Rhein-Neckar/Sinsheim, 13. April 2013. (red/ms) Fußball ist ein Phänomen. Laut einer Umfrage von 2009 gibt es allein in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und England etwa 112 Millionen Fans – das entspricht knapp der Hälfte der Bevölkerung dieser Länder. Das Interesse für die Weltmeisterschaft und die Champions League ist in Europa sogar noch etwas größer als für die Olympischen Spiele. Doch unter all den Begeisterten gibt es viel zu viele, die sich viel zu sehr in die Sache hineinsteigern: Leider vergeht kaum noch ein Spieltag, ohne dass es zu negativen Meldungen über das Verhalten der Zuschauer kommt.
Von Minh Schredle
Angefangen von Torhütern, die aus dem Publikum mit Laserpointern geblendet werden, über offene Feuer im Stadion und Pyrotechnik auf dem Rasen, bis hin zu Schlägereien zwischen gegnerischen Fans.
Und das ist vor allem für die fairen Fans traurig. Für diejenigen, die einfach guten Fußball genießen wollen.
Sicherlich, ein bisschen Konkurrenzkampf auch bei den Fans ist wichtig für das Spiel auf dem Rasen. Die Konkurrenz, die Leidenschaft machen den Reiz einer Partie aus und Fußball insgesamt zu diesem unglaublich emotionalen Sport.
Aber es läuft gewaltig viel schief, wenn aus einer gesunden Rivalität Feindseligkeit und Hass werden. Wenn ein paar wenige, aber auffällige Schläger das Ansehen der friedfertigen Fans in Mitleidenschafft ziehen.
Wer so verblendet ist, wer andere verabscheut, nur weil sie einen anderen Verein lieben, wer bereit ist, wegen eines Spiels gewalttätig zu werden, ist kein Fan mehr, sondern einfach nur ein dummer Gewalttäter.
Fanprojekte für eine positive Fankultur
In den 80-ziger Jahren entstanden in Deutschland die ersten Fanprojekte, mittlerweile gibt es bundesweit mehr als fünfzig. Das Konzept dahinter: Durch sozialpädagogische Arbeit soll die positive Fankultur gefördert werden.
Seit dem ersten November 2011 gibt es auch in Hoffenheim ein Fanprojekt. Das Team besteht aus drei Sozialpädagogen und wird durch eine Verwaltungsfachkraft und einen Freiwilligendienst Leistenden unterstützt.
Sie bieten zu jedem Auswärtsspiel begleitete Fahrten für Minderjährige an. Dabei wollen sie die jungen Fans frühzeitig für heikle Themen sensibilisieren (beispielsweise Rechtsextremismus und Homophobie im Fußball) und ihnen zeigen, dass man auch ohne Alkohol oder andere Drogen Spaß im Stadion haben kann.
Außerdem will das Fanprojekt Freizeitangebote liefern und veranstaltete in diesem Rahmen beispielsweise ein Playstationturnier oder einen Fußballtreff, beide waren nach eigenen Angaben ausgebucht und sehr erfolgreich.
Alle Fanprojekte in Deutschland sind Einrichtungen der lokalen Jugendhilfe, ihre Zielgruppe ist zwischen vierzehn und siebenundzwanzig Jahre alt. Wichtig ist hierbei, dass niemand ausgegrenzt wird. Herkunft, Geschlecht und Konfession dürfen keine Rolle spielen. Auch Jugendlichen, die schon mit dem Gesetz in Konflikt standen, soll das Angebot offenstehen.
Gerade Hoffenheim leidet unter der Feindseligkeit im Fußball. Kaum ein anderer Verein bekommt so deutlich den Hass anderer Fans zu spüren. Der Vorwurf: Hoffenheim habe nichts eigenständig geleistet, sondern sei nur durch die Finanzierung des Milliardären Dietmar Hopp zu seinem Erfolg gekommen.
Es ist klar, dass Herr Hopp dem Verein immense Summen zur Verfügung gestellt hat. Tatsächlich stimmt es, dass es nur wenige Nachwuchsspieler in die erste Mannschaft schaffen. Und natürlich ist es vor allem für Traditionsvereine, die seit Jahrzehnten viel Zeit und Geld in die Nachwuchsförderung stecken, bitter, jetzt sehen zu müssen, wie durch die entsprechenden finanziellen Mittel in wenigen Jahren aus einem Dorfverein ein Bundesligist gemacht worden ist.
Es gibt also Gründe, Hoffenheim nicht zu mögen. Aber wie sich Fußball-Deutschland zur Zeit auf jeden Misserfolg stürzt und was der Verein in letzter Zeit an Häme und Spott ertragen muss, ist einfach lächerlich. Ausfällige Beleidigungen und polemische Hetzreden haben nämlich eigentlich noch viel weniger mit sportlichem Wettbewerb zu tun als ein zusammengekaufter Kader.