Mannheim, 26. April 2017. (red/pro) Seit heute muss sich ein vermutlich algerischer Staatsbürger wegen des Verdachts einer besonders schweren Vergewaltigung und des Raubes vor dem Landgericht Mannheim verantworten. Er soll am 22. Juli 2016 am frühen Morgen eine damals 26-jährige Frau vor ihrem Wohnhaus körperlich schwer misshandelt, vergewaltigt und beraubt haben. Der Tatverdächtige konnte eine Woche nach der Tat von der Polizei in Hamburg festgenommen werden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Laut Prozessankündigung soll der Beklagte „Abo J.“ 1992, 1993 oder 1998 geboren sein – deswegen verhandelt die Große Jugendkammer den Fall. Vor Gericht gab der Beschuldigte heute an, Mohammed B. zu heißen, am 29. April 1989 in Algerien geboren zu sein. Demnach wäre er zur Tatzeit 27 Jahre alt gewesen, was eine Bestrafung nach Jugendstrafrecht ausschließt.
Mindestens vier Identitäten hatte der als Flüchtling nach Deutschland gekommene Mann. Ob seine heutigen Angaben zur Person stimmen? Das weiß niemand. Klar sind nur die Tatvorwürfe und die haben es in sich.
Erst Selfie, dann Schläge und Tritte, orale und vaginale Vergewaltigung
Gegen 04:15 Uhr soll er sein Opfer auf Englisch angesprochen und bis vor die Haustür in der Käfertaler Straße begleitet haben. Er wollte mit in die Wohnung, weil er „nicht wusste, wohin er sollte“. Sein Opfer wies dies zurück. Dann wollte der Beklagte noch ein gemeinsames Foto, ein Selfie, was das Opfer gegen 04:40 Uhr zuließ. Als er die junge Frau zunehmend bedrängte, drohte sie, die Polizei anzurufen – stattdessen wählte sie aber zwei Nummern von Freunden, die allerdings schliefen.
Als sie das Hoftor aufgeschlossen hatte, drängte der Beklagte laut Anklage ihr nach, schlang seinen Arm um ihren Hals, sodass sie keine Luft mehr bekam. Als sie zu Boden ging, trat er so massiv auf sie ein, dass das Opfer einen Bruch des Augenhöhlenbodens, des Schlüsselbeins sowie zweier Rippen erlitt. Dazu kommen zahlreiche Hämatome an Kopf und Oberkörper.
Der Beklagte soll der schwer misshandelten und zeitweise ohnmächtigen Frau dann seinen Penis in den Mund gesteckt haben. Der Oralverkehr blieb ohne Samenerguss. Im Anschluss soll der Beklagte die Frau noch ungeschützt vaginal penetriert haben, was zu weiteren Verletzungen im Intimbereich führte. Auch hier erfolgte kein Samenerguss.
Küsse auf der Neckarwiese
Das Opfer war durch die Schmerzen und die Todesangst handlungsunfähig. Nach der Misshandlung und Vergewaltigung soll der Beklagte die Frau ans Neckarufer geschleppt haben, um dort auf einer Parkbank Versuche zu unternehmen, die Frau zu küssen.
Ein morgendlicher Jogger bemerkte die sichtbar schweren Verletzungen der Frau und verständigte den Rettungsdienst gegen 06:50 Uhr. Der Beklagte soll dann geflohen sein. Er soll der Frau zudem eine Halskette im Wert von 300 Euro geraubt haben, die er am selben Tag für 15 Euro veräußert haben soll.
Das Opfer M. trat heute beim Prozess nicht öffentlich auf. Gegen 09:45 Uhr beendete das Gericht die öffentliche Verhandlung, um das Opfer als Zeugin nicht-öffentlich zu vernehmen.
Schwere seelische Belastung des Opfers
Der Beklagte, ein eher schmaler, hagerer Nordafrikaner, rund 1,75 Meter groß und 65 Kilo schwer, verfolgte den Prozessauftakt gefasst und mit ausdruckslosem Gesicht. Die Verhandlung wird für ihn durch einen Dolmetscher übersetzt. Auf Nachfrage erklärte er, keinen Beruf zu haben. Wo er damals wohnhaft war, gab er nicht an.
Die Polizei geht davon aus, dass der Jogger der Frau das Leben gerettet hat. Deren Martyrium dauerte gut zwei Stunden, bis sie aus den Händen ihres mutmaßlichen Peinigers gerettet und ärztlich versorgt werden konnte. Sie verbrachte mehrere Wochen stationär im Krankenhaus. Eine Therapie zur Verarbeitung der Misshandlung brachte zunächst Erfolge, dann verschlechterte sich der seelische Zustand der Frau wieder, die unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet.
(Aktenzeichen: 7 KLs 302 Js 23597/16)