Edingen-Neckarhausen, 26. Februar 2015. (red/ms) Der Schuldenstand der Gemeinde Edingen-Neckarhausen wird sich in den kommenden Jahren drastisch erhöhen. Aber anstatt Vorschläge zu machen, wie man Geld einsparen könnte, erheben die Fraktionen im Gemeinderat immer mehr Forderungen. Etwa eine Seebühne hinter dem Rathaus in Edingen. Sieht so verantwortungsvolle Politik aus?
Kommentar: Minh Schredle
Es wäre geradezu belustigend, wenn es nur nicht so ernst wäre. Thomas Zachler sagte in seiner Haushaltsrede stellvertretend für die SPD-Fraktion:
Auch wir haben vom Konjunkturaufschwung profitiert, was sich bei den deutlich gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen gezeigt hat.
Tatsächlich sind die Gewerbesteuereinnahmen im Vergleich zum Vorjahr aber um etwa 200.000 Euro gesunken. Nicht der einzige Bock: Außerdem heißt es in der Haushaltsrede der SPD, 500.000 Euro wären für die Sanierung des Hallenbades eingeplant. Auch das stimmt nicht. Es sind 2015 überhaupt keine Mittel für das Hallenbad eingeplant, sondern erst ab 2016.
Die Lage ist ernst
Es wirkt hochgradig verantwortungslos, sich bei dem wichtigsten Thema, das ein Gemeinderat zu beschließen hat, solche Schnitzer zu leisten. Zumal die Lage wirklich ernst ist.
Nach dem Haushaltsplan und der mittelfristigen Finanzplanung, die der Gemeinderat vergangenen Mittwoch verabschiedet hat, wird der Schuldenstand bis 2018 auf mehr als zwölf Millionen Euro ansteigen und die Rücklagen der Gemeinde komplett erschöpft sein. Zum Vergleich: 2013 betrug der Schuldenstand “nur” 5,3 Millionen Euro, die Rücklage belief sich auf knapp 6,2 Millionen Euro.
Es stehen eine Reihe von Großprojekten bevor: An der Pestalozzi-Grundschule muss eine Mensa gebaut werden, die Schwimmbäder sollen für Millionenbeträge saniert werden, ein zentrales Hilfeleistungszentrum ist geplant.
Wo kann gespart werden?
Daneben gibt es noch eine Vielzahl anderer Projekte, die der Gemeinderat auf den Weg bringen will: Den Schlossplatz in Neckarhausen umgestalten, die Feuerwehr muss neu ausgestattet werden, bei den Straßen müssen Sanierungsstaus abgearbeitet werden, für 100.000 Euro soll ein “Schöner Weg” Neu-Edingen mit Edingen verbinden.
Klar ist: Einige Vorhaben, wie etwa die Mensa, sind Pflichtaufgaben und müssen angegangen werden. Auf ein paar freiwillige Leistungen, etwa den “Schönen Weg” hätte man auch verzichten können. Sicher ist das schmerzhaft. Aber wenn das Geld knapp ist, muss eben eingespart werden.
Es wäre wünschenswert von den Fraktionen zu hören: Worauf kann man unter keinen Umständen verzichten? Was wäre zwar schön, aber gegebenenfalls entbehrlich? Was hat absolute Priorität? Womit könnte man sich Zeit lassen? Was kann gestrichen werden? Wo kann man etwas einsparen?
Was ist schon absolut notwendig?
Dazu hörte man aber leider verschwindend wenig. Es wurde keinerlei Bereitschaft signalisiert, irgendetwas zu streichen. Es wurde nur erwähnt, worauf man “unter keinen Umständen verzichten” könne. Die SPD findet etwa ein Vereinshaus auf dem Kultur- und Sportzentrum “absolut notwendig”. Das ist es aber eben nicht. Es wäre eine freiwillige Leistung und kein Zwang.
Wenn man eine massive Verschuldung vermeiden will, muss jeder Cent zwei mal umgedreht werden. Stattdessen schlägt aber Dietrich Herold in der Haushaltsrede der UBL vor, eine Seebühne hinter dem Rathaus in Edingen zu bauen, auf der beispielsweise Open-Air-Konzerte stattfinden könnten – und Uli Wetz von den Grünen kommentiert: “Da wären wir sofort dabei”. Andere Gemeinden würden Edingen-Neckarhausen “sicherlich um so etwas Tolles beneiden”.
Warum baut man nicht gleich einen Vergnügungspark oder ein Amphitheater? Ist vielleicht nicht ganz billig – aber dann wären die Gemeinden im Umkreis sicher richtig neidisch.
Verantwortung heißt, realistisch bleiben
Es ist nichts verwerflich daran, Träume zu haben. Oder sich dauerhafte Aufwertungen für die eigene Gemeinde zu wünschen, wie sie eine Seebühne sicherlich darstellen würde. Ich will gar nicht bestreiten, dass das eine tolle Sache wäre.
Aber ist es auch nur ansatzweise verantwortungsvoll, in einer dermaßen angespannten finanziellen Lage, ein Bauprojekt wie eine Seebühne überhaupt in Erwägung zu ziehen? So etwas macht man, wenn Sanierungsstaus abgearbeitet sind und die Gemeindekasse prall gefüllt ist. Aber doch nicht, wenn eine dermaßen drastische Verschuldung bevorsteht. Edingen-Neckarhausen stehen harte Zeiten bevor.