Dossenheim/Rhein-Neckar, 24. Januar 2019. (red/pro) In Dossenheim treten mit David Faulhaber, Elke Kaiser und Boris Maier drei qualifizierte und geeignete Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters an. Am 03. Februar wird gewählt. Als Favorit dürfte David Faulhaber gelten – doch wie immer bestimmen die Wähler/innen, wer ins Amt kommt und bei genauer Betrachtung ist die Wahl längst nicht entschieden.
Von Hardy Prothmann
Soviel steht fest: Top-Favorit wäre mit Sicherheit Hans Lorenz (64, CDU) gewesen, doch der knuffige, bürgernahe Bürgermeister tritt nach drei Wahlperioden und 24 Amtsjahren nicht noch einmal an, sondern geht in den verdienten Ruhestand.
Herr Lorenz moderierte die Präsentation der drei Kandidaten souverän, mit Humor und auch bestimmt, als eine Bürgerin ihre Fragezeit überschritt. Das Publikum reagierte unwirsch, es gab sogar Pfiffe und vereinzelte Buh-Rufe. Der Ärger war aber nachvollziehbar, weil die Dame selbst nach Aufforderung keine verständliche Frage formulieren konnte.
Insgesamt muss man dem Publikum ein großes Kompliment machen: Rund 1.200 Bürger/innen waren zur Präsentation der Kandidaten gekommen. Die Jahnhalle war voll, rund 80 Personen fanden keinen Sitzplatz mehr. Man lauschte interessiert und konzentriert, man zeigte sich sehr höflich, als Frau Kaiser mal stockte, gab es keine negativen Reaktionen und wenn eine Pointe saß, wurde gelacht und geklatscht. Ein so großes Interesse und ein derart diszipliniertes Interesse habe ich in meiner fast 30-jährigen Zeit als Journalist selten erlebt.
Wie in vielen Gemeinden dominierten die Haarfarben grau bis weiß. Es nahmen deutlich mehr ältere Bürger/innen teil, tendenziell mehr Männer. Aber das ist Standard – die älteren Bürger/innen zeigen sich gegenüber den Heimatgemeinden verbundener.
Drei Kandidaten
Und die Gemeinde kann sich über drei qualifizierte Kandidaten freuen (alphabetisch):
David Faulhaber, 42 Jahre alt, lebt in Brühl, verheiratet, drei Kinder, Polizeirat und Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mannheim hat zudem einen Master „Öffentliche Verwaltung“.
Elke Kaiser, 51 Jahre alt, lebt seit 2006 in Dossenheim, geschieden, drei Kinder, arbeitet als Diplom-Finanzwirtin beim Zentralen Konzernprüfungsamt in Stuttgart.
Boris Maier, 49 Jahre alt, lebt seit 1996 in Hirschberg, verheiratet, zwei Kinder, ist Diplom-Verwaltungswirt und Kämmerer der Stadt Walldorf.
Es wird ein Zweikampf
Viele Gemeinden sind gewachsen – von außen und damit bestimmen auch Neubürger in den Kommunen mit. Früher war es wichtig, dass ein Bürgermeister aus dem Ort stammt – das ist heute immer weniger entscheidend. Auch nicht, wer das Parteibuch hat, das die Mehrheit im Gemeinderat stellt – viele Bürgermeister haben Präferenzen, aber kein Parteibuch. Längst hat landesweit die Zahl der Ratsmitglieder von Wählervereinigungen die derer mit Parteibuch überholt.
Um es vorwegzunehmen: Es wird eine Entscheidung zwischen Herrn Faulhaber und Herr Maier werden. Frau Kaiser hat sich gut präsentiert und sie hat einen Vorteil, den die beiden anderen nicht haben – sie ist die einzige weibliche Kandidatin und wäre die erste Bürgermeisterin von Dossenheim. Aber: Bei Fragen zur Belebung der Ortsmitte antwortete sie, dass man doch die Bäume auf der Hauptstraße fällen könnte. Das faire Publikum war sprachlos, die Spannung war spürbar, dann wurden viele Köpfe geschüttelt. Und Frau Kaiser hat in diesem Augenblick selbst realisiert, dass sie damit ernsthaft nicht mehr in Frage kommt.
Herr Faulhaber hat sich die Unterstützung der Fraktionen von CDU (6 Sitze) und SPD (4 Sitze) gesichert, Herr Maier die von Freien Wählern (5 Sitze) und Bündnis90/Die Grünen (5 Sitze). Die FDP mit zwei Sitzen hat sich nicht festgelegt. Das sieht nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen aus, da beide Unterstützergruppen je zehn Sitze haben. Tatsächlich ist bei genauer Betrachtung Herr Maier im Vorteil. FW und Grüne bringen es mit 26.617 und 29.155 Stimmen bei der Kommunalwahl 2014 auf insgesamt 55.772 Stimmen, CDU und SPD mit 31.416 und 19.855 aber nur auf 51.271 Stimmen.
