Charakter hat.
Jeder muss seinen Hund aus dem Effeff kennen. Interessant ist beispielsweise, wenn es zum ersten Biss kommt. Es gibt Typen, denen gefällt der Geschmack und die wollen mehr, andere lassen erstmal verdutzt wieder los, wie so eine Art “Bäh, wie schmeckt der denn?”,
sagt sein Kollege Uwe Roscha und lacht. Die anderen mit ihm. Am Ende gewöhnen sich die Tiere aber dran. Der Auftrag ist nicht, einen Menschen zu fressen, sondern diesen zu stellen. In Eskalationsstufen. Das Stellen ist wie das Sichern einer Person. Das Fletschen und Bellen ist die Gewaltandrohung. Und wenn gar nichts anderes hilft, folgt der “unmittelbare Zwang”. Also der Biss.

Polizeikommissar Thomas Boris mimt den Bösewicht und Diensthund Chap ist es vollkommen egal, dass unter der Schutzkleidung ein Polizeibeamter steckt. Er hat den Befehl bekommen, einen Verdächtigen zu stellen. Und das macht er – kompromisslos.
Volle Konzentration und Spannung
Zurück auf dem Trainingsplatz. Wieder zeigen uns die Beamten eine Zugriffssituation. Der Tatverdächtige wird zunächst von Chap gestellt. Der springt vor dem Mann immer wieder hoch und zeigt auf Kopfhöhe seine 42 Argumente. Das ist sehr, sehr beeindruckend. Dann bekommt er den Rückzugsbefehl, weil der Hundeführer eingetroffen ist. In diesem Augenblick bewegt sich der Tatverdächtige und es gibt noch einen kurzen Schnapp von Chap in den Arm.
Dann zieht sich der Hund zurück und macht Platz im Gras. Der Körper ist weiter voll unter Spannung und Chap fixiert die Person mit einem solch durchdringenden Blick, als wolle er den Mann hypnotisieren. Die ganze Körperhaltung strahlt aus: “Mach jetzt keinen Fehler.”

Es ist, als wollte Chap sagen: “Alter, mach jetzt bloß keinen Fehler. Ich pass auf Dich auf und wenn Du einen Fehler machst, ja dann bist halt selber schuld…”

Selbst schuld, der Typ ist bis jetzt unbelehrbar. Chap schießt heran.

Ohne Bissschutz wären das jetzt Schmerzen ohne Ende und möglicherweise ein gebrochener Unterarm. Chap hat den “Bösewicht”, der in Wirklichkeit einer von den “Guten” ist, fest im Biss.
Gegenwehr ist ein schwerer Fehler
Doch der Mann macht den Fehler, er will sich nicht verhaften lassen und zeigt Gegenwehr. Wie ein Blitz schießt Chap vor und beißt kräftig zu, zerrt am Arm. Hätte Herr Boris keinen Bissschutz, wäre die Verletzung enorm:
In diesem Augenblick geben eigentlich alle auf. Das tut einfach höllisch weh und die Personen merken sofort, dass sie da nicht mehr rauskommen. Ich habe allerdings einen Fall erlebt, da hat ein Hüne von einem Mann dem Hund den Arm sogar freiwillig angeboten. Als der sich verbissen hatte, zog er den Hund an sich und wollte an mich ran. Wir mussten den zu mehreren kampfunfähig knüppeln. Später hat sich rausgestellt: Das war ein ehemaliger Fremdenlegionär. Darauf trainiert, keine Schmerzen zu empfinden. Das war unglaublich,
erzählt Herr Roscha. So eine Art Rambo also. Es kommt also eher nicht vor, dass jemand sich gegen einen ausgebildeten Schutzhund wehren kann?
Ein ganz klares Nein. Die verfolgen einen auch dann, wenn sie die Person nicht sehen können. Die Nase weist den Weg, egal ob bei Tag oder Nacht. Sie sind immer schneller und ausdauernder als ein Mensch. Sie sind in jedem Gelände einsatzfähig. Ein normaler Mensch hat absolut keine Chance gegen unsere Hunde.
Chap im Glück
Derweil lässt Herr Boris seinen Bissschutz los und überlässt ihn Chap. Der läuft schwanzwendelnd durch die Gegend:
Gucken Sie sich den an. Der ist jetzt im Glücksmodus. Er hat sein Spielzeug erobert und ist zufrieden. Wir lassen ihm die Freude. Das gehört zum Belohnungsprinzip der Ausbildung,
erklärt Herr Hohmann.

