Weinheim, 02. März 2015. (red/ld) Nach gut drei Stunden voll Stellungnahmen und Verhandlungen über die Haushaltsanträge von CDU, SPD und die Linke beschloss der Gemeinderat den Haushalt für das laufende Jahr. Richtig gut sieht er nicht aus. Um ihn kurzfristig noch zu verbessern, hatte die SPD-Fraktion einen „globalen Minderaufwand“ beantragt. SPD und Linke beantragten zudem die Anhebung der Gewerbesteuer.
Von Lydia Dartsch
Im laufenden Jahr wird die Verwaltung der Stadt Weinheim im Ergebnishaushalt 101.509.490 Euro einnehmen und 113.153.093 Euro ausgeben. Unterm Strich heißt das ein Minus in Höhe 11.643.603 Euro.
Dass der Haushalt nicht sonderlich rosig aussieht, hatte Oberbürgermeister Heiner Bernhard bereits in der Rede zur Haushaltseinbringung im Dezember 2014 gesagt und darin zu mehr Zurückhaltung bei den Ausgaben aufgerufen. Damit meinte er insbesondere den Beschluss des Gemeinderats, drei statt nur zwei Hallen zu bauen, so wie es der Oberbürgermeister ursprünglich vorgeschlagen hatte.
Für 20.559.860 Euro will die Stadt in diesem Jahr investieren. 4 Millionen Euro sind für den Umbau der Karillonschule vorgesehen sowie eine Million Euro für das Schul- und Kulturzentrum Weststadt.
Die Erneuerung und die Neuanlage der Straßenbeleuchtung waren im Dezember noch mit 470.000 Euro veranschlagt gewesen. Für diese Maßnahme kann die Stadt nun einen Landeszuschuss in Höhe von 29.780 Euro erwarten.
Weitere Projekte sind in diesem Jahr Brandschutzmaßnahmen an Grundschulen (600.000 Euro), die Umgestaltung des Dürreplatzes (137.000 Euro) sowie die Kosten für den Zweckverband High-Speed Rhein-Neckar, die mit 322.800 Euro veranschlagt sind.
„Das sind Investitionen in Zukunft und Attraktivität der Stadt“
Im Finanzhaushalt wird die Stadt in diesem Jahr voraussichtlich insgesamt 27.559.860 Euro mehr ausgeben, als einnehmen. Ein Kredit muss aber nicht aufgenommen werden. Stattdessen entnimmt die Stadt den Geldbedarf auf ihren Rücklagen. Laut der aktuellen Hochrechnung der Stadtkämmerei belaufen sich diese auf knapp 35 Millionen Euro.
„Wenn Kommunen wie wir in Bildung, Kinderbetreuung, Wirtschaft und Infrastruktur investieren, dann sind dies Investitionen in die Zukunft“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Holger Haring. Diese steigern die Attraktivität der Stadt.
Auf die Kritik von Oberbürgermeister Bernhard an dem Beschluss des Gemeinderates, drei Sporthallen zu bauen, antwortete Herr Haring: Der Neubau zweier Sporthallen und die Sanierung der Mehrzweckhalle seien zwar keine Pflichtaufgabe einer Stadt. Diesen Maßnahmen komme aber eine hohe gesellschaftliche Bedeutung zu. Denn damit fördere man nicht nur die aktive Stadtgesellschaft, sondern ehre gleichzeitig aktive Ehrenamtliche.
Nachträgliche Anhebung der Gewerbesteuer?
Als „drei Jahre voller Herausforderungen“ bezeichnete SPD-Fraktionschef Wolfgang Metzeltin die Zeit bis zum Jahr 2018. Bis dahin werde sich die Verschuldung der Stadt zwar nur um knapp eine Million Euro erhöhen – gleichzeitig ist sie vertraglich zur Tilgung von Schulden in Höhe von 8,8 Millionen Euro verpflichtet. Mit den Investitionen in drei Hallen und in das Schul- und Kulturzentrum Weststadt müsse man alle Einsparmöglichkeiten ausschöpfen, sagte er. Gleichzeitig solle man die Einnahme-Seite des Haushalts verbessern. Dazu hatten die SPD-Fraktion und die Linke eine Anhebung der Gewerbesteuer von 350 auf 380 Punkte beantragt.
