
Ist das "Pfenning"-Projekt bald Teil eines offenen Immobilienfonds?
Heddesheim/Rhein-Neckar, 24. Juli 2012. (red/pro) Im Markt gibt es das Gerücht schon – jetzt gibt es die Bestätigung: Die Hamburger Union Investment Real Estate GmbH verhandelt mit dem Bauherrn des „Pfenning“-Logistiklagers „Multicube“ in Heddesheim über einen Ankauf des noch in Bau befindlichen Objekts. Der Pressesprecher des Fonds bestätigte die Verhandlungen auf Anfrage von Heddesheimblog.de.
Von Hardy Prothmann
Der Presseprecher von Union Investment Real Estate Hamburg, Fabian Hellbusch, bestätigte heute auf Anfrage, dass die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken mit dem Bauherrn der „Pfenning-Logistik-Immobilie“ in Heddesheim in Verhandlungen steht.
Verkaufsverhandlungen laufen
Ob und wann es zu einer Übernahme komme, hänge noch von den Verhandlungen ab. Zu Kaufpreis und Datum einer möglichen Übernahme wollte sich der Pressesprecher mit Hinweis auf die laufenden Verhandlungen nicht äußern.
Die Union Investment Real Estate GmbH ist der zweitgrößte Fondsanbieter in Deutschland mit einem geschätzten Immobilienvermögen von 20 Milliarden Euro. Das Unternehmen investiert weltweit in Immobilien und hält zur Zeit rund 300 Objekte. Typischerweise erwirbt das Unternehmen die Immobilien immer vollständig und mischt diese unterschiedlichen Fonds bei: „Wir sind ein langfristig orientierter Investor“, sagte Sprecher Fabian Hellbusch.
Pro Jahr investiere das 1965 gegründete Unternehmen in den vergangenen Jahren rund 1,5-2 Milliarden Euro zusätzlich. Logisitik ist aus Sicht der Fondgesellschaft eine „Beimischung“ zur Risikostreuung: „Logistik ist für uns ein Nischenprodukt mit rund fünf bis sieben Prozent Anteil am Gesamtvolumen“, sagte Hellbusch.
Gerichtsverhandlung steht aus
Man manage die Immobilien alleine, manchmal auch über Dienstleister. Typischerweise sei man an sehr gut bis gut vermieteten Immobilien interessiert und übernehmen mit dem Kauf auch die Mieter. In der Region ist die Union Investment beispielsweise Besitzer der Ludwigshafener Rhein-Galerie. Ob das Unternehmen den Ausgang einer Gerichtsverhandung abwarten will, wollte der Sprecher nicht bestätigen – dies kann man aber mit großer Sicherheit vermuten. Ein Anwohner hat Klage gegen den Bebauungsplan eingereicht. Dies soll im August Mitte September vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim verhandelt werden. Nach unseren Informationen könnte das Geschäft bei „positivem“ Ausgang aus Sicht des Investors dann zum 01. September 2012 erfolgen.
Das Projekt scheint enorm unter Druck zu sein – klar ist, dass es Interesse seitens Union Investment gibt. Sollte der Bebauungsplan erfolgreich angefochten werden, dürfte ein Invest unwahrscheinlich werden oder zumindest bis zur Klärung aller offenen Rechtsfragen offen bleiben. Nach unseren Informationen will aber der Großkunde „Kraft Foods“ bereits ab September 2012 im Logistikzentrum einlagern. Auch hier besteht Druck, da die Baustelle noch längst nicht fertig ist.
Zwischenfinanzierte Spekulationsimmobilie
Die Zwischenfinanzierung soll nach unseren Informationen die DZ Bank erfolgt sein – ebenfalls ein Unternehmen der Volks- und Raiffeisenbanken. „Pfenning“ hat demzufolge das Objekt über Schulden finanziert und will es nun verkaufen. Damit bestätigt sich die Vermutung, dass es sich hier um einen gigantischen Immobiliendeal handelt. Die „Phoenix 2010 GbR“, bestehend aus Karl-Martin Pfenning und dem Immobilienmogul Johann Georg Adler III. (beide Viernheim), hatte das 200.000 Quadratmeter große Gelände, das zuvor Ackerland war und mit die besten Böden in Heddesheim hatte, für 47 Euro den Quadratmeter erworben. Der Verkaufspreis für „entwickelte“ Gewerbegebiete liegt zwischen 100 und 140 Euro je Quadratmeter. Bei einem Verkauf für 100 Euro den Quadratmeter bliebe also allein ein Gewinn von 10,6 Millionen Euro vor Steuern für die Grundstückserwerber.