Chap im Glück – er hat das Spielzeug erobert und dreht mit wedelndem Schwanz eine Siegerrunde mit seinem Hundeführer Ackermann.
Wesensprüfung ziviler Hunde
Ein wichtiger Aufgabenbereich der Staffel ist, für die Sicherheit der Bürger auf der Straße zu sorgen. Dazu gehören nicht nur Polizeieinsätze, sondern auch Prävention und Kontrolle von gefährlichen Hunden. Die sogenannten Kampfhunde werden deshalb regelmässig von den Beamten geprüft.
Diese Rassen sind ursprünglich für den Hundekampf gezüchtet worden. Treffen sie auf der Strasse auf andere Hunde, kann es zu Problemen kommen.
Herr Hohmann räumt dabei mit einem Klischee auf.
Diese Tiere sind überwiegend keine Bedrohung für Menschen. Allerdings sind sie genetisch bedingt und ohne entsprechende Ausbildung rasend schnell im Kampfmodus, wenn sie auf Artgenossen treffen. Das muss man ihnen aktiv aberziehen, sonst dürfen sie nur mit Maulkorb in die Öffentlichkeit.
Aus gutem Grund müssen als “Kampfhunde” klassifizierte Tiere samt Haltern sich zwei Prüfungen unterziehen, um dem Maulkorbzwang zu entgehen. Zunächst innerhalb der ersten 8 Lebensmonate des Hundes, dann im Alter zwischen 15- und 18 Monaten.
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Bei erfolgreichem Abschneiden erhält der Besitzer des “Kampfhundes” ein Zertifikat, dass er immer bei sich tragen muss, wenn er mit seinem Hund ohne Maulkorb unterwegs ist. So ist der Hundehalter auf der sicheren Seite, wenn es bei einer Kontrolle heisst : “Guten Tag. Ihre Papiere bitte.”
Gelingt das bei allen Hunden? Herr Hohmann verneint und verweist darauf, dass viel vom Halter abhängig ist. Tiere, die als nicht beherrschbar eingeordnet werden, müssen sogar im Zweifel eingeschläfert werden. Das entscheiden der Amtstierarzt und die Polizei gemeinsam.
Uriniergehabe von Rüden nervt manchmal
Zurück zu den Schutzhunden.
Bei uns werden die Hunde getrennt und ruhig gehalten, damit sie frisch für den Dienst sind. Jedoch werden sie wohldosiert zusammengeführt, um den gemeinsamen zielgerichteten Einsatz zu trainieren,
sagt Herr Hohmann. Die Hunde müssen im Einsatz harmonieren und lernen, dass sie hier nicht ihrem natürlichen Rudelverhalten nachkommen können, wo die Rangplätze untereinander ausgefochten werden.
Das bekommen wir meistens hin. Die Hunde wissen, dass im Einsatz kein Platz für Ränkespiele ist. Bei mir zuhause und bei allen Kollegen ist das anders. In meinem Rudel ist immer klar, wer der Chef ist. Also ich und dann der Leithund, meistens ein Rüde. Aber auch bei den Damen gibt es klare Rangordnungen.

Person gesichert, Chap an der Leine, aber von Null auf Hundert sofort wieder einsatzbereit.
Gibt es einen Unterschied zwischen Rüden und Hündinnen im Einsatz? Nein, sagt Herr Hohmann – beim Einsatz gegen Personen spielen die unterschiedliche Widerristhöhe und das Gewicht keine Rolle. Hündinnen haben etwa 55-60 Zentimeter Schulterhöhe, die Rüden 60-65 Zentimeter:
Was manchmal nervt, ist das Uriniergehabe der Rüden. Die müssen halt ständig das Revier markieren. Und läufige Hündinnen rauben ihnen manchmal die Konzentration. Da sind Hündinnen leichter zu handhaben, die haben diese Aussetzer nicht,
sagt Herr Hohmann und lacht. Er hat in den 35 Jahren wohl schon alles erlebt, was man sich vorstellen kann – auch dann erst, wenn man es konkret erlebt.
Der “Schäfer” ist der ideale Allround-Hund
Bei der Polizeihundestaffel kommen durchweg deutsche und belgische Schäferhunde zum Einsatz. Diese Züchtung ist ideal als Schutz- und Suchhund. Sie können Drogen oder Sprengstoff aufspüren – oder Leichen. Sie sind ideal für “Kampfeinsätze” oder um Situationen bei Großveranstaltungen zu kontrollieren.
Schäferhunde können natürlich auch lebende Personen suchen, aber hier sind “Mantrailer” im Vorteil:
Im Vergleich zum Schäferhund verfügen Maintrailer über einen wesentlich besseren Geruchsinn. Dementsprechend werden Mantrailer, beispielsweise der Jagdhund Weimaraner oder der bayerische Gebirgsschweißhund häufiger zur Vermissten- und Tätersuche angefordert. Diese Hunde sind allerdings nicht für „Kampfeinsätze“ geeignet, sondern nur zum Aufspüren lebender Personen,
sagt Herr Hohmann. Mantrailer gibt es bei der Hundestaffel Mannheim nicht. Man braucht diese Hunde nicht so oft wie Schutzhunde und deshalb gibt es davon weniger, die oft ein großes Einsatzgebiet haben. (Lesen Sie hierzu diesen Bericht)
Beim Einsatz achten die Beamten natürlich auch immer auf die Sicherheit der vierbeinigen Kameraden. Wie geht das bei einer Bierzeltschlägerei mit zerbrochenem Glas auf dem Boden? Zerschneiden sich die Hunde da nicht die Pfoten?
Ganz einfach – die Hunde bekommen Schuhe angezogen. Das mögen sie anfangs überhaupt nicht, aber auch das lernen sie und sind dann auch unter solchen Bedingungen absolut sicher auf den Beinen. Außerdem kommen die Schuhe bei Drogensuchen zum Einsatz. Finden die Tiere eine Spur, fangen sie an zu kratzen – und wenn das ein teures Auto ist, erzeugt das Schäden, die durch die Schuhe verhindert werden. Das ist auch kostengünstiger, denn vielleicht gibt es eine Geruchsspur, tatsächlich aber keine aufzufindenden Drogen mehr. Einen Porsche dann neu zu lackieren belastet das Budget des Landes,
sagt Herr Hohmann und zwinkert. Alles schon erlebt.