Diese Betrachtung ist nur ein Hinweis, dass das Unterstützerlager von Herrn Maier etwas im Vorteil sein könnte, denn das Wahlverfahren der Bürgermeisterwahl unterscheidet sich vom Wahlverfahren einer Kommunalwahl und seit 2014 sind fast fünf Jahre ins Land gegangen. Hier muss betrachtet werden, dass die Grünen in den vergangenen Jahren tendenziell im Land deutlich zulegen konnten, was den Vorteil noch erhöhen könnte. Nach unseren Recherchen stehen die Grünen aber nicht geschlossen und aus Überzeugung hinter dem parteilosen Herrn Maier – man wollte lieber einen Gegenkandidaten zu CDU und SPD unterstützen. Möglicherweise hätte Herr Faulhaber die Grünen für sich gewinnen können – da er aber im vergangenen Jahr in die CDU eingetreten ist, konnten sich das wohl einige Grüne nicht mehr vorstellen.
Bürgermeisterwahlen sind Persönlichkeitswahlen
Bürgermeisterwahlen unterscheiden sich zudem erheblich von Kommunalwahlen. Eine Parteibindung spielt eine wesentlich untergeordnete Rolle. Bürgermeisterwahlen sind Persönlichkeitswahlen. Viel mehr als eine parteiliche Position der Kandidaten ist ihr Auftreten, ihre persönliche Präsentation entscheidend. Hier hat David Faulhaber nach RNB-Analyse eindeutig die Nase vorn – den engagiertesten Wahlkampf macht eindeutig er. Vom Auftritt her wirkt er am frischesten und bürgernah.
Der große Zuspruch der Bevölkerung bei der Präsentation der Kandidaten zeigt, dass der persönliche Eindruck sehr entscheidend sein wird. Auch hier fiel Frau Kaiser deutlich hinter ihre Mitbewerber zurück, weil häufig zu unsicher. Herr Maier konnte inhaltlich bei der Fragerunde durch Bürger ein wenig besser punkten als Herr Faulhaber – kein Wunder, ist Herr Maier doch seit 2001 Mitarbeiter von Gemeindeverwaltungen. Er kennt das kommunale Tagesgeschäft natürlich präziser als Herr Faulhaber. Herr Faulhaber wiederum zeigte, dass er sich sehr fleißig in alle wesentlichen kommunalen Fragen eingearbeitet hat – er konnte zu allen Fragen überzeugend Stellung beziehen.
Klare Unterschiede beim genauen Hinschauen
Wer genau hinschaut, findet bei den beiden Kandidaten schon bemerkenswerte Unterschiede: Herr Faulhaber ist seit 23 Jahren im Polizeidienst und hat sich beständig weiter qualifiziert und gehört zur Polizeielite des höheren Dienstes, dem nur wenige Prozent angehören. Herr Maier ist sieben Jahre älter als Herr Faulhaber, aber erst im 21 Berufsjahr. Zudem fällt auf, dass Herr Maier häufig die Arbeitgeber gewechselt hat. Nach dem Studium war er zwei Jahre bei der Mannheimer Hafengesellschaft, danach für sieben Jahre bei der Gemeinde Dossenheim, fünf Jahre als Kämmerer bei der Gemeinde Nußloch und seit 2013 Kämmerer der Stadt Walldorf.
Die Wahlperiode eines Bürgermeisters beträgt acht Jahre – so lange war Herr Maier noch nicht in einem Job tätig. Nach RNB-Recherchen waren Kollegen der Verwaltung in Dossenheim zudem nicht eben traurig, als Herr Maier nach Nußloch wechselte. Offiziell äußert sich aus Loyalitätsgründen niemand, hinter vorgehaltener Hand schon. Erstaunlich ist auch, warum Herr Maier sich nicht in seiner Heimatgemeinde Hirschberg als Kandidat für das Bürgermeisteramt aufstellt. Immerhin wohnt er dort seit 1996 und in wenigen Monaten wird dort auch gewählt – wenn der aktuell amtierende Bürgermeister Manuel Just endlich sein Oberbürgermeisteramt in Weinheim antreten kann.
Erstaunlich ist auch, dass Herr Maier vorgibt, einer seiner Vorteile wäre seine Unabhängigkeit, da er keine persönlichen Verbindungen zu Dossenheim und damit keine „Zwangslagen“ entstünden, wie er auf seiner Homepage schreibt. Kann das stimmen? Jemand arbeitet sieben Jahre bei der Gemeindeverwaltung, lebt in einer Fast-Nachbargemeinde und hat keine persönlichen Verbindungen? Da drängt sich die Frage auf – ja warum denn nicht? Zudem spielt er nach RNB-Recherchen in einer Big Band, in der auch Kommunalpolitiker aus Dossenheim musizieren, die ihn aktuell unterstützen. Das lässt Zweifel an der Redlichkeit aufkommen – ein sehr entscheidendes Charaktermerkmal, auf das die Bürger/innen erheblich achten.