Aus Sicht der Union Investment handelt es sich um ein normales Anlagegeschäft. Politisch sind die Verhandlungen vor Ort eine „Bombe“. Der angebliche Investor und Inhaber von „Pfenning“, Karl-Martin Pfenning, hatte im Zuge der politischen Verhandlungen immer wieder betont, wie „verbunden“ er der Region sei und dass er mit dem Logistikzentrum langfristig in den Standort Heddesheim und in die Region investiere. Dabei stand ein Verkauf an fremde Investoren angeblich nie zur Debatte.
Politische Bombe
Auch Bürgermeister Michael Kessler sowie die knappe Mehrheit der Befürworter im Gemeinderat, die Fraktionen der CDU, SPD und FDP betonten immer die schon fast „familiäre“ Verbundenheit und stellten die „herausragende“ Investitionsbereitschaft des angeblich 100 Millionen Euro teuren Objekts in den Vordergrund. Nachfragen, ob es sich hier um eine Immobilien-Spekulation handeln könnte, wurde immer wieder empört zurückgewiesen. Kritiker wurden als „Schlechtmacher“ verunglimpft.
Im Februar 2009 wurde der Aufstellungsbeschluss in öffentlicher Sitzung gefasst – damit blieb keine Chance, ein Bürgerbegehren in Gang zu setzen. Es waren Fakten geschaffen worden. Gegen die Ansiedlung machte die Bürgerinitiative „IG Nein zu Pfenning“ mobil. Im Sommer 2009 wurde über das in der Region gut vernetzte Bensheimer Spin-Doctor-Unternehmen „Ifok“ ein „Dialogverfahren“ in Gang gesetzt, dass eindeutig die Stimmung für eine Ansiedlung beeinflussen sollte. Kostenpunkt: Mindestens 35.000 Euro. Weiter wurde ein deutschlandweit einmaliger „Verkehrslenkungsvertrag“ erfunden und unterzeichnet – eine Selbstverpflichtung, nach der „Pfenning“ keine Lkw über 18 Tonnen durch den Ort fahren läßt. Bei einer Bürgerbefragung im Herbst 2009 stimmten 50,35 Prozent der Einwohner, die an der Abstimmung teilgenommen haben, für die Ansiedlung, 49,65 Prozent dagegen. Real gab es 40 Stimmen mehr für „Pfenning“. Diese minimale „Mehrheit“ wurde im Gemeinderat durch Bürgermeister und Befürworter als „politischer Willen“ der Bevölkerung gedeutet.
Leere Versprechungen

Nach und nach erweisen sich alle "Versprechungen" als leere Worthülsen. Karl-Martin Pfenning steht vor dem Abchluss eines satten Immobiliengeschäfts.
Grundlage dieser Abstimmung war die Aussage, dass die Unternehmensgruppe „Pfenning“ nach Fertigstellung des Logistikzentrums seinen Firmensitz von Viernheim nach Heddesheim verlagert und seine bestehenden Standorte in der Region in Heddesheim konzentriert. Ebenso war eine Schienenanbindung eines der Hauptargumente für die Ansiedlung, weshalb auch die Fraktion Bündnis90/Die Grünen in nicht-öffentlicher Sitzung zunächst dem Projekt zustimmten, sich aber später gegen das Projekt wandten. Weiter sollten bis zu 1.000 Arbeitsplätze geschaffen werden und erhebliche Gewerbesteuerzahlungen fließen.
Nachdem der Bebauungsplan gültig war, entfielen nach und nach die Versprechungen. „Pfenning“ warb damit, dass der Kunde Henkel über die Schiene anliefern wollte. Später wurde bekannt, dass „Pfenning“ Henkel als Kunde verloren hat. Damit entfällt die Schiene auf unbekannte Zeit. Die angeblich bis zu 1.000 Arbeitsplätze, die von „Pfenning“ hier geschaffen werden sollten, sind nach aktuellen Angaben auf 200 geschrumpft. Und ob erhebliche Gewerbesteuerzahlungen zu erwarten sind, bleibt zweifelhaft. Nach unseren Informationen hatte „Pfenning“ 2008 vermutlich nur rund 200.000 Euro Gewerbesteuer in Viernheim bezahlt, was angesichts des enormen Flächenbedarfs für zukunftsorientierte Gewerbeansiedlungen nicht akzeptabel ist. Zum Vergleich: Die bisherigen Heddesheimer Gewerbeansiedlungen zahlen im Mittel rund 2,5 Millionen Euro Gewerbesteuer jährlich. Das „Pfenning“-Gebiet nimmt ungefähr ein Drittel der Fläche des jetzt größeren Gewerbegebiets ein. Damit müssten rund 800.000 Euro zu erwarten sein.
