Heddesheim/Rhein-Neckar, 11. September 2012. (red) Der Ifok-Moderator Andreas Ingerfeld hat auf einer Veranstaltung der Deutschen Logistik-Zeitung einen Vortrag gehalten. Darin erklärt er, wie man als Unternehmer seine Investition schützt und „die Hanseln“ dazu bekommt, zu erkennen, dass der Investor ein Wohltäter ist. Unterm Strich geht es um ein Ziel, wenn die Ifok antritt – die Durchsetzung der Investitionspläne gegen einen möglichen bürgerlichen Widerstand. Als Paradebeispiel bezieht sich der Spin-Doctor auf den Planungsprozess zu „Pfenning“.
Von Hardy Prothmann
Wer tatsächlich jemals geglaubt hat, die Ifok moderiere neutral, ist nach dem Vortrag von Andreas Ingerfeld schlauer. Vor Logistik-Fachleuten erläutert der „Kommunikationsspezialist“ umfassend, worum es geht.
Ein Unternehmer, ein Wohltäter der Menschheit, möchte etwas bauen und wird zu unrecht angefeindet und es werden „unwahre Behauptungen“ aufgestellt. Von Wutbürgern, die allerdings keinen roten Bart mehr haben und auch nicht einer marxistisch-leninistischen Gruppe angehören, sondern Porsche Cayenne fahren, Geschäftsführer sind und ein freistehendes Einfamilienhaus auf 1.000 Quadratmeter Grundstück haben. Und die sind zudem noch sehr gut vernetzt.
Während früher eine Vereinsgründung für eine Bürgerinitiative sehr lange dauerte und teuer war, funktioniert das heute Ruck-zuck. Und gerade Branchen mit einem „nicht so guten Leumund“, wie die Logistikbranche, hätte damit ein großes Problem. Selbstverständlich vergisst Herr Ingerfeld nicht darauf hinzuweisen, wer bei solchen Problemen helfen kann: professionelle „Dialog“-Moderatoren wie er von der Ifok oder vergleichbare Unternehmen. Aber niemals der eigene Pressesprecher, dem glauben die Hanseln nämlich nicht, ist er doch Angestellter des Wohltäters, der zum Schlechttäter diffamiert wird. Die entscheidende Frage lautet:
Trauen Sie Ihrem Kommunikator zu, dass am Ende das Logistikzentrum auch gebaut werden kann?
Kaum jemand in der Zuhörerrunde glaubt das. So war auch die Situation in Heddesheim. Alles passte. Der Bürgermeister Michael Kessler strahlte, der Wohltäter Karl-Martin Pfenning strahlte, der Mannheimer Morgen jubelte, die „Zukunft Heddesheims ist gesichert“. Zwar war bis dato nicht bekannt, dass diese Zukunft gefährdet war. Aber es hörte sich alles so gut an. Doch dann kamen die Hanseln ins Spiel, die sogar den Namen des Wohltäters missbrauchen: Die „IG Nein zu Pfenning“.
Und jetzt hat der Wohltäter ein Problem. Erstens versteht er nicht, warum er angefeindet wird und zweitens versteht er nicht, wie er mit diesen Störenfrieden umgehen soll. Dabei hat der Unternehmer doch das beste vor, „belastet seine GmbH bis an die Schmerzgrenze“ und „dann kommt mit einem Mal eine Verzögerung und die kostet Sie jeden Tag Geld“:
Und dann kommt auf einmal so eine Bürgerinitiative und handelt nicht rechtens, sondern gibt sehr subjektive Meinungen wieder.
Subjektive Meinungen sind also aus Sicht des Spin-Doctors „nicht rechtens“. Aber „brandgefährlich“. Wer sich dagegen rechtfertige, hat verloren:
Die Bürger sind der David und Sie sind der Goliath. Sie werden nicht recht bekommen. Das ist ein Phänomen, mit dem Sie pragmatisch umgehen müssen. Es geht nicht um die Frage, ist das rechtens. Es ist so.
