Mannheim/Rhein-Neckar, 23. Juni 2014. (red/ms) 2013 war kein gutes Jahr für die Storchenpopulation im Luisenpark: Gerade einmal 27 Jungtiere wurden gezeugt. Daher ist umso erfreulicher, dass ein neuer Rekordwert zu vermelden ist: 75 Störche sind geschlüpft – so viel Nachwuchs gab es noch nie zuvor. Am Freitag wurden die letzten Tiere beringt.
Von Minh Schredle
Helmut Stein ist eigentlich schon im Ruhestand. Dennoch kümmert sich der Storchen-Experte und Tierpfleger Jahr um Jahr um die Beringung der Jungstörche im Luisenpark. Mit einer Hebebühne fährt er zu den Nestern in bis zu zwanzig Metern Höhe.
Die Beringung dauert nur wenige Minuten. Dennoch ist es eine große Belastung für die Tiere, vor allem, weil die Eltern provoziert werden, wenn sich jemand an ihrem Nachwuchs zu schaffen macht.
Die jungen Tiere bewegen sich bei der Beringung kein bisschen – für sie ist es ein Schockmoment, vermutlich stellen sie sich tot. Das vereinfacht allerdings die Aufgabe.
Ringe dienen lediglich zur Identifikation
Die Ringe sind aus Plastik und enthalten eine Nummer, mit denen man die Tiere deutschlandweit identifizieren kann. Ansonsten liefern sie keine Informationen, wie etwa Daten über den Aufenthaltsort oder die Vitalfunktionen der Tiere.
Die im Luisenpark beheimateten Weißstörche sind im Gegensatz zu den meisten anderen Storchenarten Zugvögel. Sie sind in der Regel horsttreu und kehren über Jahrzehnte zu ihren Nestern zurück, die sie immer weiter ausbauen.
Aber nicht alle Tiere kommen nach dem Winter wieder. Außerdem siedeln sich von Zeit zu Zeit auch unbekannte Tiere an. Daher ist es bedeutend, die Tiere identifizieren und zuordnen zu können.
Natürliche Lebensweise erstrebt
Die zoologische Leiterin des Luisenparks, Christine Krämer, bezeichnet die ansässigen Störche als „Wildtiere“:
Wir wollen, dass sie möglichst natürlich leben. Deswegen füttern wir sie nicht. Sie jagen selbst und bauen ihre Nester selbst.
Man greife nur einmal im Jahr ein: Während die Tiere zum Überwintern in den Süden fliegen, werden die Nester überprüft. Dabei befreit man sie von unerwünschten Materialien. Christine Krämer sagt dazu:
Die Störche verwenden für ihre Nester alles, was sich bewegen lässt. Oft sind auch Dinge wie Plastiktüten dabei, die schädlich sein können. So etwas wird dann entfernt.
Außerdem lockere man manche Nester ein wenig auf: Sind sie zu fest gebaut, kann Wasser womöglich nicht mehr abfließen – bei starkem Regen könnten die Jungtiere dann ertrinken.
Bestandentwicklung in der jungen Vergangenheit positiv
1934 wurde die erste internationale Storchenzählung durchgeführt. Damals wurden in Deutschland etwa 9.000 Tiere festgestellt. Im Zuge der zunehmenden Industrialisierung wurden die Lebensbedingungen für die Vögel immer schwieriger und der Bestand schrumpfte drastisch.
In den 1980-er Jahren lebten nur noch knapp 3.000 Storche in Deutschland. In der Schweiz und einigen anderen Gebieten Europas kam der ehemals heimische Vogel überhaupt nicht mehr vor.
In den vergangenen Jahren steigt die Population jedoch wieder. In Deutschland gibt es derzeit gut 4.500 Weißstörche.
„Ein hervorragendes Jahr, was die Storchgeburten betrifft“
Im Luisenpark leben aktuell 33 Horstpaare, die dieses Jahr 75 Jungtiere aufziehen. Das ist ein neuer Rekord. Der vorherige Spitzenwert stammte aus dem Jahr 2012, damals wurden 71 Störche geboren. Der große Nachwuchs ist insbesondere deswegen erfreulich, weil die Geburtenrate im Vorjahr aufgrund der schlechten Witterung enttäuschend gering war. Zwar gab es mit 43 Horstpaaren eine eigentlich sehr gute Ausgangsposition. Allerdings blieb fast die Hälfte davon ohne Nachwuchs und gerade einmal 27 Jungtiere schlüpften aus den Eiern.
Christine Krämer bezeichnete das Jahr 2014 als „ein hervorragendes Jahr, was unsere Storchgeburten betrifft“.