Mannheim, 19. Dezember 2014. (red/pro) Aus wissenschaftlicher Sicht des Politik-Experten Prof. Dr. Jan van Deth ist die Mitgliederbefragung der CDU fragwürdig und aus politischer Sicht ein schwerer Fehler. Und er warnt eindringlich davor, das Ergebnis mit der Entscheidungshaltung der CDU-Stadträte in Verbindung zu bringen. Ebenfalls ist nicht auszuschließen, dass die Daten manipuliert worden sind – es fehlt jede Transparenz.
Interview: Hardy Prothmann
Herr Professor van Deth, wenn man sich die aktuelle Mitgliederbefragung der CDU (hier die Ergebnisse) anschaut, hat man den Eindruck, es geht um die Frage, ob die BUGA überhaupt stattfinden soll.
Prof. Dr. Jan van Deth: Richtig, allerdings habe ich die konkrete Frage dazu nicht gefunden.
Sehen Sie einen „klaren Arbeitsauftrag“ an die CDU-Fraktion durch die Befragung?
van Deth: Ganz und gar nicht. Die Gemeinderäte sind von den Wählern gewählt, nicht von einer Partei. Wer eine parteiinterne Umfrage zur Vorbereitung öffentlicher politischer Entscheidungen heranzieht, bringt sich meistens in große Schwierigkeiten. Die Mandatsträger haben die Interessen der Wähler und Bürger zu vertreten. Jetzt steht diese Umfrage im Raum und die große Frage: Was soll man jetzt machen? Damit hat sich die CDU keinen Gefallen getan.
Wie repräsentativ ist eine solche Mitgliederbefragung?
van Deth: Das kann man so nicht beurteilen. Die Zahl von knapp 400 Antworten sagt zum Beispiel gar nichts aus. Von der Beteiligung her ist es in Ordnung – aber um tatsächlich repräsentative Aussagen zu erhalten, braucht es weitere Daten. Beispielsweise zum Alter, Geschlecht, Ausbildung, Wohnort. Eigentlich sollte die CDU über solche Daten zu ihren Mitgliedern verfügen – würde man die in die Auswertung einbeziehen, könnte man schon repräsentative Ergebnisse erlangen. Man könnte diese außerdem ins Verhältnis zur Mannheimer Bevölkerung setzen und zusätzliche Gewichtungen vornehmen. Aber in dieser Form ist das methodisch nicht möglich.
Was halten Sie von der Qualität der Fragen?
van Deth: Die geht so in Ordnung für ein internes Stimmungsbild. Es wurde versucht, die Komplexität des Themas abzubilden.
Aber gerade bei Frage 2 zur Verkehrsführung gibt es fünf Varianten, die alle ablehnend beantwortet worden sind. Und jetzt?
van Deth: Das meine ich mit „sich Probleme machen“. Es wäre sicher sinnvoller gewesen, eine Reihenfolge abzufragen: Also, welche Lösung am wenigsten Ablehnung erfährt. Nach diesem Stimmungsbild wollen die Mitglieder keine der Möglichkeiten, noch nicht einmal die Straße so lassen, wie sie ist. Das eliminiert alle bisherigen Arbeitsprozesse zur Entwicklung und wer diesem Ergebnis folgt, muss von vorne anfangen, weil keine der aktuell möglichen Lösungen eine Zustimmung findet. Aber Achtung: Das gilt nur innerhalb der Gruppe der Parteimitglieder, die geantwortet haben.
Man kann dies also nicht auf die Mannheimer Stadtbevölkerung übertragen?
van Deth: Auf gar keinen Fall.
Dann taugt die Mitgliederumfrage gar nichts?
van Deth: Natürlich ist es vollkommen in Ordnung eine solche Umfrage zu machen – wenn die Partei intern ein Stimmungsbild möchte und die Parteipolitik daran ausrichten möchte. Ich wiederhole mich: Das darf man aber unter keinen Umständen auf die Mandatsträger übertragen wollen.
Die Grünen haben sogar einen Mitgliederentscheid gemacht. Was ist der Unterschied?
van Deth: Der fand vor dem Bürgerentscheid und vor der Kommunalwahl statt – im Vorfeld ist das möglich, aber nicht in einer laufenden Wahlperiode und nachdem bereits eine Reihe wesentlicher Entscheidungen gefällt worden ist. Grundsätzlich finde ich es trotzdem fragwürdig, ob Mandatsträger sich so abhängig machen sollten.
Glauben Sie, dass die Umfrage geeignet ist, den Streit zu beenden?
van Deth: Überhaupt nicht. Dadurch, dass diese eher nicht brauchbaren Daten in die öffentliche Debatte gebracht worden sind, entsteht vielmehr eine noch größere Unruhe.
Zur Umfrage sind weder die Methode noch die Umstände veröffentlicht worden. Könnten die Daten manipuliert sein?
van Deth: Im Prinzip könnten sie das. Deswegen veröffentlichen wir in der Wissenschaft Informationen zur Erhebungsmethode und stellen auch Basisdaten zur Verfügung, um unsere Forschung transparent und überprüfbar zu machen. Das ist hier nicht möglich.