Andreas Ingerfeld weiß die Lösung:
Sie müssen den Bürgern das Gefühl geben, dass Sie sie ernst nehmen. Ich würde einen Schritt weitergehen: Sie müssen sie ernst nehmen.
Andreas Ingerfeld lacht wie sein Publikum über diesen köstlichen Witz und wird dann wieder ernst:
Wer betroffen ist, hat recht.
Das Problem, alle wollen alles, aber nicht da, „wo es mir den Blick verbaut“. Und dann gibt es die neuen Medien – die sind schnell und haben einen „Mobilisierungsgrad, von dem Sie nur träumen“:
Und bis Sie reagieren können, ist der größte Bullshit über Facebook schon verbreitet worden.
Immerhin stellt er das Baurechtsverfahren in Zweifel, das stamme noch aus Preußens Zeiten und funktioniere heute nicht mehr so.
Die nächste entscheidende Frage ist:
Was können Sie tun? Einen vernünftigen Dialog führen.
Ingerfeld erklärt weiter, dass man klar machen muss, über was man redet. Nicht über alles, sondern über „Ihr Thema“. Die Aspekte werden sortiert. Die Konsensfläche ausgearbeitet und dann Stück für Stück von der Agenda runtergenommen. Und dann schafft man „Einigkeit“. Übrig bleiben „Grundsatzfragen“.
Wieder lobt Ingerfeld „Pfenning“:
Die haben was gemacht, was sensationell war. Die haben eine Zusage gegeben, dass die Lkw nicht durch den Ort fahren. Die Bauarbeiten haben mittlerweile begonnen.
Und wenn dann der Vorwurf kommt, der Mediator sei vom Unternehmen oder der Gemeinde bezahlt, ist es gut gelaufen:
Das ist das beste was Ihnen passieren kann. Jetzt wird der Mediator beschimpft und nicht mehr Sie. Sie können sich zurücklehnen, der ist dafür da beschimpft zu werden. Der ist dafür da, sich da rauszukämpfen.
Der Mediator müsse sich auch mal gegen den Auftraggeber stellen, sonst glaubt ihm niemand. Wie das geht, sagt Herr Ingerfeld nicht. Eine denkbare Lösung ist ein verabredeter Konflikt. Der Unternehmer knickt nach außen hin bei einem Punkt ein, macht Zugeständnisse, die der Mediator nutzt, um seine Glaubwürdigkeit zu untermauern. Das kann ein Verkehrslenkungsvertrag sein oder ein anderer „Nebenkriegsschauplatz“. Motto: Verliere einen Kampf und gewinne die Schlacht.
Das Ziel eines Dialogverfahrens der Ifok ist nicht, wie behauptet, eine moderierte, neutrale Hilfe zur Entscheidungsfindung, die völlig offen ist. Die Gemeinde Heddesheim hat 35.000 Euro Steuergelder an Ifok bezahlt, um die Stimmungslage so zu verändern, dass das Ziel, der Bau von „Pfenning“ erreicht wird. „Pfenning“ hat ordentlich Anzeigen im Medienverbund des Mannheimer Morgen gebucht. Die Berichterstattung war unkritisch und „Pfenning“-freundlich.
Die Ifok hat ihren Zweck nur bedingt erfüllt. Bei einer Bürgerbefragung stimmten 50,35 Prozent für das Projekt, 49,65 Prozent dagegen. Diese „Mehrheit“ von 0,7 Prozentpunkten waren real 40 Stimmen. Setzt man das Honorar an, also knapp 1.000 Euro für jede Stimme.
Den Rest hat die Mehrheit aus Bürgermeister, CDU, SPD und FDP erledigt: Das größte Bauvorhaben in der Geschichte der Gemeinde und ein sehr großes in der Region wurde entgegen der „guten Sitte, bedeutende Projekt mit großer Mehrheit zu beschließen“ mit der äußerst knappen Mehrheit von 11:9 Stimmen beschlossen.
Das Bensheimer Spin-Doctor-Unternehmen Ifok ist in der Region gut vernetzt und war in Mannheim beispielsweise in Sachen Stadtbahn Nord aktiv.