
Links der NPD-Kreisvorstieznde Jan Jaeschke, rechts der Oberbürgermeister Heiner Bernhard (SPD). Das Foto wurde auf der Facebook-Seite des Rechtsradikalen veröffentlicht.
Weinheim, 19. Dezember 2013. (red) Der rechtsradikale NPD-Kreisvorstand Jan Jaeschke hat dem Oberbürgermeister Heiner Bernhard (SPD) gestern ein braunes Weihnachtsgeschenk gemacht. Es basiert auch Täuschung und soll Denunziation erzeugen. Heiner Bernhard umarmt den Rechten kumpelhaft und lacht zusammen mit ihm in die Kamera.
Von Hardy Prothmann
Der Oberbürgermeister zusammen mit einem Neonazi gut gelaunt auf einem Foto? Der OB legt dem Rechtsextremen sogar die Hand auf die Schulter und lächelt ganz entspannt. Kann das wirklich sein?
Offensichtlich kann das sein. Bildmanipulationen sind nicht zu erkennen. Dafür handelt es ich klar um den Oberbürgermeister und einen jungen Mann, der auch als Jan Jaeschke zu erkennen ist – wenn man ihn kennt.
Der städtische Sprecher Roland Kern erklärte am Abend telefonisch:
Wir haben heute Mittag von dem Foto erfahren und nach meinen Recherchen ist das Foto zwei bis drei Jahre alt und vermutlich im Grünen Baum aufgenommen. Der Oberbürgermeister hat die andere Person nicht gekannt und selbstverständlich nicht gewusst, dass es sich dabei um den NPD-Funktionär Jan Jaeschke handelt. Für ihn war das ein junger Mann, der sich mit dem Oberbürgermeister ablichten lassen wollte. Jeder, der die Bürgernähe von Herrn Bernhard kennt, weißt, dass er immer für ein gemeinsames Foto zu haben ist, weil er offen mit den Leuten umgeht und nicht nach der Gesinnung fragt. Hätte er den NPD-Funktionär erkannt, wäre dieses Foto nie entstanden. Der Oberbürgermeister kann sich nicht an die Szene erinnern.
Die Datierung könnte stimmen. Von Jan Jaeschke gibt es auf Facebook keinen Hinweis, wo und wann das Foto entstanden ist. In den vergangenen drei Jahren habe ich Jan Jaeschke bei öffentlichen Auftritten fast ausschließlich im Anzug gesehen, immer gut rasiert, die Haare links (!) gescheitelt und mit einer anderen Brille als auf dem Foto. Er macht bis heute einen milchbubigen Eindruck, auf dem Foto wirkt er trotzdem jünger. Zudem wurde er vor ein paar Wochen zusammengeschlagen und trug multiple Platzwunden am Kopf davon. Auch davon ist nichts zu sehen.
Er selbst hat das Foto bei Facebook öffentlicht gemacht. Auf eine Frage: “Wenn das der Bürgermeister ist und wie der grinst hat er Jan nicht erkannt oder Jan ist übergelaufen”, antwortet er:
Übergelaufen bin ich nicht. Glaub eher, der hat mich nicht erkannt. Oder schon zu viel getrunken. Ich finds genial 🙂

Der Weinheimer NPD-Funktionär Jan Jaeschke bei der “Kundgebung” in Ludwigshafen. im Januar 2012.
Andere Kommentatoren meinen, das Foto mache “die Karriere kaputt” und sorge für einen “Skandal”. Man merkt den Kommentatoren die Schadenfreude an. Der Jaeschke hat den OB erwischt.
Jeder, der den Weinheimer Oberbürgermeister kennt, weiß, dass er so ein Typ ist, der gerne Leute in den Arm nimmt. Sogar Journalisten 😉 . Jemanden, der sich offen zeigt, mit einem so billigen Trick reinzulegen, zeigt die geistige Reife von Herrn Jaeschke und den Kommentatoren. Die ist nicht vorhanden. Vermutlich erkennt fast niemand Jan Jaeschke auf der Straße – er ist zwar als politisch Aktiver eine öffentliche Person, aber eben eine weitgehend unbekannte.
Trotzdem gehört so ein Foto unter die Kategorie “Hätte nicht passieren dürfen”. Die Veröffentlichung jetzt, ein halbes Jahr vor der Kommunalwahl, mitten in der Debatte um die Aufnahme von 200 Asylbewerbern in Weinheim, kommt natürlich ungelegen.
Die linke Seite “indymedia” spart nicht mit Kritik:
Für AntifaschistInnen ist dieses Foto einmal mehr Beweis dafür, dass sich KommunalpolitikerInnen wenig bis überhaupt nicht mit Nazi-Strukturen in ihren Städten und Gemeinden auseinandersetzen. Beispiele hierfür gibt es viele – exemplarisch sei hier nur die Stadt Rauenberg genannt, die den jährlichen Aufmarsch von Neonazis am “Volkstrauertag” toleriert und schweigend hinnimmt. Heiner Bernhard jedenfalls täte gut daran, sich über seine braunen Einwohner gründlicher zu informieren. Als ehemaliger Leiter des Amtes für öffentliche Ordnung in Heidelberg hat er doch bestimmt einen guten Draht zu den Bullen vom Staatsschutz. Aber, halt! Ganz vergessen: Die haben ja noch nie was von Nazis gehört.
Der Oberbürgermeister Heiner Bernhard muss nun überdenken, ob er sich weiter bürgernah zeigt oder sich zurückhält, wenn er jemanden nicht kennt oder nicht einzuschätzen weiß. Er ist definitiv “reingefallen” – doch das passiert auch einem Obama mit einem Gebärdendolmetscher, der sich als Betrüger herausstellt.
Trotzdem sollte der Oberbürgermeister eine persönliche Erklärung in Betracht ziehen, auch wenn der Anlass sehr ärgerlich ist.