Edingen-Neckarhausen, 02. März 2015. (red/ms) Der Gemeinderat von Edingen-Neckarhausen hat am vergangenen Mittwoch ihren Haushaltsplan für 2015 verabschiedet – und die Zukunft sieht nicht gerade rosig aus. Entweder werden reihenweise Großprojekte gestrichen oder eine drastische Verschuldung steht bevor.
Von Minh Schredle
Die Zahlen sind besorgniserregend: Der Haushalt 2015 umfasst insgesamt gut 36,1 Millionen Euro. Davon entfallen rund 31,8 Millionen Euro auf den Verwaltungshaushalt und etwa 4,2 Millionen Euro auf den Vermögenshaushalt.
Der Vermögenshaushalt wird weitgehend fremdfinanziert: Von den 4,2 Millionen Euro stammen 1,06 Millionen Euro aus der Allgemeinen Rücklage der Gemeinde. Weitere zwei Millionen Euro müssen durch Kredite finanziert werden.
Kosten steigen kontinuierlich
Die Pro-Kopf-Verschuldung wird von derzeit 374,41 Euro auf 518,77 Euro ansteigen. In den kommenden Jahren werden aller Voraussicht nach weitere Schulden gemacht werden. Zwischen 2016 und 2018 sind außerdem Darlehen in einer Gesamthöhe von fünf Millionen Euro vorgesehen, außerdem ist eine Rücklagenentnahme von 4,1 Millionen Euro geplant.
Die laufenden Kosten der Gemeinde steigen kontinuierlich an. Aus dem Verwaltungshaushalt müssen 5,2 Millionen Euro für Personalkosten aufgewandt werden. Das sind gut 200.000 Euro mehr als im Vorjahr. Der Aufwand für die Unterhaltung von Grundstücken und baulichen Anlagen hat sich gegenüber zum Vorjahr um 303.000 Euro erhöht.
Außerdem stellt insbesondere die Kleinkinderbetreuung eine große finanzielle Belastung für die Gemeindekasse dar: Allein für die laufenden Kosten sind gut vier Millionen Euro eingeplant. Im Jahr 2008 waren es noch 1,55 Millionen Euro.
Was muss Priorität haben?
Da die Räumlichkeiten des Martin-Luther-Kindergartens stark heruntergekommen und sogar langfristig einsturzgefährdet sind, müssen Container beschafft werden – und diese kosten pro Jahr etwa 100.000 Euro Miete.
Laut Bürgermeister Marsch habe daher der Neubau des Kindergartens und die Entwicklung des Areals um den Amselweg „absolute Priorität“ – noch vor der Mensa für die Pestalozzi-Schule. Für den Neubau des Kindergartens und die Entwicklung des Areals Amselweg sind aber gar keine Mittel im Haushalt eingeplant. Es erscheint also sehr wahrscheinlich, dass sich die Gemeinde darum bemühen wird, das Gebiet durch einen Investor entwickeln zu lassen.
Auch für den Bau der Mensa und für die Schwimmbäder sind 2015 keine Mittel eingeplant. Man gönne sich dieses Jahr eine „Atempause“, sagte Bürgermeister Marsch. Und obwohl man die wirklich kostenintensiven Vorhaben auf die kommenden Jahre verschiebt, ist die Situation auch in 2015 angespannt. Vor allem weil sich viele kleine Investitionen summieren.
Großprojekte erst 2016
100.000 Euro für einen „schönen Weg“, der Neu-Edingen mit Edingen verbindet. Weitere 100.000 Euro für die Feuerwehr. 300.00 Euro, um Grundstücksflächen für das Hilfeleistungszentrum zu erwerben. Knapp 400.000 Euro für den Öffentlichen Nahverkehr. 500.000 Euro für die Sanierung des Pavillions an der Pestalozz-Grundschule. Insgesamt 860.000 für Straßenarbeiten, davon 600.000 Euro für die Umgestaltung des Schlossplatzes in Neckarhausen.
Schon um diese Aufgaben zu bewältigen, wird eine Kreditaufnahme in Höhe von zwei Millionen Euro eingeplant. Die wirklich großen Investitionen sollen aber erst ab 2016 angegangen werden: Die Sanierung der Hallenbäder, die Mensa, das Hilfeleistungszentrum – allesamt Millionenprojekte.