Mr. Schäferhund Hohmann hat schon alles erlebt – auch, dass er selbst gebissen worden ist. Vom Diensthund eines Kollegen. Einsatzrisiko halt.
Allein die Androhung wirkt Wunder
Auf der anderen Seite “sparen” die Hunde auch Geld. Hat sich eine Person verschanzt, von der Gefahr ausgeht, weil sie möglicherweise oder tatsächlich bewaffnet ist, reicht häufig bereits die Androhung des Hundeeinsatzes, um zum Aufgeben zu “überzeugen”:
Die allermeisten Leute, auch schwere Jungs, haben enormen Respekt vor Hunden. Wenn wir vor einem Haus stehen und durchsagen: “Achtung, hier spricht die Polizei. Verlassen Sie mit erhobenen Händen das Haus, sonst lassen wir den Hund rein”, wirkt meist Wunder,
sagt Herr Hohmann. Damit braucht es kein SEK oder MEK mehr. Person in Gewahrsam genommen, Lage geklärt.
Bei Durchsuchungen wirken Schutzhundeführer und Schutzpolizei oft in Teamarbeit. Die Hunde weisen den Weg, die Schutzpolizisten sichern ab:
Unsere Hunde sind ein sehr gutes und vielseitiges Einsatzmittel – unverzichtbar für die polizeilich vielfältigen Anforderungen. Aber auch hier gilt – die Sicherheit der Beamten und der Hunde haben immer Priorität.
Interessant ist, wie die Tiere in den jeweiligen Modus finden. Bekommen sie ein Körpergeschirr angelegt, wissen sie: “Ah, ich soll jetzt jemanden oder irgendetwas suchen.” Legt man ihnen hingegen ein gewisses Halsband an, wissen sie: “Kampfmodus – jetzt ist körperlicher Einsatz gefragt.”

Wer meint, vor Tiger müsste man weniger Sorge haben, weil der einen Maulkorb trägt, liegt falsch. Diese Konstruktion dient nur der “Verhältnismäßigkeit der Mittel” – der Hund kann zwar nicht beißen, aber rammen und damit erhebliche Schmerzen zufügen.
Als moderne Polizeieinheit entwickelt sich auch die Polizeihundestaffel weiter. Seit einiger Zeit werden die Hunde beispielsweise darauf trainiert, den Kampfeswillen von Personen auch ohne Biss zu brechen. Dazu wurde ein spezieller Maulkorb entwickelt, mit dem die Hunde eine Person rammen.
Rammbock-Technik
Dieser Maulkorb besteht aus stabilem Stahl und ist gepolstert, damit der Hund sich nicht verletzt. Wird dieser Spezialmaulkorb angelegt, weiß der Hund, was die Stunde geschlagen hat – er ist jetzt im “Dampframme-Modus”.