Stadtrat Gerhard Mackert (Freie Wähler) wollte zu diesem und den weiteren Anträgen der Fraktionen keine Stellung beziehen: „Die sind zu bizarr“, sagte er. Die Linke hatte die meisten von ihnen eingereicht und unter anderem stationäre Blitzer in der Mannheimer Straße und der Pappelallee gefordert. Zudem sollte die Bezuschussung der Tagesmütter zu deren Gunsten neu organisiert werden, die Gebäudereinigung sollte wieder in kommunale Hand gebracht werden und es sollte ein Sozial- und Weinheim-Pass eingeführt werden. Außerdem sollte die Stadt eine Risiko-Abschätzung vornehmen, inwiefern sich die internationalen Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA auf den Haushalt und „die noch vorhandenen Selbstbestimmungsrechte der Stadt“ auswirken, wie es in den Anträgen hieß. Die Anträge wurden allesamt mehrheitlich abgelehnt.
Breitwiesen und Hammelsbrunnen wieder im Gespräch
Stattdessen plädierte Herr Mackert für eine künftige Verbesserung des Haushalts auf weitere Ausweisungen von Gewerbegebieten. Dafür sei unter anderem über das Baugebiet „Allmendäcker“ nachzudenken. Aber auch über die Breitwiesen oder den Hammelsbrunnen. Gegen die Entwicklung der Breitwiesen hatten die Bürger allerdings erst im Herbst 2013 entschieden.
„Die Breitwiesen und der Hammelsbrunnen bleiben Ackerland und Gärten“, sagte Elisabeth Kramer, die die Haushaltsrede für die GAL hielt. Die Kritik von Oberbürgermeister Heiner Bernhard am Beschluss des Gemeinderats für drei Hallen, wies sie zurück: „Das Defizit von 11,6 Millionen Euro hat mehrere Gründe“, sagte sie. Bei der zeitlichen Streckung der Maßnahme für das Schul- und Kulturzentrum Weststadt forderte sie eine Grundsanierung des Rolf-Engelbrecht-Hauses nach energetischen Gesichtspunkten und einen baldigen Neubau der Albert-Schweitzer-Grundschule. Bei den Hallen habe man sich zwar übernommen, sagte sie. Allerdings gebe es keine sinnvolle Alternative. Auch Frau Kramer sprach sich für eine Erhöhung der Gewerbesteuer aus. Allerdings erst für den Haushalt des kommenden Jahres. Denn rückwirkend solle ein solcher Beschluss nicht gelten.
Weinheimer Liste, FDP und die Linke lehnen Haushalt ab
Dr. Elke König (Weinheimer Liste) nannte als Hauptgrund für die knappe Haushaltslage das neue Haushaltsrecht, nach dem auch Abschreibungen mit einbezogen werden müssen. In diesem Jahr belaufen sich diese auf 7.390.800 Euro. Die wirtschaftliche Lage in der Stadt sei gut, sagte sie. Dies könne man an hohen Gewerbesteuereinnahmen (28.000.000 Euro) und niedriger Arbeitslosigkeit in der Stadt erkennen. Möglicherweise habe man „in der Vergangenheit zu viel ausgegeben und sich für die Zukunft zu viel vorgenommen“, sagte sie.
Allerdings sei auf Seiten der Stadtverwaltung keine Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und damit zu Einsparungen erkennbar. Daher lehne sie und ihre Fraktion den Haushalt ab. Ein Ausgabenproblem sah auch Günter Breiling (FDP). „Die Verwaltungskosten steigen um 3,7 Millionen Euro“, sagte er. Die Einnahmen seien eigentlich gar nicht so schlecht. Auch die FDP lehnte den Haushaltsplan ab. Gleichzeitig bat er die Verwaltung darum, in diesem Jahr einen Maßnahmenplan vorzulegen, wie die Verwaltung Geld einsparen will.
Oberbürgermeister Bernhard (SPD) antwortete den Fraktionen, dass die Verwaltung Beiträge zur Besserung der Haushaltssituation geleistet habe, indem sie die Musikschule wieder in einem städtischen Gebäude unterbringt und rechtmäßige Zustände im Stadtarchiv herstellt.
Nach der anschließenden Diskussion der eingebrachten Anträge beschloss der Gemeinderat den Haushalts- und Stellenplan mehrheitlich mit acht Gegenstimmen von der Linken, der FDP und der Weinheimer Liste.