Enorme Umsatzverluste
Die Viernheimer Unternehmensgruppe KMP Holding GmbH (KMP=Karl-Martin Pfenning) hatte laut eigenen Angaben 2008 insgesamt einen Umsatz von nahezu 210 Millionen Euro. Laut Bilanz waren es 2007 gerundet tatsächlich nur 176 Millionen Euro, 2008 waren es 170 Millionen Euro, 2009 waren es 157 Millionen Euro, 2010 waren es 155 Millionen Euro. Eine erfreuliche Unternehmensentwicklung sieht anders aus. In der Branche ist der Ruf von „Pfenning“ als Arbeitgeber zudem nicht besonders gut. Die Gewerkschaft verdi nennt „Pfenning“ einen „Tarifflüchtling“. Vor rund zehn Jahren machte „Pfenning“ jede Menge negative Schlagzeilen, unter anderem, weil der Betriebsratschef zusammengeschlagen worden sein soll, wie der Mannheimer Morgen damals berichtete. Auch die Kündigung von rund 150 Mitarbeitern, die dann zu Dumping-Löhnen über eine andere Gesellschaft weiter für „Pfenning“ arbeiten sollten, musste rückgängig gemacht werden.
Politische Intransparenz

2009 sorgte sich Bürgermeister Kessler, ob "Pfenning" scheitern könnte. Aktuell muss man fragen, ob er gescheitert ist.
Für das politische Heddesheim ist die Entwicklung des „Pfenning“-Areals bindend. Die Unterstützer haben sich sinnbildlich wie die „Drei-Affen“ verhalten: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Fast willfährig wurde alles unternommen, um die Ansiedlung möglich zu machen. Kritische Fragen zum Investor und zur Abwicklung der Ansiedlung blieben aus. Kritische Fragen zur Personalpolitik bei „Pfenning“ – Fehlanzeige. Eine kritische Prüfung, ob die beschauliche Gemeinde mit einem Projekt dieser Größenordnung umgehen kann, wurde erst gar nicht angedacht.
In naher Zukunft, 2014, stehen Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen an. Bis dahin wird der „Pfenning“-Verkehr rollen und es wird sich zeigen, ob der Verkehrslenkungsvertrag sich ebenfalls als leere Versprechung entpuppt. Dann wird es sehr spannend sein, wie sich die Befürworter des gigantischen Projekts ihrer Verantwortung stellen.
Ein frischer, transparent auftretender Kandidat hätte auch als „Auswärtiger“ allerbeste Chancen, Bürgermeister Michael Kessler („Ich bin die Gemeinde“) abzulösen. Sollte sich eine unabhängige Liste gründen, auch mit Mitgliedern der „IG Nein zu Pfenning“, dürfte diese ebenfalls beste Chance haben, Sitze zu erhalten.
Bei der vergangenen Gemeinderatswahl 2009 verlor die CDU (8) zwei Sitze, die SPD (5) einen Sitz und die FDP (3) zunächst einen, den sie aber mittlerweile wieder „zurück“ hat. Bündnis90/Die Grünen (6) gewannen drei Sitze und sind vor der SPD zweitstärkste Fraktion im Heddesheimer Gemeinderat.
Anm. d. Red.: Hardy Prothmann ist verantwortlicher Journalist für das Heddesheimblog.de. Er war von 2009 bis Anfang 2012 partei- und fraktionsfreier Gemeinderat über die Liste der FDP, die er bei seiner ersten Gemeinderatskandidatur mit 20 Prozent Vorsprung auf den Fraktionsvorsitzenden Frank Hasselbring gewonnen hatte. Durch seinen Umzug nach Mannheim musste er das Ehrenamt aufgeben. Der Nachrücker ist nun wieder Mitglied der FDP-Fraktion.