Herr Faulhaber hingegen ist eindeutig ein Kandidat, der seine persönlichen Beziehungen erst mit seiner Entscheidung zur Kandidatur aufgebaut hat. Mit Kommunalpolitik ist er familiär verbunden – sein Vater war Gemeindemitarbeiter und ist Gemeinderat. Gemeindepolitik war in der Familie also immer präsent. Herr Faulhaber hat zudem durch seine Arbeit sehr gute Beziehungen in die Landespolitik, insbesondere zum Arbeitgeber Innenministerium und, sehr entscheidend, zur Verkehrspolizei und damit dem erheblich wichtigen Thema Verkehr, mit dem er täglich in hohem Umfang als Polizeisprecher zu tun hat. Der Verkehr beschäftigt die Polizei fast mehr als Verbrechensbekämpfung oder die Begleitung von Großveranstaltungen. In den vergangenen Jahren war er mit einer Reihe von Großprojekten bei der Polizei beschäftigt – ob Polizeireform, Neubauten oder aktuell die Wiedereinführung der Kameraüberwachung in Mannheim mit einem europaweit einzigartigen Modellprojekt, bei dem künstliche Intelligenz eine erhebliche Rolle spielt.
Bei der Präsentation fiel das Unterstützerlager von Herrn Maier zudem nicht eben positiv auf. Nach dessen Wortbeiträgen klatschten etwa 50-70 Personen häufig, die in einem Block zusammensaßen – das wurde teils mit Irritation durch die anderen Besucher wahrgenommen, weil es zu parteiisch wirkte, im Gegensatz zu allgemeinem Applaus, der an alle drei Kandidaten je nach Äußerung ging.
Herr Faulhaber ist zwar CDU-Mitglied geworden – er kann aber wie seine Mitbewerber als überparteilich gelten. Eine Polit-Karriere hat er nicht gemacht. Als Polizeibeamter ist er gewohnt, immer nur auf einer Seite zu stehen – dem Rechtsstaat und berechtigte Interessen der gesamten Bürgerschaft im Blick zu haben, auch, wenn diese konfliktär sein sollten.
Die Ära Lorenz geht zu Ende
Die Bürgermeisterwahl in Dossenheim am 03. Februar ist ein Neustart nach der Ära Lorenz. Der noch amtierende Bürgermeister hinterlässt eine geordnete Gemeinde und kann zufrieden zurückschauen auf 24 Jahre im Dienst für die Bürger. Die Dossenheimer bekommen – wer es auch wird – einen neuen Bürgermeister, der die Geschicke der Gemeinde zusammen mit der Bürgerschaft, repräsentiert durch den Gemeinderat, bestimmen soll.
Das hohe Interesse deutet auf eine hohe Wahlbeteiligung hin. 1995 lag diese bei sehr guten 68 Prozent – der frühere Landtagsabgeordnete Hans Lorenz (CDU) setzte sich auf Anhieb gegen fünf Mitbewerber durch und gewann mit klaren 57 Prozent (3.129 Stimmen). 2003 und 2011 gab es keine Herausforderer, dementsprechend niedrig war die Wahlbeteiligung (46,65 Prozent, 38,29 Prozent). 1995 waren es 8.010 Wahlberechtigte, aktuell sind es deutlich über 9.000.
Ob es für einen Wahlsieg für einen der Kandidaten, Faulhaber oder Maier, reicht, darf bezweifelt werden. Wenn, wird es sehr knapp. Gewonnen hat, wer 50 Prozent plus eine Stimme erhält. Wahrscheinlicher ist eine Neuwahl, bei der gewinnt, wer die einfache Mehrheit erreicht.
Hintergrund:
Nach der Gemeindeordnung Baden-Württemberg werden Bürgermeister für acht Jahre gewählt. Eine Abwahl ist nicht möglich. Bürgermeister sind Leiter der Verwaltung und leiten als stimmberechtigtes Mitglied die Gemeinderatssitzungen, deren Tagesordnung sie auch bestimmen. Nach der „süddeutschen Ratsverfassung“ gibt es kein Amt in Deutschland, das mehr Machtfülle im Wirkbereich entfaltet. Das Hauptorgan einer südwestdeutschen Gemeinde ist allerdings der Gemeinderat. Dieser ist kein Parlament (wird häufig falsch dargestellt), sondern ebenfalls Teil der Verwaltung. Dossenheim hat 22 Gemeinderäte, die nächste Kommunalwahl findet am 26. Mai 2019 statt. Ein Gemeinderat kann im Unterschied zu Parlamenten keine Gesetze erlassen. Die „kommunalen Gesetze“ heißen Satzungen, die sich immer in Übereinstimmung mit Landes-, Bundes- und europäischen Gesetzen befinden müssen. Dossenheim gehört zum Rhein-Neckar-Kreis und als eine von zehn Bergstraßengemeinden zum Landtagswahlkreis Weinheim.