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Heidelberg/Rhein-Neckar, 24. September 2012. (red/xmu) Die Wählerplattform Generation HD und Bündnis 90/Die Grünen fordern, dass die Heidelberger Gemeinderatssitzungen ins Internet gestellt werden sollen. Das soll mehr Transparenz für die Lokalpolitik bringen und der Bürgerbeteiligung neuen Schwung verschaffen. Im Gemeinderat gibt es dafür jedoch keine Mehrheit. Noch nicht.
Von Xiaolei Mu
In der Halle 02 fand am 18. September eine Gesprächsrunde statt, bei der es trotz der schummrigen Beleuchtung vor allem um eins ging: Transparenz. Generation HD und Die Grünen wollen die Gemeinderatssitzungen in Zukunft filmen und anschließend im Internet zeigen. Für die Befürworter stehe dabei der Servicegedanke im Vordergrund.
Bisher sei es für den Bürger zwar möglich, bei einer öffentlichen Gemeinderatssitzung dabei zu sein, allerdings kollidieren die Sitzungszeiten oft mit der Arbeitszeit der Bürger. Ferner sind die Zuhörerplätze im Gemeindesaal auf 60 begrenzt – kein Vergleich mit den potenziellen Zuschauerzahlen, die mit einer Internetübertragung möglich wären.
Angstneurotische Stadträte
Einem guten Teil der Stadträte bereitet die Aussicht auf hohe Zuschauerzahlen jedoch Unbehagen. Zweimal fiel der Antrag auf Übertragung der Sitzungen im Netz bereits im Gemeinderat durch. Derek Cofie-Nunoo, Stadtrat der Generation HD, denkt aber nicht daran locker zu lassen und will es nochmal versuchen.
Schließlich ging die letzte Abstimmung zu dem Thema 17:18 verloren. Dagegen gestimmt hatten damals SPD und CDU, aber auch Oberbürgermeister Eckart Würzner. Es war aber ziemlich knapp.
Der Gemeinderat in Passau ist Vorreiter in Deutschland. Seit Juni 2011 lässt er seine Sitzungen nicht nur filmen, sondern zeigt sie live im Netz. Zunächst allerdings ohne die SPD, deren Ratsmitglieder wollten sich nicht übertragen lassen. Der Widerstand geriet zur Posse, schließlich willigten auch die SPD-Ratsmitglieder ein, wie der Bayerische Rundfunk berichtet:
Die Passauer Genossen vollziehen eine Kehrtwende. Bis jetzt musste die Internetübertragung unterbrochen werden, wenn ein SPD-Stadtrat das Wort bekam. Für die Passauer hieß das: Sie konnten die Sitzungen ihrer gewählten Vertreter nur zerstückelt im Internet verfolgen. Mit der Live-Übertragung wollte Passau ursprünglich eine Vorreiter-Rolle in Bayern übernehmen, doch die Übertragungen wurden eher zur Posse. Jetzt haben die Sozialdemokraten in Passau eine neue Linie. Aus dem Plenum des Stadtrats soll ein Livestream jetzt möglich sein, mitsamt den Wortmeldungen der SPD.

Auch in Passau scheute die SPD zunächst die Öffentlichkeit und wurde zum Gespött. Der öffentliche Druck wirkte und die SPD-Ratsmitglieder gaben ihre Verweigerungshaltung auf.
(Interessanter Film des BR über die „Ängste“ der Ratsherrn.)
Nach der Vorstellung der neuen Möglichkeiten durch das Podium, wurde diskutiert. Mehrere Gäste aus dem Publikum lobten die Verbesserung der Transparenz in der Lokalpolitik. Videoübertragungen würden bewirken, dass der politisch interessierte Bürger einen einfacheren Zugang in die Lokalpolitik fände, als beispielsweise über die umständliche Dokumentensuche im Archiv der Stadtverwaltung.
Außerdem könnte diese Maßnahme dazu führen, dass die Stadträte einem wesentlich größeren Kreis der Heidelberger Bevölkerung bekannt würden und „ein Gesicht bekämen“, was das Verfolgen ihrer politischen Arbeit in vielen Fällen erst ermöglichen würde. Außerdem könnten die Parteien bei einem solchen Grad der Transparenz langfristig an ihrem Wahlkampf sparen, sowohl bei ihren Arbeitskräften in Form von Parteihelfern als auch beim Geld.
Was für Argumente sind es nun, die in Heidelberg gegen die Videoübertragungen sprechen? Ein bei den früheren Abstimmungen relevanter Punkt seien die Kosten gewesen, die laut einer Schätzung 125.000 Euro ohne Bauänderungen betragen sollten. Aus Sicht vieler ein vorgeschobenes Argument, denn die Kosten für den Livestream des Gemeinderats in Passau betrug für ein halbes Jahr nur 6.000 Euro. Später wurde für 10.000 Euro neues Equipment angeschafft.
Datenschutz, Persönlichkeitsrechte vs. Öffentlichkeit
Weitere Argumente dagegen sind Verletzungen von Persönlichkeitsrechten und Datenschutz, sowie die Befürchtung, dass manche Stadträte angesichts des Drucks einer potentiell so großen Zuschauerschaft sich befangen fühlen würden in ihren Äußerungen. Beim Punkt des Datenschutzes räumte Cofie-Nunoo ein, dass es einen entscheidenden Unterschied zwischen Livestream und einer Archivierung der Videoaufzeichnungen gebe.
Letzteres sei rechtlich schwerer zu realisieren, weil eine Speicherung von Daten vorliege. Beim Argument der Befangenheit kam im Publikum jedoch schnell die Frage auf, was Stadträte als gewählte Vertreter der Bürger und Personen des öffentlichen Interesses zu fürchten haben?
Am 02. Oktober findet die nächste Heidelberger Gemeinderatssitzung statt. Der Antrag von der Fraktionsgemeinschaft Die Grünen/Generation HD soll dann im nun dritten Anlauf beschlossen werden – oder auch nicht. Cofie-Nunoo beklagte in diesem Zusammenhang die Terminlegung: Nach der langen Sommerpause tagt bis zum 02. Oktober nur ein einziges Mal der Haupt-und Finanzausschuss, der das Thema der Videoübertragung unter Ausschluss der Öffentlichkeit bespricht. Für die Initiatoren ist das wenig Zeit, Aufmerksamkeit für ihr Thema zu erreichen.
Die Generation HD hat deswegen auch eine Online-Petition gestartet. Außerdem planen sie den Beschlusstermin für ihren Antrag nach hinten zu verzögern. Die Sitzung des Haupt-und Finanzausschusses, die am 19. September stattfand, wäre die wahrscheinlich einzige Chance für die Terminverlegung gewesen. Weil sie jedoch nicht-öffentlich war, konnte die Redaktion das Ergebnis leider nicht in Erfahrung bringen.