Rhein-Neckar/Berlin, 24. Oktober 2018. (red/pro) Das Auswärtige Amt hat heute seine Reise- und Sicherheitshinweise für die Türkei aktualisiert. Es wird ausdrücklich vor Verhaftung und Strafverfolgung gewarnt, die infolge von Kommentaren und selbst „Likes“ in sozialen Netzwerken drohen kann. Was in Deutschland unter „Meinungsfreiheit“ fällt, könnte in der Türkei als Straftat eingeordnet werden. Weiter warnt das Amt vor Denunziationen.
In den letzten beiden Jahren wurden vermehrt auch deutsche Staatsangehörige willkürlich inhaftiert. Festnahmen und Strafverfolgungen deutscher Staatsangehöriger erfolgten mehrfach in Zusammenhang mit regierungskritischen Stellungnahmen in den sozialen Medien. Dabei können auch solche Äußerungen, die nach deutschem Rechtsverständnis von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, Anlass zu einem Strafverfahren in der Türkei geben. Ausreichend ist im Einzelfall das Teilen oder „Liken“ eines fremden Beitrags entsprechenden Inhalts. Es muss davon ausgegangen werden, dass auch nichtöffentliche Kommentare in sozialen Medien etwa durch anonyme Denunziation an die türkischen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden,
teilt das Auswärtige Amt mit.
Im Falle einer Verurteilung wegen „Präsidentenbeleidigung„ oder „Propaganda für eine terroristische Organisation“ riskierten Betroffene möglicherweise sogar eine mehrjährige Haftstrafe.
Auch Beziehungen zu einer in der Türkei als terroristisch eingestuften Organisation, so beispielsweise die Gülen-Bewegung, im türkischen offiziellen Sprachgebrauch „FETÖ“, genannt, können zu einer Verhaftung führen.
Entgegen ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen habe die Türkei in einigen dieser Fälle den deutschen Auslandsvertretungen in der Türkei den konsularischen Zugang zu den Gefangenen erst mit teilweise mehrmonatiger zeitlicher Verzögerung gewährt.
Betroffen von den oben genannten Maßnahmen seien insbesondere, aber nicht ausschließlich deutsche Staatsangehörige mit engen privaten und persönlichen Bindungen in die Türkei sowie Personen, die neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit besitzen.
Zudem sei deutschen Staatsangehörigen, insbesondere Personen mit engen privaten und persönlichen Beziehungen in die Türkei, seit Anfang 2017 in zahlreichen Fällen ohne Mitteilung der Gründe die Einreise verweigert worden. Betroffene Personen mussten nach Darstellung des Auswärtigen Amts Wartezeiten in Gewahrsam von mehreren Stunden bis zu einigen Tagen hinnehmen, bevor sie ihre Rückreise nach Deutschland antreten konnten. Dabei seien ihnen ihre Mobiltelefone abgenommen und diese auf gespeicherte Inhalte sowie Kontakte durchsucht worden. Wenngleich die Hintergründe der Einreiseverweigerungen grundsätzlich nicht mitgeteilt würden, sei auch hier ein Zusammenhang mit anonymen Denunziationen nicht auszuschließen. Festzustellen sei, dass ein hoher Anteil der Zurückgewiesenen einen kurdischen oder türkisch-alevitischen Familienhintergrund aufweist.
Das Amt rät, bei einer Einreiseverweigerung, aber auch von einer Festnahme oder Untersagung der Ausreise betroffenen deutschen Staatsangehörigen oder ihren Angehörigen, Kontakt mit der nächsten deutschen Auslandsvertretung aufzunehmen. Es werde außerdem empfohlen, keine Aussagen ohne Anwesenheit eines Anwalts und eines Dolmetschers zu machen oder Dokumente zu unterschreiben, deren Inhalt sie nicht verstehen.
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass ungeachtet des gesetzlichen Anspruchs deutscher Staatsangehöriger auf konsularischen Rat und Beistand, konsularischer Schutz gegenüber hoheitlichen Maßnahmen der türkischen Regierung und ihrer Behörden nicht in jedem Fall gewährt werden könne, wenn der oder die Betroffene auch die türkische Staatsangehörigkeit besitzt.