Treffer: Fast 50 Kilo geballte Kraft schießen in den Gegner, der Maulkorb trifft den Oberkörper, idealerweise den Solar-Plexus und man sieht, wie Herr Boris schwer beeindruckt von der Kraft ist, obwohl er spezielle Schutzkleidung trägt. Ohne diese läge er jetzt ausgeschaltet am Boden.
“Von der Leine gelassen” springt er mit aller Energie den Gegner an und versucht idealerweise den Torso zu treffen und hier speziell den Solar-Plexus, also die Stelle unterhalb des Brustbeins, wo viele Nerven zusammenlaufen. Ähnlich wie ein Boxer oder Kampfsportler – ein Schlag, oder in diesem Fall ein empfindlicher Stoß auf diese Stelle ist äußerst schmerzhaft und lässt den Gegner im Idealfall zusammenbrechen:
Wir versuchen auch hier die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu wahren. Aus unserer Sicht ist das ideal, um Zwang durchzusetzen, aber massive Verletzungen wie durch einen Biss zu vermeiden. Sinn und Zweck dieser Einsatzform ist, unser Ziel zu erreichen, nämlich eine aggressive, möglicherweise gefährliche Person unmissverständlich zur Aufgabe des Widerstands zu bewegen. Sind wir damit erfolgreich, ist allen gedient. Wir haben unser Ziel erreicht und die Person bleibt bis auf Schmerzen, die wieder weggehen, unverletzt. Zeigt diese Einsatzform keine Wirkung, bleiben die anderen Einsatzmittel. Der Maulkorb ist auch schnell entfernt und dann wird es bei weiterem Widerstand sehr ernst.
Chap ist während unseres Gesprächs und nach der Einsatzdemonstration längst wieder in seiner Box und ruht sich aus. Sobald die Hunde aus dem Einsatz genommen sind und wissen, dass sie gerade nicht gebraucht werden, gehen sie in den Ruhemodus. Kraft tanken.
Dabei sind sie separiert voneinander, denn im Gegensatz zu den Hundeführern, die Pausen nutzen, um sich abzusprechen oder auch mal einfach nur miteinander zu “quatschen”, wären die Hunde ständig damit beschäftigt, die Rangfolge herzustellen und immer wieder neu “auszuhandeln”, was durchaus mit Schäden verbunden wäre. In der tierischen Polizeiwelt zählen nicht Dienstgrad und die Sterne auf der Schulter, sondern nur, wer der Stärkste ist.
Rente nach zehn Dienstjahren
Im Alter von elf bis zwölf Jahren gehen die Schutzhunde der Polizei “in Rente”. Unterm Strich waren sie dann rund zehn Jahre im Einsatz. Die “alten Eisen” verbringen dann ihren Lebensabend bei ihren Herrchen, die rechtzeitig einen neuen Welpen heranziehen, um den alten Kameraden zu ersetzen. 75 Euro erhält jeder Polizeihundeführer monatlich als Verpflegungspauschale für den Diensthund. Davon müssen auch Tierarztrechnungen im normalen Rahmen bezahlt werden, beispielsweise Wurmkuren oder kleinere Behandlungen.
Chap ist aktuell sechs Jahre alt. Sein Kollege Tiger ist neun Jahre alt. Tiger ist noch voll einsatzfähig, aber nur noch zwei bis drei Jahre, während Chap in der “Blüte” seines Einsatzlebens steht.
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PHK Ackermann mit Chap – der bekommt das “Go”. Er soll einen Mann stellen.

Der Ganove hat sich versteckt. Das wird ihm aber nichts nutzen – Chap wird ihn finden.

Chap rast über den Rasen – seiner Nase nach, er hat den Bösewicht gewittert und folgt der Spur.

Chap hat das Kommando bekommen, sich ruhig zu verhalten.

Polizeihund Chap ist ordentlich angemeldet und hervorragend ausgebildet. Archivbild

Die Person entzieht sich dem Zugriff – Chap schnellt los.

Statt “Zugriff” erfolgt der “Zubiss” – ohne Schutz wären das jetzt erhebliche Schmerzen.

Wenn der Biss richtig sitzt, bricht das die Unterarmknochen.

“Du gehörst mir – verstanden?”

Chap bekommt den Befehl loszulassen – den muss er befolgen.

Tiger sieht eigentlich ganz freundlich aus – ein hübscher Hund.

Von Null auf Hundert – Tiger kommt in Fahrt.

Jetzt ist Tiger scharf.

Auch Tiger zeigt 42 absolut überzeugende Argumente, warum es nicht gut wäre, sich mit ihm anzulegen.

PHM Roscha ermahnt eine Person: “Bleiben Sie stehen, sonst lasse ich den Hund los.”

Das Gegenüber will den Anweisungen nicht folgen.

Tiger nimmt Fahrt auf.

Zwei Sätze, dann…

… Sprung…