Mannheim, 02. Juli 2014. (red/csk) Erst wird getrunken, dann gelärmt oder Unbeteiligte werden angepöbelt, Gegenstände beschädigt, Müll liegen gelassen. Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen kann zum Problem werden. Ein Verbot dagegen gibt es in Baden-Württemberg nicht. Und dabei bleibt es auch. Das ist das Ergebnis des Runden Tisches „Lebenswerter Öffentlicher Raum“ der Landesregierung. Wir haben in den Rathäusern unseres Berichtsgebiets gefragt, wie man dort mit den Problemen durch den Genuss von Alkohol im öffentlichen Raum umgeht.
Von Christina Schäfer-Kristof
Die Ergebnisse des Runden Tisch „Lebenswerter öffentlicher Raum“ waren für viele Teilnehmer enttäuschend. Zwar hat die gleichnamige Arbeitsgruppe unter der Leitung des Landesinnenministeriums Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen empfohlen. Doch die Ergebnisse, die umgesetzt werden sollen sind andere: Flexiblere Sperrzeiten für Gaststätten, konsequente Umsetzung des Verbots zum Alkoholverkauf an Jugendliche und das Festhalten am nächtlichen Verkaufsverbot von Alkohol. Die Maßnahmen seien „vollkommen unbefriedigend“ wird Gerhard Mauch, Dezernent beim Städtetag Baden-Württemberg, in der Presse zitiert.
Auf Druck der Kommunen hatte Winfried Kretschmann den Runden Tisch Anfang 2013 gebildet. Noch vor dessen erster Sitzung hatte der Ministerpräsident der Stuttgarter Zeitung gesagt: „Es gibt keine politische Mehrheit für die Einführung einer Rechtsgrundlage, die es den Kommunen ermöglichen würde, zeitlich und örtlich beschränkt ein Alkoholverbot zu erlassen.“ Für diese Aussagen sprechen auch die Ergebnisse: mehr Kontrollen, mehr Präsenz, mehr Prävention. Ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen ist keine Option. Zu groß ist der Widerstand von Bündnis 90/Die Grünen und von der SPD.
Gerichtsurteil: Alkoholverbot ist Sache der Landesgesetzgebung
Doch ohne ein gesetzlich geregeltes Fundament für Alkoholverbote können die von den Kommunen erlassenen Verordnungen von den Gerichten gekippt werden. So erging es beispielsweise der Stadt Freiburg. Sie hatte ein nächtliches Alkoholverbot am Wochenende für das Kneipenviertel „Bermudadreieck“ erlassen. Ein Student klagte. Der Verwaltungsgerichtshof gab ihm Recht. Begründung: Die Stadt hat nicht die Befugnis ein solches Verbot zu erlassen. Dies sei Sache der Landesgesetzgebung.
In anderen Bundesländern sind gesetzliche Regelungen zum Alkoholverbot bereits Alltag. In Brandenburg etwa nutzt die Stadt Werder/Havel das Verbot von Alkoholgenuss auf öffentlichen Plätzen. Und das schon seit 2008. Insgesamt sind es laut den Potsdamer Neuesten Nachrichten 32 Städte und Gemeinden, die von der Möglichkeit eines Alkoholverbots auf öffentlichen Plätzen Gebrauch machen. Die Erfahrungen sind positiv.
S’Ländle zaudert
Auch in Nordrhein-Westfalen und Sachsen sind Verbote möglich. In Bayern ist seit dem 01. August 2013 der Artikel 30 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) in Kraft. Dieser gibt den Gemeinden die Möglichkeit, auf bestimmten Plätzen zwischen 22 und 06 Uhr ein Alkoholverbot selbst zu verordnen. Voraussetzung: es müssen „Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort auf Grund übermäßigen Alkoholkonsums regelmäßig Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten begangen werden.“
Insgesamt gibt es also einige deutsche Bundesländer, die strikter durchgreifen, um Unbeteiligte vor Lärm, Dreck und Pöbeleien derer, die nicht mit Alkohol umgehen können, zu schützen. Und eventuelle Straftaten im Zusammenhang mit Alkoholkonsum zu minimieren. Aber „’s Ländle“ – es zaudert.
Verbot würde Umgang mit öffentlichen Plätzen erleichtern
Nach Aussage einiger Städte und Gemeinden in der Region wäre ein Alkoholverbot aber hilfreich. So teilte uns Roland Kern, Pressesprecher Stadt Weinheim, auf Anfrage mit, dass man des öfteren über ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen nachgedacht hätte. Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard habe in der Vergangenheit mehrfach betont, dass ein solches Verbot den Kommunen den Umgang mit manchen öffentlichen Plätzen erleichtern würde.
Auch Heidelberg hätte die Möglichkeit eines Verbots gerne gehabt. Die Stadt hatte sich für die Schaffung einer Rechtsgrundlage im Polizeigesetz stark gemacht. Auf unsere Anfrage wurde uns mitgeteilt, dass Heidelberg den Runden Tisch sogar auf die Probleme in der Heidelberger Altstadt hingewiesen und erklärt habe, dass es dringend erforderlich sei, die Rechtsgrundlage für ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum zu schaffen, damit die Stadt „auf Grund ihrer besonderen Problemlagen die Vorschriften bei Bedarf anwenden kann“. Das ist nun vom Tisch. Die Stadt Heidelberg setzt stattdessen auf ihr Handlungskonzept und auf den konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten.
Keine Diskussion in Mannheim, kein Bedarf in Ladenburg
In der Stadtverwaltung Mannheim hingegen wird keine Diskussionen hinsichtlich etwaiger Alkoholverbote geführt. „Nach aktueller Rechtslage besteht in Baden-Württemberg keine Möglichkeit, ein Alkohol-Konsumverbot auszusprechen“, teilte uns Dirk Schuhmann vom Medienteam der Stadt Mannheim mit.
Auch in Ladenburg wird seit dem Jahr 2009 in dieser Richtung nichts mehr unternommen. Damals habe man das Mitbringen von alkoholhaltigen Getränken zum Altstadtfest untersagt. Dann kam das Urteil gegen die Stadt Freiburg. Über ein generelles Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen habe man bisher nicht nachgedacht, aber „glücklicherweise kamen bei uns noch keine Exzesse vor“, teilte uns Michael Ehinger vom Ordnungsamt der Stadt Ladenburg mit.