Der Schuldenstand wird sich, wenn man an allen Vorhaben festhält, innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppeln: Von knapp 5,3 Millionen Euro im Jahr 2013 auf gut zwölf Millionen Euro im Jahr 2018. Die Rücklage, die zum Ende von 2013 noch knapp 6,5 Millionen Euro betrug, wird dann aufgebraucht sein.
Überforderung?
Es erweckte den Eindruck, dass der Gemeinderat durch diese massive Aufgabenlast etwas überfordert ist. Bürgermeister Marsch sagte in seiner Rede:
Wir haben einfach zu viele Aufgaben, die wir wahrnehmen müssen.
Das klingt fast schon ein wenig nach Resignation. Der Bürgermeister appellierte an die Fraktionen, dass man unbedingt Prioritäten setzen müsse. Alles ginge sicher nicht. Außerdem sagte er:
Ich bin der festen Überzeugung, dass letztendlich nicht derjenige politischen Erfolg haben wird, der alles zusagt und verspricht, sondern derjenige, der verantwortungsbewusst agiert, informiert, aufklärt und im Sinne des Gemeinwohls entscheidet.
Doch genau danach sieht es nicht aus. Zumindest wenn man sich die Haushaltsreden der verschiedenen Fraktionen anhört. Keine der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen forderte einen drastischen Sparzwang oder schlug vor, wie sich hohe Kosten vermeiden lassen könnte.
Von Seiten der CDU hieß es zwar, man solle die Straßenbeleuchtung auf LED-Technoligie umstellen. Dadurch würden sich die laufenden Kosten reduzieren und die Investition nach sechs bis sieben Jahren amortisieren. Doch um die Straßenbeleuhtung erst einmal umzurüsten, sind eben auch ein paar 100.000 Euro nötig.
Optimistisch bleiben?
Dietrich Herold von der UBL sagte, in den über zehn Jahren, die er dem Gemeinderat mittlerweile angehört, hätten sich die „meist sehr vorsichtigen“ Prognosen des Bürgermeisters im Nachhinein häufig als zu pessimistisch herausgestellt:
Ich habe mich schon oft gefragt, wie ein Roter nur so schwarz sehen kann.
Das sorgte für großes Gelächter im Gemeinderat. Die UBL, so Herr Herold sei optimistisch, dass die Einnahmen höher und die Ausgaben geringer als erwartet ausfallen würden.
Forderungen statt Sparvorschlägen
Statt also Vorschläge für Einsparungen vorzubringen, erhob die UBL weitere Forderungen, die allesamt nach hohen Kosten klingen: Die UBL will Stromtankstellen für e-Bikes. Und ein komplett barrierefreies Edingen-Neckarhausen. Und eine Neckarbühne hinter dem Rathaus in Edingen, auf der Open-Air-Konzerte stattfinden könnten.
Der letztgenannte Vorschlag sorgte für Begeisterung bei den Grünen. Uli Wetz sagte: „Da wären wir sofort dabei.“ Irgendwie erscheint es so, als gehe der Gemeinderat mit der finanziellen Lage doch sehr gelassen um. Zumindest wurde von keiner Fraktion Bereitschaft signalisiert, auf irgendwelche Projekte zu verzichten – auch wenn es nicht gerade die dringlichsten sind.
Harte Arbeit für den neuen Bürgermeister
Im Oktober diesen Jahres finden in Edingen-Neckarhausen Bürgermeisterwahlen statt. Amtsinhaber Roland Marsch wird dann nicht mehr kandidieren. Er wird dann 24 Jahre lang Bürgermeister gewesen sein und will – auch altersbedingt – für eine weitere Amtszeit nicht mehr antreten.
Er wird die Gemeinde vor einem Berg von Herkulesaufgaben zurücklassen. Das ist sicher nicht sein alleiniges Verschulden. Es ändert aber nichts an dem Umstand: Wer auch immer die Nachfolge von Herrn Marsch antreten wird – es wird bestimmt kein leichter Job. Denn die Ausgangsbedingungen sind alles andere als optimal.