Stuttgart/Heidelberg/Mannheim/Rhein-Neckar, 26. August 2015. (red/ms) Die Bevölkerung von Baden-Württemberg wird im Durchschnitt immer älter. Der Anteil der Menschen über 65 Jahren liegt inzwischen bei über 20 Prozent. Außerdem sterben in Baden-Württemberg seit fast einem Jahrzehnt mehr Menschen als hier geboren werden. Um diese Defizite ausgleichen zu können, ist Baden-Württemberg auf Zuwanderung angewiesen. Und dank der zugezogenen Mitbürgerinnen und Mitbürger gleicht sich auch das sogenannte „Geburtendefizit“ wieder zunehmend aus.
Von Minh Schredle
Im Jahr 2006 fiel die Bilanz zum ersten Mal seit 1978 negativ aus: Seitdem gibt es in Baden-Württemberg ein sogenanntes Geburtendefizit. Mehr Menschen sterben als geboren werden. Das war auch 2014 der Fall. Allerdings gleicht sich dieses Defizit wieder zunehmend aus.
Dem Statistischen Landesamt zufolge wurden 2013 nur in neun der 44 Stadt- und Landkreise Baden-Würrtembergs mehr Menschen geboren als verstorben sind. 2014 sind es immerhin 15 Kreise, in denen die Geburtenbilanz positiv ist. Dazu gehören auch Mannheim (34 Menschen) und Heidelberg (274). Spitzenreiter ist Stuttgart: Hier sind 1.124 Menschen mehr zur Welt gekommen als verstorben.
Bedenklich ist das Geburtendefizit im Rhein-Neckar-Kreis: Hier sind 533 Menschen mehr verstorben als geboren wurden. Lediglich im Kreis Karlsruhe ist diese Bilanz noch negativer („minus 542 Menschen“).
Zuwanderung stabilisiert soziale Defizite
Insgesamt gab es in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr nach Angaben des Statistischen Landesamts 95.632 Geburten und 100.663 Todesfälle – also „minus 5.031 Menschen“. Die Geburtenbilanz ist somit immer noch nicht ausgeglichen – aber sie nähert sich zunehmend einem Gleichgewicht an. 2013 lag das Defizit noch bei „minus 10.442 Menschen“, 2012 bei „minus 11.107“. Außerdem sind 2014 etwa 4.100 Kinder mehr geboren worden als im Vorjahr.
Nach Einschätzung des Statistischen Landesamts liegt die zunehmende Stabilisierung der Geburtenbilanz vor allem an der starken Zuwanderung nach Baden-Württemberg: Diese habe „auch zu einer Zunahme der Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter geführt“.
Mehr Geburten sind dringend notwendig – denn das Durchschnittsalter der Bevölkerung nimmt aktuell kontinuierlich zu: Wie das Statistische Landesamt mitteilt, steigt der Anteil der über 65-Jährigen seit Jahrzehnten – inzwischen macht er etwa 20 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Das entspricht gut 2,1 Millionen von knapp 10,7 Millionen Menschen. Zu Beginn der 1960er-Jahre war nur etwa jeder zehnte Mensch aus Baden-Württemberg älter als 65 Jahre. 2010 waren es gut 16 Prozent.
Bevölkerung wächst – aber warum?
Trotz ihres zunehmenden Alters und einer negativen Geburtenbilanz wächst die Bevölkerung Baden-Württembergs wegen der starken Zuwanderung: Im vergangenen Jahr sind zwar laut Statistischem Landesamt etwa 150.000 Menschen aus Baden-Württemberg fortgezogen. Gleichzeitig gab es aber fast 250.000 Zugezogene. Etwa ein Drittel dieser Menschen stammt aus dem Ausland.
Aktuell hat das Statistische Landesamt Daten über die Zuwanderung im Jahr 2014 veröffentlicht: Die Zahl der ausländischen Einwohner in Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr einen historischen Höchstwert erreicht und erstmals die Grenze von 1,4 Millionen Menschen überschritten. Etwa die Hälfte von ihnen – knapp 720.000 Menschen – stammen aus den EU-Mitgliedesstaaten.
Mit einem Plus von gut 80.000 Personen war der Zuwachs der ausländischen Bevölkerung im vergangenen Jahr so groß wie seit 1992 nicht mehr. Damals waren es etwa 97.500 Menschen. Knapp drei Viertel der 2014 zugezogenen Mitbürger stammen aus dem EU-Ausland.
Der mit deutlichem Abstand stärkste zahlenmäßige Zuwachs war mit etwa 20.600 bei den Einwohnern aus Rumänien zu beobachten. Dann folgen Polen (plus 7.000 Menschen), Ungarn (plus 6.200 Menschen), Bulgarien (5.900 Menschen) und Kroatien (plus 5.800 Menschen).
Der Zuwachs an Einwohnern aus den von der Euro-Krise betroffenen Ländern Italien, Griechenland, Spanien und Portugal fiel dagegen mit insgesamt 9.700 Menschen vergleichsweise gering aus.
Obwohl die Anzahl der Türken in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr um fast 4.000 Menschen abgenommen hat, bleiben sie mit knapp 266.000 Angehörigen die größte Gruppe vom Migranten, gefolgt von Italienern (knapp 173.000 Menschen), Kroaten (etwa 82.000 Menschen) und Rumänen (etwa 81.000 Menschen).